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Inhalt

Ein Taxi fährt durch die lebhaften Straßen Teherans. Die wechselnden Fahrgäste erzählen freimütig, was sie umtreibt: ein Filmschmuggler vertickt die neueste Staffel von "The Walking Dead" und Filme von Woody Allen, zwei alte Frauen wollen Goldfische in einer Quelle aussetzen und ein vorlautes kleines Mädchen erklärt ihren Anspruch auf Frappuccino und ihre Nöte beim Verwirklichen eines Kurzfilmprojekts für die Schule. Am Steuer sitzt der Regisseur selbst, der 2010 wegen "Propaganda gegen das System" zu einem 20-jährigen Berufsverbot verurteilt wurde, und nun geheimnisvoll lächelnd einen neuen Film kreiert. Denn eine auf dem Armaturenbrett versteckte Kamera hält alles fest...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Einer der wohl eindrucksvollsten Filmemacher unserer Zeit ist der iranische Regisseur, Autor und Darsteller Jafar Panahi. 2010 gewann Panahi mit dem Drama „Offside“, einem Film über eine weibliche Fußballmannschaft, den Silbernen Bären auf der Berlinale. Bei der Kritik wurde der Film gefeiert, doch in seiner Heimat wurde der Regisseur wenig später festgenommen, wegen „Propaganda gegen das System“. Panahi protestiere mit Hungerstreik, u.a. damit er einen Anwalt seiner Wahl und nicht einem vom Staats erwählten Pflichtverteidiger erhält. Nach internationalen Protesten von anderen Filmemachern wie Steven Spielberg und Robert Redford, kam Panahi kurzzeitig wieder frei – musste allerdings eine horrende Kaution bezahlen. Doch nur wenig später wurde er offiziell zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und ein Berufsverbot von 20 Jahren wurde verhängt. Eigentlich ein kreatives Todesurteil für einen Filmemacher.

Doch Panahi ließ sich nicht unter kriegen und drehte mit enorm beschränkten Mitteln weiter. So inszenierte er u.a. das Drama „Parde“ mit einer kleinen Crew, im Geheimen in seinem Haus. Er übernahm dabei auch die Hauptrolle. Der Film erhielt auf der Berlinale 2013 den Drehbuch-Preis, einhergehend mit vielen positiven Kritiken und Meinungen. Nun, drei Jahre später hat er erneut einen neuen Film inszeniert. Die Machart erinnert dabei schon ein wenig an eine filmische Guerilla-Taktik. Panahi befestigte einzig eine kleine Kamera an Armaturenbrett eines Taxis und fährt mit diesem einen Tag lang durch Teheran. Dabei lernt er teils ausgewöhnliche Menschen kennen. Da wären zwei Frauen, die einen Goldfisch in die Freiheit entlassen wollen, ein verletzter Mann und seine Frau die ins Krankenhaus müssen oder ein kleiner, pummeliger Mann, der mit raubkopierten Filmen durch die Stadt fährt, um diese zu verkaufen. Panahi spielt dabei keinen fiktiven Charakter. Er spielt sich selbst und porträtiert mit seinem Film die iranischen Hauptstadt und gibt ganz nebenbei ein politisches wie gesellschaftliches Statement ab.

Das klingt jetzt natürlich bierernst, nach knarzigem Arthouse, doch „Taxi Teheran“ erweist sich trotz des schrecklichen Hintergrunds von Panahis Vorgeschichte als lockere, ja geradezu sommerlich leichte Abhandlung über ein Land, welches wir nur aus Schlagzeilen kennen, die Terrorangst, Diktator und Krieg beinhalten. Panahi verzichtet darauf vollkommen. Zum einen bildet er den normalen Alltag ab, zum anderen eröffnet er seinem Publikum so auch einen wesentlich freieren, unbefangeneren Blick auf das Land und seine Bürger.

Gleichzeitig bietet „Taxi Teheran“ eine Unmenge von anderen Facetten. Wenn Panahi von einem iranischen Filmfan, der selbst Regie studiert, erkannt wird und man sich über Filme austauscht, oder Panahis kleine Nichte, die in der Schule selbst ein Filmprojekt meistern muss - was diese jedoch vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe stellt, da die iranische Pädagogik, wie der Staat selbst, ganz spezielle Vorgabe, was man in einem Film zeigen darf – lässt sich „Taxi Teheran“ auch als Bestandaufnahme des iranischen Films lesen.

