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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Eines Nachmittags unter besten Freundinnen: Yesmin, Nati und Bella legen „Losing My Religion“ von REM auf und schmeißen sich in eine sexy Tik-Tok-Pose – gehüllt in die Hijabs von Yesmins strenggläubiger Mutter. Das Video davon geht viral und wird zum Hit. Im Social-Media-Meinungsuniversum bricht die Hölle los. Gezielt-geglückte Provokation oder religiöser Affront? Jeder muss seinen Senf dazugeben. Für die drei Mädels folgt ein schneller Ruhm und Yesmins Vater erweist sich als findiger Agent, der den Mädels Auftritte als religiöses A-Capella-Trio auf kurdischen Familienfesten vermittelt. Nati und Bella stehen voll auf ihr neues Image als gläubige Sternchen im Scheinwerferlicht. Nur Yesmin, die einzige überzeugte Muslima, kann mit den öffentlichen Identitätsspielen wenig anfangen. Ihre plötzliche Präsenz auf Social Media erfordert eben auch, sich vor Fremden dafür zu rechtfertigen, wie man seine Religion auslebt. Nati und Bella sehen das alles naturgemäß nicht so eng, doch bei Yesmin hinterlassen die Reaktionen auf ihr Video Spuren: wann ist Religion Privatsache und wie wichtig ist ihr das Kopftuch wirklich? Die Freundschaft der drei Mädchen, aber auch der eigene Haussegen, stehen auf der Kippe.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Das Spielfilmdebüt Sonne der kurdisch-österreichischen Filmemacherin Kurdwin Ayub ist ambitioniert. Produziert wurde der Film von Ulrich Seidl (Paradie: Liebe). In ihrem mit Laiendarstellerinnen besetzten Teenager-Drama schafft sie es sehr detailliert die Lebenswelt einer kurdischen Jugendlichen im von Kleinbürgerlichkeit geplagten Österreich einzufangen, das bereits in Seidls Filmen ausführlich beschrieben wurde. Ayub begibt sich in Sonne in ein spezifischeres Milieu, verliert sich im Gegensatz zu Seidl weniger in den Neurosen und Perversionen ihrer Hauptfiguren und ist in ihrer Zurückhaltung wesentlich authentischer.

Die junge Kurdin Yesmin (Melina Benli) lebt mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder in einer Plattenbauwohnung. Zusammen mit ihren zwei österreichischen Freundinnen Bella (Law Wallner) und Nati (Maya Wopienka) nimmt sie ein Video auf, in dem die drei Mädchen kopftuchtragend den Song "Losing My Religion" von R.E.M. im Kinderzimmer einsingen. Das Video wird auf YouTube ein viraler Hit und lässt die drei Freundinnen über Nacht berühmt werden. Während Yesmins Vater hinter seiner Tochter steht, sieht ihre Mutter im Video den Islam verunglimpft.  Auch zwischen den Freundinnen entstehen durch das Video neue Konflikte. Bella und Nati lernen zwei kurdische Patrioten kennen, die die beiden nicht-islamischen Mädchen zum Kopftuchtragen animieren. Yesmin hat dafür wenig Verständnis und wird später sogar ihr Kopftuch ablegen, um sich von ihren Freundinnen zu distanzieren.

In Sonne werden keine Konflikte gelöst, sondern lediglich die Probleme einer jungen Österreich-Kurdin authentisch thematisiert. Der Regisseurin Kurdwin Ayub gelingt das auf efrischende Art und Weise, kann sie sich dadurch von den typischen konsensfähigen Intergrationskomödien der letzten Jahre entscheidend abgrenzen. Sonne fordert keine Toleranz für benachteiligte Minderheiten; der Film zeigt "einfach nur" das Leben einer kurdischen Familie in all ihren Facetten. Da ist Yesmin, die von kurdischen Bekannten dafür kritisiert wird, dass sie in ihrem Video mit Kopftuch tanzt. Da ist die Internetcommunity, die die drei Mädchen für ihr Video feiert. Da sind Bella und Nati, die später mit ihren kurdischen Verehrern im Irak untertauchen. Da ist Yesmins kleiner Bruder, der mit seinen Freunden nachts im Park ein Schwein schlachtet. Mal distanziert, mal berührend nah gelingt es der Regisseurin ihren Figuren entscheidenden Freiraum zu geben. Provoziert Produzent Seidl in seinen Regiearbeiten mit brutaler Distanz, ist Ayubs Blick differenzierter. Sonne ist ein Spielfilmdebüt, das uns hoffnungsvoll auf den geplanten Nachfolgefilm "Mond" blicken lässt. Dass die Debatte um Ulrich Seidl nun dafür sorgte, dass Koproduktionsfirmen die Zusammenarbeit an dem von Seidl produzierten Film absagen, ist schade. Ob Kurdwin Ayub am Regiehimmel auf- oder untergehen wird, bleibt abzuwarten.

Fazit

"Sonne" macht Lust auf "Mond".

Kritik: Kevin Gensheimer

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