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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Herr Kameda ist ein Mann mit grauenhafter Vergangenheit, der nun als einziger wirklich herzensguter Mensch in der Gesellschaft als Idiot diffamiert und belächelt wird. Kurosawa adaptiert den weltbekannten Roman seines Vorbildes Fjodor Dostojewskij.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Der Großmeister Akira Kurosawa, der als erster die Brücke baute, die den japanischen Film in die ganze Welt führen sollte (und somit auch andere Künstler wie Ozu, Naruse, Kobayashi und Mizoguchi zu uns brachte), war sein Leben lang Fan des russischen Literaten Fjodor Dostojewskij. Als er die Chance hatte, den Roman Der Idiot zu verfilmen, wollte er sie wohl direkt beim Schopfe ergreifen, wich dann kurz zurück und nahm sich diesem Werk mit gebotener Vorsicht an. Es heißt, man solle nie seine Helden treffen - aus Angst vor der Enttäuschung. Kurosawa wollte sich seinem Helden nicht nur annähern, er wollte ihn von der Buchseite auf den Bildschirm transferieren. Damit alle sehen konnten, was Dostojewskij der Welt zu sagen hatte. Die mittlerweile allseits bekannte Geschichte erzählt von einem durch und durch gutmütigen Menschen, der wegen seiner Zartheit nicht für voll gehalten wird.

Wie das Buch beginnt auch Kurosawa seine Geschichte auf der Heimreise. Herr Kameda (die titelgebende Figur wird von Masayuki Mori gespielt) und Herr Akama (Kurosawa sagte Toshiro Mifune, er solle einen Tiger spielen) sitzen in einem Dampfer im Winter. Im extremen Close-Up beginnt Kurosawa, das Schiff zu zeigen; ein kaputtes, von den Gezeiten und Wettern gezeichnetes Stück. Das Kaputte verschwimmt zu glatten Linien, fast schon wie Gesteinsschichten sieht das manchmal aus. Die Natur der Jahrhunderte. Dampf und Lärm sprudeln aus dem Rohr des Schiffes hervor, beides durchschneidet den verschneiten Nachthimmel. Der Idiot erwacht schweißgebadet und schreit auf, er wird zur Kopie des Schiffes. Kameda zieht Aufmerksamkeit auf sich, nicht mit Absicht, nicht weil er sie sucht. Sondern, weil seine Abwesenheit ihn verändert hat, in einem Maße, dass ihn zu einem Ausgestoßenen in der eigenen Heimat werden lässt.

Er ist ein zartes Wesen geworden, dass durch seine absolute Freundlichkeit auffällt, durch seine Reinheit, sein gutes Wesen, wird er komisch beäugt. Die Leute reden abfällig über ihn, belustigen sich. Die Gesellschaft um ihn herum fällt vor allem durch Schweigsamkeit, Ungeduld oder Impulsivität auf. Nicht so Herr Kameda. Kurosawa zeigt das in seinem Film - auch wenn sich die über vierstündige Langversion an einigen Einschnitten erahnen lässt - durch sein visuelles Genie. Ein Jahr nach Rashomon, dem Film, der Kurosawa und den japanischen Film in die westliche Welt brachte, schöpft der Japaner sein Können wieder aus. Nicht so kompakt, wie in genanntem Werk, aber nicht minder genial. Die bewegliche Natur, die sonst so oft Kurosawas Spielgefährte war, wird hier mehr und mehr zum Stillstehen gezwungen. Es ist nicht mehr der prasselnde Regen, es ist der vorsichtige Schnee und schließlich der starre Eiszapfen oder die Schneelawine, die alles unter sich begräbt.

Es ist eine Nachkriegswelt, in der der Idiot alles besser machen will, während alle anderen nur am großen Geld interessiert sind. Ach, der Idiot ist Besitzer eines großen Grundstückes? Na, dann hat er ja doch tatsächlich Respekt verdient. Beinahe alle anderen Figuren verkaufen ihre Empathie und menschliche Wärme auf dem Weg zum Geld. Auch wenn die Menschen nach außen hin freundlich spielen, sie haben Absichten. Und die wollen sie gnadenlos durchboxen. Besonders deutlich wird das in einer Einstellung, in der die Kamera parallel zur Häuserwand an der großen Fensterfront vorbeifährt. Drinnen tanzen die Menschen, draußen ist das Haus von Eis überdeckt. Kurosawa zeigt die Trennung, die wahre Gefühle verbittet, primär hat es um Stand und Ansehen zu gehen. Wärme mag stattfinden, aber nur als bloße Strategie. Und mittendrin ist Herr Kameda, der sein Zuhause nicht mehr erkennen kann, der nicht weiß, wo sein Platz ist. Herr Kameda, der herumgeschubst wird. Nicht ernst genommen wird. Mitten in der Kälte.

Nicht verschwiegen werden darf das große Problem des Films. Akira Kurosawa, der große Fan des russischen Autors, macht sich kleiner als er ist. Er ist überfordert mit dem Ungetüm der Vorlage, mit seinen eigenen Forderungen, traut sich wahrscheinlich nicht, die nötigen Freiheiten zu nehmen. Deutlich wird das vor allem in der Entfaltung der Geschichte; ein Nachteil, der sicherlich auch durch die brutale Kürzung von zwei Stunden noch potenziert wird. Hakuchi, so der Originaltitel des Films, hat keine verzahnte Geschichte, sondern bloß ein tumbes Gerüst aus aufeinandergesetzten Momenten. Scheinbare Trivialisierungen und augenscheinlicher Unmut zum Eingriff kommen dazu, sodass am Ende ein über Strecken etwas krampfhafter Film herauskommt. Das ist für Kurosawa-Verhältnisse ungewohnt und dem Großmeister auch nicht oft passiert. Dennoch zwingt es den Film in einen Bereich der Bewertung, die für Kurosawa-Filme selten sind. Gute bis sehr gute Bilder heben einen mittelmäßigen Film noch über den Durchschnitt. Für Kurosawa zu wenig.

Fazit

Die Romanadaption „Der Idiot“ von Akira Kurosawa war ein Riesenprojekt, das eine Bruchlandung erlitt. Von der über vierstündigen Originalfassung blieben nach der Bearbeitung des Studios noch gute zweieinhalb Stunden übrig - und das merkt man. Kurosawa beweist zwar ein ums andere Mal, dass er visuell nicht zu übertrumpfen ist, seine Geschichte funktioniert aber eher schlecht als recht. So ist das, wenn man es mit seinen großen Vorbildern aufnimmt. Auch die Besten können mal scheitern, aber immerhin mit mehr Eleganz als weniger Begabte.

Kritik: Levin Günther

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