{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Inhalt

In der Stadt Ōtawara versucht die Bandmanagerin Himuro die Techno Brothers bei einem Musiklabel unter Vertrag zu bekommen. Als die Verhandlung scheitert, beginnt sie mit der Band sich auf einen Road-Trip Richtung Tokyo zu begeben, um sie zu großer Bekanntheit zu verhelfen. Mit Auftritten und Teilnahmen an Wettbewerben versuchen Managerin und Band das Geld für die Reise aufzutreiben, doch richtig vom Fleck wegkommen tun sie nicht, denn die Menschen aus der Region scheinen mit Techno nur wenig anfangen zu können.

Gesehen im Rahmen des JFF+ Independent Cinema 2023

Kritik

„Es wird immer weitergehen; Musik als Träger von Ideen; Music non stop, techno-pop“ – gerade der dritte Teil dieses Auszugs aus Kraftwerks Song „Techno Pop“ ist als Begriff zurzeit relevanter denn je, denn der Techno prägt seit dem Ende der Covid-19-Pandemie den Sound der Clubs weltweit. Leider bringt dieses Genre als Träger von Ideen derzeit auch seine Nebeneffekte mit sich in Form des Hashtags #ravetok oder Kleidungsstile, die bis zur unüberlegten und problematischen Aneignung von Kink Fashion durch die Gen Z führen, aber dies ist ein anderes Thema. Für den Regisseur Hirobumi Watanabe (I'm Really Good) dient die Musik der einflussreichen Gruppe aus Düsseldorf in erster Linie als Basis für ein Porträt einer fiktiven Band, in der er selbst sowie sein Bruder mitspielen und mit ihren Sonnenbrillen an die „Blues Brothers“ erinnern. Hinzu kommt ein markantes, rotes Hemd plus schwarze Krawatte, angelehnt an Kraftwerks Kleidung für ihr siebtes Album Die Mensch-Maschine.

Dies geschieht nicht ohne Grund, denn neben der unüberhörbaren Würdigung von Kraftwerks Sound verarbeitet Watanabe die geschäftliche Beziehung zwischen Musiker:innen und deren Management. Wie Mensch-Maschinen müssen die Techno Brothers auf Abruf funktionieren, performen und für ihre kalte, gnadenlose und ausbeuterische Managerin Himuro(Asuna Yanagi) das Geld auftreiben. Ihre Tantiemen? Höchstens ein Glas Leitungswasser, während Himuro sich Nudelgerichte und diverse Kuchenteller vor deren Augen gönnen lässt. Vermittelt wird das Ganze mit einer kleinen Gangster-Attitüde und einem überspitzten, staubtrockenen Humor, der mit der Trägheit der Kameraeinstellungen harmoniert.

Generell arbeitet Watanabe mit einer umgekehrten Kalt-Warm-Dynamik in der Rezeption von Techno-Musik. So wirken die Stadt Ōtawara und ihre Einwohner wie aus der Zeit gefallen und fremdeln mit den Techno Brothers, die mit ihrer Kleidung sowie dem meist als kühl, mechanisch und künstlich empfundenen Techno das Bild lebendig machen. Letzteres ist selbstverständlich das Herzstück des Films, für das der Bruder des Regisseurs Yûji Watanabe sich verantwortlich zeichnet. In voller Länge folgen verspielte Remixe von Kraftwerks Stücken im provokanten Retro-Gewand wie beispielsweise Der Telefonanruf während der Einführung oder eine tolle Interpretationvon Die Roboterim Mittelteil, eingefangen in den banalsten Schuss-Gegenschuss-Einstellungen. Die minimalen Bewegungen der Band werden dabei nur noch vom Publikum unterboten, deren Mienen und Köpfe sich keinen Deut rühren. Gerade durch diese Bewegungsarmut in Kombination mit der energetischen Musik möchte Watanabe die Zuschauer:innen vor der Leinwand (oder dem Bildschirm) indirekt zum Mitgehen, Kopfnicken oder gar Tanzen auffordern, was unerwartet gut klappt, einen ganz leichten Fremdscham erzeugt und amüsante Momente bereithält.

