Inhalt
Die Slums von Ho-Chi-Minh-Stadt, kahle, abweisende Räume, in die kaum Sonnenlicht dringt. Ein nigerianischer Immigrant geht durch seinen Tag. Seine Umgebung ist ihm vertraut. Lebt er schon lange hier? Er und sein kleiner Sohn, den er in der Heimat zurückließ, haben sich an die dürftige Interaktion per Videoanruf offenbar gewöhnt. Als sein Vertrag bei einem Fußballverein aufgelöst wird, zieht der Mann bei vier vietnamesischen Frauen mittleren Alters ein. Gemeinsam lassen sie sich in eine Art Urzustand zurückfallen
Kritik
Die in ihrer düsteren Schäbigkeit schon wieder schicke Fabrikhalle, die Lê Bảo zum zentralen Schauplatz seines sequenziellen Spielfilmdebüts macht, wäre auch ein passender Ort für dessen Aufführung. Die Verknüpfung stilisierter Szenen, deren Funktion nicht narrativ, sondern rein ästhetisch ist, fällt in eine eigene Berlinale-Kategorie. Da es diese Kategorie für filmische Installationen nicht gibt, landen ihr entsprechende Beiträge unvermeidlich in einer der Sektionen. Dort scheitern sie an einem Maßstab, für den sie nie konzipiert waren.
So krankt auch Baos obsessives Konstrukt weniger an einem Nagel an visueller Vision, denn an einer gänzlich falschen Zuordnung. Die in ihren schmutzigen Rost- und Erdtönen direkt erstickend wirkende Figurenanordnung statt auf ein Filmfestival eher in eine Galerie, wo die repetitiven Szenen von einer Parallelintonation profitieren würden. Der Titel verweist einerseits auf die geradezu fetischistische Beschäftigung mit der Zubereitung von Speisen - die man keinesfalls essen möchte, nicht nur angesichts der katastrophalen hygienischen Zustände ihrer Herstellung.
Andererseits impliziert die Mehrfachbedeutung von „Geschmack“ neben der kulinarischen Ebene die Gesamtheit individueller Vorlieben und Abneigungen auf diverser andere Feldern, stilistisch, optisch oder sexuell. Nicht überraschend spielt die letzte die tragende Rolle im bizarren Alltag des Hauptcharakters (Olegunleko Ezekiel Gbenga). Er wird nach seinem verletzungsbedingten Rauswurf bei einem Vietnamesischen Fußballverein zum Hausgast eines einheimischen Frauen-Quartetts, dessen Daseinsinhalt sich treffend mit „Fressen, Ficken, Fließbandarbeit“ definieren ließe. Sinnhaftigkeit jenseits der Provokation eines nahezu physischen Ekels fehlt.
Fazit
In den Slums Ho-Chi-Minh-Stadts sucht Lê Bảo nach ultimativer Hässlichkeit und findet sie in einer maroden Fabrikhalle. Hier retardieren die Akteure seines immer weiter im stupiden Rhythmus von Arbeit und Triebbefriedigung. Monologartige Gespräche über eine vor der hoffnungslosen Gegenwart desintegrierenden Vergangenheit sind die letzten Marker der Zivilisation innerhalb eines verrohenden Umfelds. Die im doppelten Sinne unersättliche Fixierung auf körperliche, topographische und architektonische Hässlichkeit ist weniger ein Kommentar auf brutalisierende Ausbeutung als Selbstzweck.
Autor: Lida Bach