Ordnung mag das Fundament vieler Filme sein – und ganz besonders das des Horror-Genres, das trotz aller grotesken Elemente auf festen Regeln basiert. Vampire meiden das Sonnenlicht, Geister tauchen zur Geisterstunde auf, und ein Zombiebiss bedeutet unweigerlich den Verlust der Menschlichkeit. Doch was passiert, wenn diese Ordnung auf den Kopf gestellt wird? Regisseur Osgood Perkins, der letztes Jahr via Longlegs mit dem Genre spielte, liefert mit The Monkey eine Antwort, die so provozierend wie ironisch ist – eine Stephen-King-Adaption, die gleichermaßen fasziniert und vor den Kopf stößt. Produziert von Conjuring-Schöpfer James Wan, nimmt der Film weder sich selbst noch die festgelegten Konventionen des Genres allzu ernst. Stattdessen lädt Perkins zu einem makabren Spektakel ein.
Bereits in seinem Prolog wird klargemacht, welche Art von Geschichte The Monkey erzählt: Es wird böse, blutig und durchsetzt von schwarzem Humor. Der Plot dreht sich um die Zwillingsbrüder Hal und Bill, die im Erwachsenenalter von Theo James (The Gentlemen) verkörpert werden. Auf den ersten Blick scheint die Geschichte eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Tod zu sein – immerhin basieren viele der emotionalen Konflikte auf der gemeinsamen Vergangenheit der Brüder. Doch Perkins ist weniger daran interessiert, ein emotional packendes Drama zu inszenieren, als vielmehr daran, das Chaos auf kreative Weise zu kultivieren.
Bereits früh im Film deutet sich an, dass Perkins eine Art schelmischen Humor besitzt, der das Publikum bewusst in die Irre führt. In dieser Hinsicht fühlt man sich an die Werke von M. Night Shyamalan erinnert. Doch während Shyamalan oft auf sorgfältig vorbereitete Twists setzt, lässt Perkins die Regeln des Genres in einem heiteren Akt der Rebellion auf der Strecke. Die Handlung um den mysteriösen Todesaffen – eine Figur, die Schrecken und Tod bringt, wenn ihr Mechanismus aktiviert wird – wird dabei nur vage erklärt. Ist es wie bei The Box (2009), wo eine einzelne Handlung in der Ferne Unheil auslöst? Oder geschieht alles in der direkten Umgebung? Perkins gibt darauf keine klaren Antworten. Stattdessen lässt er die Ambivalenz bewusst im Raum stehen und fordert das Publikum dazu auf, die Absurdität zu akzeptieren.
Der Humor ist dabei allgegenwärtig und durchdringt sogar die dunkelsten Momente. Eine Szene, in der die Mutter der Brüder (gespielt von Tatiana Maslany) mit Pommes zwischen den Zähnen über ihren verhassten Ex-Mann schwadroniert, ist nur ein Beispiel für die grotesken Kontraste, die den Film prägen. Diese stilistische Leichtigkeit zieht sich durch die gesamte Inszenierung und unterstreicht, dass The Monkey vor allem eines sein möchte: eine rabenschwarze Satire, die sich ihrer eigenen Überzeichnung bewusst ist.
Besonders deutlich wird Perkins’ Handschrift in den Todesszenen, die durch ihre Übertreibung eine eigene Dynamik entwickeln. Ob es nun Torpedo-Wespen, Giftschlangen oder Schlafsäcke voller matschiger Innereien sind – die Mittel, die zum Ableben der Figuren führen, sind ebenso grotesk wie kreativ. Dabei verzichtet der Film weitgehend auf die Rube-Goldberg-Mechanik, wie man sie aus der Final Destination-Reihe kennt, bei der komplexe Kettenreaktionen zu den tödlichen Unfällen führen. Stattdessen setzt Perkins auf einfache Auslöser – eine hungrige Ratte, ein umfallendes Gewehr oder aufgebrachte Wildpferde. Die Ergebnisse mögen weniger einfallsreich erscheinen, doch gerade diese Simplizität verstärkt die absurde Wirkung der Szenen.
Dennoch gelingt es Perkins, dem Film eine visuelle Eigenständigkeit zu verleihen. Der Look ist stilisiert und pointiert, und die Schnitte sind präzise gesetzt. In dieser Hinsicht hebt sich The Monkey deutlich von anderen Genrebeiträgen ab, insbesondere von der Final Destination-Reihe, deren Revival mit Bloodlines im Jahr 2025 erwartet wird. Perkins’ Inszenierung ist zwar weniger ausgefeilt in der Darstellung der Todesmechanismen, aber dafür umso experimentierfreudiger in der Gestaltung des Übersinnlichen.
The Monkey lebt von seiner Widersprüchlichkeit. Während der erste Akt des Films, der sich auf den jungen Hal (gespielt von Christian Convery) konzentriert, ein regelrechtes Feuerwerk an absurden Situationen und skurrilen Figuren bietet, verliert die Handlung in der zweiten Hälfte etwas an Dynamik. Der Versuch, emotionalere Töne anzuschlagen und die Beziehung der Brüder stärker in den Fokus zu rücken, wirkt tonal nicht immer stimmig. Dies bremst den zuvor aufgebauten Schwung und lässt den Film stellenweise ins Stocken geraten.
Für Zuschauer, die eine klare narrative Struktur erwarten, dürfte dies enttäuschend sein. Doch für jene, die sich auf das Chaos einlassen können, bietet The Monkey eine Fülle an originellen Momenten und bizarren Einfällen. Die Unsicherheit, wie genau der Todesaffe funktioniert, ist dabei weniger ein Mangel als vielmehr ein Statement: Es geht nicht darum, Antworten zu liefern, sondern darum, die Absurdität des Horrors zu betonen. Ein großer Spaß.
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