Die indes gezeichneten Figuren entwickeln sich ebenso minimal wie die zu beobachtenden Bewegungen. Als Repräsentantin des knallharten Musikbusinesses verfolgt Himuro mit dem eingesammelten Geld durch die Performances ein eigenes Ziel und auch an der Fassade der Techno Brothers wird mit der Zeit gerüttelt. Werden sie anfangs noch dank des parodistischen Einspielens von „Also sprach Zarathustra“ wie unnahbare Monolithen gezeigt – und von der Managerin auf den Level von „Genies wie Bach, Beethoven, Mozart, Miles Davis oder Bob Dylan“ hochgehievt –, so beginnen die Gedanken über eine Trennung von ihr sie mit der Zeit zu plagen. Dass die Techno Brothers dabei kein Wort von sich geben, ist als nette Hyperbel auf das geringe Mitsprachrecht in der Geschäftsbeziehung zu verstehen, allerdings hätte dafür ihre roboterhafte Körperhaltung für eine verbesserte Präsenz noch mehr aufgeweicht werden können. Kurzzeitig wird eine Unabhängigkeit und Freiheit der Band begleitet, was passenderweise im Geiste des Techno ist. Der Schritt zurück arbeitet jedoch entgegen des Genre-Ethos und dementsprechend auch dem Filmtitel, was eine vertane Chance ist.

Unübersehbar ist die Low-Budget-Produktion, die mit der Amateurhaftigkeit der Figuren in Verbindung steht, aber dennoch einfach unschön aussieht. Ein paar Passagen bekommen einen seltsamen Reality-TV-Look, Schauspieler:innen treten unnatürlich einer Szene bei und die Tonmischung – besonders in Räumen – lässt deutlich zu wünschen übrig, was bei einem Musikfilm unangebracht ist. Dies fällt beim zu hörenden Techno nicht ins Gewicht, da die Raumakustik in den jeweiligen Szenen komplett ausgeblendet wird. Es scheint, als würde Watanabe sich in der Limitation seiner Produktion gefallen und die optimale Vermittlung des Inhalts priorisieren. Vorwürfe wie fehlender Aufwand oder Faulheit macht der Regisseur wett, indem er Comedy im Schauspiel und der Inszenierung timt. Ein Beispiel: Ein grauer Van wird in eine Karambolage verwickelt, die vor schwarzem Bild mit Soundeffekten hervorgerufen wird, und anschließend wird derselbe Van lediglich mit abmontierter Frontschürze gezeigt und für beschädigt erklärt. Das ist vollkommen absurd, aber hier sowie in den tragenden Musikperformances zeigt sich der Charme dieser Indie-Produktion, für die Watanabe hinterher ein Sequel anteasert. Hoffentlich sind die ländlichen Regionen dann bereit für: „Music non stop, techno pop.“

Fazit

„Techno Brothers“ ist eine mit trockenen Humor unterlegte Huldigung von Kraftwerks einflussreichem Schaffen, die dabei das knallharte Musikgeschäft  bewusst übertrieben aufs Korn nimmt. Neben den gelungenen Remixen ist es die langsame, kostengünstige Inszenierung, dessen Minimalismus nicht nur von Kraftwerks Liveauftritten inspiriert ist, sondern sich auch in der fiktiven Band sowie im Handwerk dieses Films effektiv widerspiegelt und mit dem Feedback der Zuschauenden arbeitet. Das entschuldigt jedoch nicht die mangelnde Tonmischung außerhalb der Musikperformances genauso wie die teils stümperhafte Szenenstruktur, auch wenn zweites ihre Unterhaltung mit sich bringt. Für Fans der deutschen Elektronik-Pioniere lohnt sich ein Blick auf diesen sympathischen Indie-Film allemal.

Kritik: Marco Focke

Wird geladen...

×