MB-Kritik

Stop-Zemlia 2021

Drama

Maria Fedorchenko
Arsenii Markov
Yana Isaienko
Oleksandr Ivanov
Andrii Abalmazov
Rubin Abukhatab
Marharyta Astakhova
Oksana Babych
Inna Belikova
Sehiy Derevyanko
Marta Dolesko
Kateryna Gornostai
Daniel Khoroshavin
Kateryna Kozlova
Viktoriia Kravchenko
Nika Krykun

Inhalt

Das vorletzte Schuljahr für Masha, Yana und Senia. Während im Klassenzimmer die Grünpflanzen wuchern und der Stoff des Biologieunterrichts – die physischen Merkmale von Stress – wie ein Klangteppich unter der Erzählung liegt, ringen die Schüler*innen mit sich und anderen. Stilles Zentrum des Langfilmdebüts von Kateryna Gornostai ist die 16-jährige Masha – introvertiert, feinsinnig und verliebt in den unnahbaren Klassenkameraden Sasha, der sie mit seinem passiven Verhalten herausfordert.

Kritik

In gewisser Weise ist es bemerkenswert, wie dicht Kateryna Gornostais mäanderndes Spielfilmdebüt davor ist, mit seinem Konstrukt jugendlicher Melancholie als authentischen Eindruck zu verkaufen. Doch das Wechselspiel von Momentaufnahmen und Interviews, die mit ihrem hohen Maß an Improvisation kokettieren, erreicht selbst nach über zwei Stunden Laufzeit nicht die angestrebte Originalität. Noch mehr als Einfallsreichtum fehlt dem in einer namenlosen ukrainischen Vorstadt angesiedelten Gruppenporträt einer zwischen Ennui, Selbstmitleid und Verknalltsein driftenden Charakteren der Anker einer Handlung. 

Davon lässt sich in dem subtil selbstvernarrten Jugenddrama jedoch bei aller Sympathie für die aufgeschlossenen Jungdarsteller*innen nicht ausmachen. Die vage als Hauptfigur etablierte Masha (Maria Fedorchenko) verbringt das vorletzte Oberschuljahr mit Parties, Übernachtungen bei ihren Besties Yana (Yana Isaienko) und Senia (Arsenii Markov) und Social Media. Dort hat die durch pseudopoetische Foto-Postings als introvertiertes Sensibelchen definierte Jugendliche eine Text-Romanze mit einem unbekannten Schulkameraden. Wer und warum interessiert nicht und ist letztlich egal.

Mit ihrem makellosen Äußeren, Elitehintergrund, fürsorglichen Eltern, coolen Freunden und sozialem Status ist Masha schlicht zu privilegiert, um ihre gelegentlichen Anfälle von Weltschmerz relevant zu machen. Ihr Liebeskummer wirkt nicht tragisch, sondern wie das Schmollen eines Bonzenkindes, das gewohnt ist, jeden Wunsch erfüllt zu kriegen. Der kriegstraumatisierte Senia und ein mit seiner zudringlichen Mutter und materiellen Einschränkungen hadernder Mitschüler wirken etwas realistischer, doch der nach Postertauglichkeit ausgerichtete Fokus der Regisseurin übergeht alles abseits blasierten Weltschmerzes.

Fazit

Das stylisch triste Setting inmitten ukrainischer Betonbauten komplettiert die komfortable Coolness, mit der die jugendlichen Protagonisten durch den nur scheinbar lebensnahen Mikrokosmos des substanzarmen Jugenddramas navigieren. Die von Kateryna Gornostai zitierten Weltraummetaphern sollen wohl auf die Unergründlichkeit des Schwebezustands zwischen Kindheit und Erwachsensein sein. Stattdessen werden sie unfreiwillige Marker der hinter Schein-Authentizität versteckten Artifizialität. Noch orientierungsloser als ihre wohlstandsverwöhnten Charaktere ist die Regisseurin, die das titelgebende Blinde-Kuh-Spiel augenscheinlich zum inszenatorischen Prinzip erhob.

Autor: Lida Bach
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