Taxi Teheran“ spiegelt in so vielen Bereich den Iran wieder – im Guten wie im schlechten. Panahi lässt Herzlichkeit und Humor genauso zu wie bittere, ja teils sogar niederschmetternde Blicke auf sein Heimatland. Vor allem gegen Ende, wenn seine (echte) Anwältin ins Taxi steigt und mit ihrem Mandaten redet, offenbart „Taxi Teheran“ eine Seite des Irans, die einen sprach wie machtlos zurücklässt. Dennoch wirkt der Film niemals wie eine bloße Anklage. Mehr wie eine Bestandsaufnahme, die sich in der Aorta einer Stadt abspielt: den Straßen.

Dabei sollte nicht verschwiegen werden, dass die Kamera niemals das Taxi verlässt. Panahi unterwirft sich damit einer klaren Limitierung, beweist somit allerdings, dass Simplizität durchaus auch eine nicht zu verleugnende Stärke sein kann. Denn somit konzentriert sich der Film ganz und gar auf seine Thematik. Dass Panahi diese trotz der Umstände so federleicht wie quicklebendig einfängt und präsentiert, macht deutlich welch großer Regisseur er ist.

Würde man „Taxi Teheran“ durch Genre-Fleischwolf quetschen, würde sich der Film in viele kleine Teile aufsplitten. Denn jeder Fahrgast bringt seine eigene Geschichte und Mentalität mit. Einige wirken zu tiefst authentisch, andere wie reinrassige Karikaturen. Innerhalb von 82 Minuten gibt es so tragikomisches, absurdes, trauriges, amüsantes und hoch emotionales zu bestaunen. Hin und wieder hat „Taxi Teheran“ den Flow eines Episodenfilms, bzw. einer Anthologie aus diversen Kurzfilmen, die durch das Taxi verbunden sind. Anders ausgedrückt: Jafar Panahi fängt reinrassiges Leben mit seiner kleinen Kamera ein. „Taxi Teheran“ ist vitalstes Kino mit Herz und Verstand, Aussage und – ganz klar – ganz viel Courage.

Courage auch deshalb, weil Panahi uns niemals Wissen lässt was Fiktion und was Wahr ist. Einige Figuren wirken so übertrieben, dass es schwer fällt zu glauben, es seien keine (Laien-)Darsteller. Am Ende aber, wenn die Kamera stoisch im Wagen verweilt, während Panahi mit seiner Nicht diesen verlässt, sollte auch die Sicherheit des Publikums verschwinden, die immer noch zu glauben scheinen, was Realität war und was nicht. Denn das Ende von „Taxi Teheran“ findet einen Schlusspunkt, der einem die Situation von Jafar Panahi und den gesamten Irans schmerzlich ins Bewusstsein ruft. Doch auch hier geht der Film nicht marktschreierisch vor.

Das ist vielleicht sogar die größte Stärke des Films, dass er niemals zu einem Schaulaufen der Bitterkeit verkommt. Es ist schwer vorstellbar, dass es dieses Jahr einen herzlicheren Film geben wird als „Taxi Teheran“. Wer unter solchen Bedingungen und mit einem wirklich unvorstellbaren politischen wie gesellschaftlichen Druck es schafft solch einen wunderschönen wie zu tiefst humanistischen Film zu drehen, der muss einfach ein großes, goldenes Herz haben.

Fazit

Vielleicht einer der wichtigsten wie charmantesten Filme des Jahres 2015. „Taxi Teheran“ ist nicht bloß eine Reflexion über ein vorurteilbehaftetes Land. Regisseur Jafar Panahi bringt uns hier mehr als politisches Kino. Sein dritter Film, den er trotz Berufsverbots inszenierte, erweist sich als ein leichtes wie herzliches aber dennoch höchst prägnantes Manifest für den Frieden und die Demokratie. Ein Ausnahmefilm, wegen seiner Machart, Vorgeschichte und seinem Unwillen sich der Bitterkeit zu unterwerfen. Kleines Taxi, ganz großes Kino.

Kritik: Sebastian Groß

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