Am Ende des Kinojahres 2017 wird man sich redlich bemühen müssen, einen menschenverachtenderen, zynischeren Film als The Belko Experiment zu finden. Diese Prognose dürfte bei vielen vermutlich automatisch die Neugier wecken, sich den Film anzusehen, doch trotzdem sollte man von Greg McLeans (Rogue - Im falschen Revier) Werk weiten Abstand halten. Mit Wolf Creek beglückte der Regisseur das zeitgenössische Terrorkino mit einem australischen Beitrag, der keine Kompromisse scheute und eine kleine Gruppe von Rucksacktouristen im Outback dem puren Bösen in Gestalt des Menschenjägers Mick Taylor auslieferte. Das ikonische Potential der von John Jarratt (100 Bloody Acres) gespielten Figur blieb McLean offenbar nicht unbemerkt und so machte er Mick Taylor im Sequel Wolf Creek 2 kurzerhand selbst zur eigentlichen Hauptattraktion in einer schwarzhumorigen Achterbahnfahrt, die vielen Zuschauern unangenehm aufgestoßen ist.
Diese schwarzhumorige Distanz zu den Geschehnissen ist es nun, die The Belko Experiment vollkommen abhanden gekommen ist. In der Geschichte des Films, die von keinem geringeren als James Gunn (Guardians of the Galaxy) geschrieben wurde, geht es um die Mitarbeiter eines Non-Profit-Unternehmens, die in einem riesigen Bürogebäude in Kolumbien angestellt sind. Als sie eines Morgens wie gewohnt zur Arbeit erscheinen, macht sich bei einigen von ihnen bereits Skepsis breit, denn sie werden an den Sicherheitstoren auf bewaffnete Einsatzkräfte aufmerksam. Nachdem eine Stimme über Lautsprecher wenig später verkündet, dass zwei Menschen der rund 80-köpfigen Mitarbeiterschaft innerhalb einer halben Stunde getötet werden müssen, bevor noch deutlich mehr zu Tode kommen werden, halten viele die Anweisung noch für einen seltsamen Scherz.
Mit einem Scherz hat dieser Film von nun an jedoch nichts mehr gemeinsam, denn es dauert nicht lange, bis die ersten Köpfe blutig zerplatzen. Aufgrund von stählernen Abdeckungen vor Fenstern und Türen, die sich über das gesamte Gebäude ausbreiten, sind die Mitarbeiter Gefangene in einem bizarren Experiment, das offenbar ihr soziales Verhalten im extremen Ausnahmezustand untersuchen soll. Töten oder getötet werden lautet die simple, kaum nachvollziehbare Devise des grobschlächtig konstruierten Drehbuchs, in dem hintergründigen Zwischentönen oder humorvoller Auflockerung keinerlei Platz eingeräumt wird.
Anfangs könnte man das Szenario in The Belko Experiment noch als bissige Metapher auf die moderne, globalisierte Arbeitswelt deuten, in der die Menschen wie willenlose Sklaven in ein skrupelloses oder abstumpfendes System eingepfercht werden, bis ihnen irgendwann der Kopf platzt. Angesichts des reißerischen Handlungsverlaufs löst sich diese unterhaltsame Lesart allerdings zunehmend in Luft auf. Die Würde des Menschen und der Wert des Lebens werden in Gunns Drehbuch nicht nur konsequent mit Füßen getreten, sondern von McLean zusätzlich in fast schon perversen Gewaltszenen dem zynischen Effekt geopfert.
Explodierende Köpfe, fatale Einschusswunden oder tödliche Messerhiebe kostet der Regisseur mit einer derartigen Vorliebe für voyeuristische Brutalität aus, dass The Belko Experiment den Zuschauer mit fortschreitender Laufzeit regelrecht benommen hinterlässt. Sympathien für einzelne Figuren, die notdürftig charakterisiert werden, spielen irgendwann keine Rolle mehr, sobald sie von Kopfschüssen niedergestreckt werden oder ihnen das Genick gebrochen wird, nachdem sie dem Vorgesetzten zuvor sexuelle Dienste angeboten haben, um nicht sterben zu müssen.
Mit bestialischer Freude am puren Akt des Tötens rückt der Aspekt des sozialen Experiments, bei dem den einzelnen Beteiligten ohnehin nie realistische Alternativen oder logische Überlebenschancen eingeräumt werden, so weit in den Hintergrund, bis Regisseur und Drehbuchautor nur noch durch ein Meer von Leichen, Blut und Knochensplittern waten. Jeder Zuschauer, der auch nur einen Funken Empathie in sich trägt, dürfte sich frühzeitig angewidert abwenden.