Die 70er Jahre waren das Jahrzehnt, in dem das Genre des Katastrophenfilms seine Blütezeit erlebte. Klassiker wie Airport, Die Höllenfahrt der Poseidon, Flammendes Inferno oder Erdbeben ebneten den Weg für das Genre, das dann in den 90ern sein Revival feierte und seit dem jährlich neue Beiträge erhält. Naturkatastrophen sind immer ein beliebtes Motiv und dienen als Kulisse für die meist simple und inhaltlich nicht anspruchsvolle Handlung, in der eine Gruppe unterschiedlicher Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, ums Überleben kämpfen muss, wobei die Gruppe dann meist aus stereotypen Figuren besteht. Wenn es dann doch mal einen anderen Ansatz gibt, dann sind es geldgierige Geschäftsleute oder Wissenschaftler, die um jeden Preis zum Wohle der Menschheit, sich in Gefahr begeben. Supercell wartet nun mit beiden der letztgenannten Gruppen auf. Der junge William Brody (Daniel Diemer, Black Summer), der in die Fußstapfen seines berühmten Vaters, des Wissenschaftlers und Sturmjägers Bill Brody treten will und der Geschäftsmann Zane Rogers (Alec Baldwin, Rock of Ages), der Touristen für Geld in die Nähe der Tornados bringt, damit diese gute und spektakuläre Fotos schießen können. Mit dabei ist noch Williams „Onkel“ Roy (Skeet Ulrich, Scream), der schon seinen Vater begleitete und jetzt die Touristen kutschiert.
Dabei nimmt sich der Film viele Anleihen bei Twister, der durchaus auch heute noch als Maßstab für Tornadofilme dient. Gleich zu Beginn stirbt Williams Vater (Bill Gunn, Penelope) durch einen Tornado und zehn Jahre später ist es William, der nun versucht mittels technischer Hilfsmittel ein effizientes Tornadowarnsytem zu entwickeln. Diese Parallelen ziehen sich durch den Film, wobei man aber Regisseur und Co-Drehbuchautor Herbert James Winterstern zugestehen muss, dass er immer wieder eigene Ideen einbringt und der Film glücklicherweise nicht nur eine reine Twister-Kopie ist. Neben der Gruppe der so ungleichen Tornadojäger ist ein entscheidender Faktor, dass Supercell versucht zugleich ein Familiendrama zu sein. Williams Beziehung zu seiner Mutter ist stark angespannt, da beide nicht wirklich über den Verlust des Vaters hinwegkommen. Während Wills Mutter Quinn (Anne Heche, Toy Boy - Dein Vergnügen ist sein Job, in einer ihrer letzten Rollen) sich die Schuld am Tod ihres Ehemanns gibt, weil sie die Tornadowarnmaschine entwickelt hat, mit der ihr Mann im Einsatz war, ist Will frustriert, weil seine Mutter nie über den Tod des Vaters mit ihm spricht. Ein Streit hierüber ist letztlich der Anlass, warum Will zu seinem Onkel flieht und das Projekt des Vaters fortführen will.
Wie die Handlung sich dann fortsetzt, kann man sich fast schon denken und wirkliche Überraschungen hat Supercell auch nicht mehr parat. Twister konnte zwar genauso wenig mit einer allzu überraschenden Handlung aufwarten, diese wirkte aber durchdachter und der Film hat für die damalige Zeit ganz ansehnliche Effekte, die heute zum Teil nichts an ihrer Wirkung verloren haben. Außerdem konnte Twister mit einer Portion Humor und großartigen Schauspielern glänzen. Das alles sucht man bei Supercell vergebens. Die Handlung ist nicht nur vorhersehbar, sondern teilweise unlogisch. Das sollte zwar beim Katastrophenfilm nicht unbedingt ein Maßstab sein, fällt hier aber besonders auf. Da wäre zum Beispiel die Fahrt von Quinn zu ihrem Sohn. Während Will gefühlt im Handumdrehen dank Bus und Trampen bei Roy ankommt, zieht sich die Fahrt von Quinn über Tage hin. Obendrein wird nicht ansatzweise versucht die Technik zu erklären, die angeblich Menschen retten soll. Man erfährt nur, dass es über Schallwellen möglich sein soll, den Tornado rechtzeitig zu lokalisieren. Wie aber nun diese komische Blechtonne wirklich funktioniert, bleibt offen. Twister wusste mit dieser Prämisse jedenfalls besser umzugehen.
Auch die Schauspieler können hier nicht viel ausrichten. Heche, Ulrich und Baldwin sind beileibe keine Unbekannten und Untalentierten, aber herausragend ist ihre Leistung auch nicht, wobei Baldwin einen leichten Hang zum Overacting hat. Will-Darsteller Daniel Diemer wirkt oft unsicher und zurückhaltend, obwohl dies zu seiner Rolle größtenteils sogar passt. Über das alles kann man vielleicht noch hinwegsehen, aber bei einem Katastrophenfilm erwartet man beeindruckende Effekte, Action und Spannung und hier versagt Supercell endgültig. Zu keiner Minute fiebert man mit den Figuren mit und die Effekte sind schlicht und einfach enttäuschend. Einen kleinen Tornado bekommt man nur anfangs einmal präsentiert und danach spielt vieles nur im Dunkeln. Dunkle Wolken, Blitze, Wind und Regen sind zwar atmosphärisch gut eingesetzt, wenn es dann aber dabei bleibt und man sonst nichts sieht, verpufft der Effekt schnell wieder. Man merkt auch, dass vieles nur vor dem Greenscreen gedreht wurde, selbst normale Autofahrten bei Sonnenschein. Alles wirkt unecht und künstlich. Dazu kommen dann noch krasse Filmfehler. Wenn schon baseballgroße Hagelkörner einen Van ordentlich ramponieren, dann sollte man doch denken, diese würden dann in großer Zahl um das Fahrzeug herumliegen. Man sieht aber nichts, als die Protagonisten kurze Zeit später das Fahrzeug verlassen. Vieles versucht man mit dem Schnitt zu lösen und entfernt dadurch die Spannung gleich mit. Dies fällt besonders bei Wills heldenhaften Überlebenskampf in einer Telefonzelle auf, in der er vor dem Tornado Schutz sucht. Statt hier die Dramatik einzufangen, setzt der Schnitt beim Bersten der Scheiben an und plötzlich ist der ganze Sturm vorübergezogen. Supercell hat noch einige andere Baustellen, die wohl vor allem einem geringen Budget geschuldet sind, aber dies würde dann doch den Rahmen sprengen.