Inhalt
Steven Carey, ein Journalist, erhält einen brisanten Auftrag: Er soll die Lebensgeschichte von Charles Sobhraj schreiben, einem der gefährlichsten Verbrecher der Welt. Da dieser gerade in Delhi vor Gericht steht, reist Steven mit seiner Freundin nach Indien. Unheimliche Ereignisse und schreckliche Gefahren überschatten seinen Aufenthalt. Steven, ist überzeugt, dass Sobhraj dahintersteckt, kann sich aber einer gewissen Faszination für den Gewaltverbrecher nicht verwehren ...
Kritik
„Wer ist dieser Mann? Ein Knoten wilder Schlangen, die selten miteinander in Frieden leben-so ziehen sie einsam dahin und suchen Beute in dieser Welt.“
Friedrich Nietzsche
(aus „Also sprach Zarathustra")
Für alle, die die Geschichte des berüchtigten Mörders Charles Sobhraj kennen ist es einfach dem Film zu folgen, alle anderen werden jedoch sofort ins kalte Wasser geworfen, weil die Story erst dann einsetzt, als Sobhraj bereits in Indien im Gefängnis sitzt. Deswegen weiß man so gut wie gar nichts über ihn und seine Taten werden nur Stück für Stück offenbart und in relativ kurzen Rückblicken präsentiert, um die Erzählung des Serienmörders zu untermauern. Er erzählt einem Journalisten (Michael Woods, Somewhere in Time) von den Morden und seine Opfer spielen dabei keine tragende Rolle, weil sich der Film eher um den Selbstdarsteller Sobhraj dreht. Dadurch schafft man es nicht das Mitgefühl für die Opfer zu wecken, weil man sie schlichtweg nicht richtig kennenlernt und darunter leidet im Endeffekt auch der Spannungsaufbau, weil die Opfer bekanntermaßen schon tot sind und, ob man sie nun in den Rückblicken zeigt oder nicht, niemand wird so einfältig sein zu glauben, dass sie überlebt haben.
Sicherlich hätten die umfangreicheren Szenen dazu beigetragen, mehr Empathie für die Opfer zu empfinden. Dann hätten die Szenen aus der Vergangenheit aber deutlich länger sein müssen und an dieser Stelle stößt man im Grunde auf das Kernproblem des Films. Im Schatten der Cobra war eigentlich ursprünglich eine Miniserie, die aus zwei Teilen bestand. Doch diese Fassung existiert offenbar nicht mehr und was übrig geblieben ist, ist nur eine stark verkürzte Version, die hier und da an Tiefe vermissen lässt, weil zu viele Szenen dem Cuter zum Opfer fielen, was im Grunde sehr schade ist. Wer die Netflix-Serie Die Schlange aus dem Jahre 2023 kennt, weiß, wie viel Potenzial in dieser Geschichte steckt und wie elegant und spannend man über das Leben von Charles Sobhraj berichten kann. Vor allem überzeugt die Netflix-Serie mit ihrer Nähe zur Wahrheit, weil sie vom Diplomaten Herman Knippenberg berichtet, der letztendlich im wahren Leben für die Verhaftung Sobhrajs verantwortlich war. Außerdem beleuchtet die Serie auch Sobhrajs Beziehung zu seiner Freundin Marie-Andrée Leclerc, während dieser Film ihr nur ein paar kurze unbedeutende Auftritte vor Gericht vergönnt.
Im Schatten der Cobra fokussiert sich nur auf die Gespräche zwischen Sobhrajs und dem Journalisten, der seine Biografie schreibt. Sogar die Darstellung der Gerichtsverhandlung wird zur Nebensache, weil man dadurch nur den Rahmen schafft, in dem Sobhraj mit seinem Biografen über sein Buch beziehungsweise über seine Version der Wahrheit reden kann. Dabei macht Art Malik (True Lies - Wahre Lügen) als Sobhraj zwar einen furchteinflößenden Eindruck, aber eingesperrt im Gefängnis kann er kaum jemanden wirklich erschrecken. Nur die Inszenierung seiner Handlanger als Verfolger von Steven und seiner Freundin Chris (Rachel Ward, Die Dornenvögel) ist einigermaßen spannend. Allerdings reicht es bei Weitem nicht, um den Zuschauer in die düstere Welt des Serienmörders hineinzuziehen. Wer diese Welt richtig kennenlernen möchte und tiefere Einblicke bekommen möchte, sollte sich unbedingt die Netflix-Serie Die Schlange anschauen, denn diese Serie sorgt tatsächlich für Gänsehaut.
Fazit
Für jemanden, der noch nie etwas von dem berüchtigten Serienmörder Sobhraj gehört hat, mag "Im Schatten der Cobra" aufregend sein. Doch diejenigen, die die Netflix-Serie "Die Schlange" kennen, wissen, dass spannungstechnisch viel mehr möglich war und, dass die stark gekürzte Version von "Im Schatten der Cobra" leider niemanden in Aufregung versetzen kann, weil sie sich zu wenig mit den Opfern befasst und sich im Grunde nur um die Erzählungen Sobhrajs dreht.
Autor: Yuliya Mieland