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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Jedes Jahr im Sommer versammelt sich Familie Yokoyama zum Gedenken an den verstorbenen Junbei im Haus der Eltern. Der pensionierte Kyohei (Yoshio Harada) hat auch nach 15 Jahren noch immer nicht den Tod seines Sohnes verkraftet und auch seine Frau Toshiko (Kirin Kiki). Eher widerwillig reist der zweitgeborene Sohn Ryota (Shohei Tanaka) mit seiner Frau Yukari (Yui Natsukawa) und deren Sohn aus erster Ehe an. Seine Schwester Schwester Chinami Kataoka (You) und ihre Famile erwarten sie bereits im Elternhaus. An einem Sommertag tauscht die Famile Neuigkeiten und Erinnerungen aus, wobei schon lange vergrabene Gefühle wieder hervor kommen.

Kritik

Der japanische Regisseur Hirokazu Koreeda überzeugt seit Jahren durch seine feinfühligen, tiefgreifenden und künstlerisch wertvollen Dramen. Sein Debüt Maboroshi - Licht der Illusion gewann in Venedig, sein auf wahren Begebenheiten basierender Nobody Knows gewann in Cannes, ebenso Like Father, Like Son. In Cannes liefen weiterhin Unsere kleine Schwester und After the Storm. In den zurzeit laufenden Filmfestspielen an der Croisette wurde sein neuster Film Shoplifters euphorisch rezipiert. Es gibt also viele Gründe, um sich eingehender mit dem Werk des Filmemachers auseinanderzusetzen, der immer wieder als würdiger Nachfolger des japanischen Großmeisters Yasujiro Ozu (Später Frühling) gehandelt wird. Wer mit dem japanischen Kino hauptsächlich die exzessiv-knalligen Filme eines Sion Sono (Antiporno) oder Takashi Miike (Audition) verbindet, der wird bei Hirokazu Koreeda ein anderes Japan kennenlernen.

Der Film erzählt von einem alljährlichen Familientreffen. Zum Jahrestag des Todes des ersten Sohnes einer Familie werden die verbliebenen Kinder und ihre Familien zum Haus ihrer Großeltern geladen. Schnell aber präzise etabliert der Regisseur die ersten Konflikte und das generelle Beziehungsfeld dieser Familie. Vater. Mutter. Sohn#2 und seine Frau plus Sohn. Tochter und ihr Mann plus Tochter und Sohn. Zu Beginn beobachten wir die Mutter und die Tochter, wie sie gemeinsam Essen vorbereiten. Sie reden miteinander, weil sie denken, dass der jeweils andere vielleicht reden will. Nicht aus Empathie oder Sympathie. Nicht, weil man das Verlangen hätte, sondern weil man weiß, dass das eigentlich so gehört. Man redet miteinander. Familie ist Familie. Über das Gespräch führen sie bereits den Charakter des Vaters und scheinbar patriarchalen Oberhauptes der Familie ein.

Umgehend sehen wir ihn, wie er, ein pensionierter Arzt, aus der Klinik nach Hause geht. Sein Weg geht stetig bergab. Erst eine Straße, dann eine Treppe. Später, wenn man den Weg von Sohn#2 und seiner Familie beobachtet, wie er die gleiche Treppe hinaufgeht, die der Vater zu Beginn noch herunterging, wird gleich Mehreres angedeutet. Entweder der Vater, im Wissen, dass Teile der Familie bereits da sind, hat absichtlich einen falschen Weg genommen, um nicht nach Hause zu müssen. Oder der Vater hat, in einem rührenden Anflug von Zärtlichkeit, seinen zweiten Sohn an der Bushaltestelle in Empfang nehmen wollen. Beide Varianten brechen einem das Herz. Als der Vater nach Hause kommt, bleibt er zunächst draußen sitzen. Er grüßt sie Familie nicht, er spricht nicht mit ihnen, er schließt sich wortlos in seinem Zimmer ein.

Wie erwähnt geht der zweite Sohn mit seiner Familie die Treppen hinauf, die der Vater zunächst hinunterging. Während dies etwas über den Vater aussagt, definiert Regisseur Hirokazu Koreeda gleichzeitig die Stellung des Sohnes und seiner Familie. Seine Frau ist eine Witwe, die ein Kind aus voriger Ehe mitgebracht hat. Gemeinsam erklimmen sie die Stufen. Anders als zuvor zeigt Hirokazu Koreeda dies von oben, er schaut auf seine Figuren herab, macht sie klein und unsicher. Er etabliert so über seine Bildsprache ein Machtgefüge, das nicht angesprochen und wissentlich unterdrückt wird. Am ehrlichsten sind hier tatsächlich die Kinder. Sie sind ehrlich, aber verlieren dabei weder ihre Unschuld, noch jedwede Sympathien. Im Verlauf des Films, wenn auch die Erwachsenen beginnen, ehrlich zu werden, sind sie dies bloß aus Hass. Von altersbedingter Weisheit, Ruhe oder Reife findet sich keine Spur.

Hirokazu Koreeda ist ein Meister darin, die kaputten Beziehungen einer Familie zu analysieren und visuell darzustellen. Wenig muss ausgesprochen werden, weil es auch so schon deutlich ist. Und wenn etwas dann doch ausgesprochen wird, trifft es die Zuhörer wie ein Dolch. Ein Beispiel. Drinnen lässt der Großvater einen spitzen Kommentar über Witwen und ihre gesellschaftliche Stellung fallen, draußen rumst sein Schwager einen Stock auf den Boden wie bei einer Piñata. Bamm, das hat gesessen. „Ist es kaputt?“ fragen die Frauen von drinnen - „Noch nicht.“ ist die Antwort. Angeknackst ist es ganz sicher, kaputt noch nicht. Lange wird es nicht halten. Als der Ehemann der Witwe einen Konter ansetzt, ist draußen ein erneuter Schlag zu hören. „Ein Riss“ jubeln die Kinder draußen. Das Spiel, das Herz, die Adern sind eröffnet. Das Blut kann fließen, in dieser Familie.

Fazit

Mit „Still Walking“ hat Regisseur Hirokazu Koreeda ein Meisterwerk des Familiendramas inszeniert. Er ist äußerst feinfühlig darin, die Konflikte in einer zerrissenen Familie (seiner Familie) visuell zum Ausdruck zu bringen. Die brav ehrenhaften Fassaden blättern Stück für Stück ab, die zerbrochenen Fliesen im Bad kündigen es an. Hass, Trauer und Enttäuschung sitzen in den Herzen, unbehandelt, ignoriert, unterdrückt. Hirokazu Koreeda ist ein Meister darin, über Bilder die inneren Welten seiner Figuren nach außen zu kehren. Bilder, die einem Schauer über den Rücken jagen, Tränen in die Augen und Betroffenheit ins Herz. Ein Meisterwerk aus Bildern einer Familie und - viel wichtiger - den Momenten, die es nicht zeigt.

Kritik: Levin Günther

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