Inhalt
Eine vierköpfige Gruppe junger Erwachsener fährt in die Mojave-Wüste, um dort ein Musikvideo zu drehen. Sie verschwinden spurlos. Als letztes Lebenszeichen gelten Aufzeichnungen eines Notrufes, auf denen nichts als markerschütternde Schreie zu hören sind. Aber auch Speicherkarten wurden gefunden. Drei Stück. Darauf zu sehen: Die letzten Aufnahmen der Vermissten. Der Trip der Gruppe scheint normal verlaufen zu sein, bis eines Nachts Donner ertönt. Donner so laut, als würde der Himmel explodieren…
Kritik
Gesehen beim zehnten HARD:LINE International Film Festival
Es gibt einen neuen Trendfilm! Die gehackten Zwiebeln in einem Topf mit etwas Olivenöl erhitzen, wenn diese glasig sind, den Knoblauch dazugeben und kurze Zeit später das Tomatenmark dazu rühren und mit anbraten. Mit den Dosentomaten aufgießen und nach Belieben würzen.
Hat euch das Rezept ein wenig irritiert? Kein Wunder, warum steht es in einer Rezension zu einem Film? Ganz einfach: Schocks oder Jump Scares funktionieren ähnlich. Letztlich sind es Irritationen. Clever gemacht ist das toll, bei vielen Horrorfilmen und speziell innerhalb des Found-Footage-Subgenres sind sie aber meist nur dumpf. Dass wir uns erschrecken, wenn nach einiger Zeit der Stille plötzlich Krach unser Trommelfell attackiert, ist ganz normal und hat wenig bis gar nichts mit einer gelungenen, spannenden Geschichte zu tun. Das soll nicht heißen, dass es keinerlei guten Found-Footage-Werke gibt. Was einst in Italien mit Nackt und zerfleischt (besser bekannt als Cannibal Holocaust) begann, 1999 dank des Blair Witch Project auch den Mainstream erreichte und mit Paranormal Activity eine Renaissance hatte, bietet einige wirklich tolle Produktionen. Neben den eben genannten sei unbedingt noch Lake Mungo erwähnt, der Gänsehaut mit prallen Emotionen verband. Davon ist The Outwaters weit entfernt.
In den USA mauserte sich der Film durchaus zu einem Gesprächsthema innerhalb der Horror-Bubble. Nachdem der Trailer werbewirksam vor den begehrten Screenings von Terrifier 2 gezeigt wurde, wuchs die Neugier immens. Gepaart mit einer funktionellen Promotion mitsamt tollen Postern und ersten positiven Stimmen war The Outwaters einige Zeit ganz groß in Sachen Horror-Hype. Ein Hype, hinter dem aber bedauerlicherweise kein neues Highlight steht, sondern eine ziemliche Enttäuschung, die weder dem eigenen Subgenre irgendwas von Interesse abgewinnt, noch einen gelungenen Alptraum-Trip darbietet. Dafür hat The Outwaters so viele Makel.
Zunächst einmal ist er viel zu lang. Die ersten 45 Minuten sind schlicht und ergreifend einschläfernd. Ja, es werden Vorahnungen gestreut und wir lernen die Tiefschlaf evozierenden Figuren kennen, aber nichts davon besitzt wirklich eine Energie. Alles fließt zähflüssig vor sich hin und das ändert sich auch nicht, wenn die vierköpfige Gruppe endlich in der Mojave-Wüste angekommen ist. Dann wird recht schnell der Horror-Motor angeworfen. Eine wirkliche Geschichte wird dabei aber nicht erzählt. Robbie Banfitch, Autor, Regisseur und Darsteller in Personalunion, soll seinen Film als Mischung aus Blair Witch Project und Terrence Malick beschrieben haben. Kann man so stehen lassen und klingt nicht verkehrt. Aber nur wenn außer Acht gelassen wird, dass filmtechnisch kein wirklicher Schritt vorwärtsgemacht wird. Stellenweise kommt das so elend verkünstelt, verschwurbelt in seinem Horror daher, dass die gezeigten Bilder recht bald nur noch beliebig wirken.
Rennen, schreien und kotzen sich die Figuren durch verschiedene Realitäten? Sind Drogen im Spiel? Haben wir es hier mit einer Form des Jenseits zu tun? Alles möglich, aber die Lust auf Spurensuche zu gehen, kommt nicht zustande. Dafür sind die Figuren zu redundant und die Schreckensszenarien wirken recht bald einfach nur noch zu willkürlich zusammengewürfelt ohne einen messbaren Grad von Kohärenz. Aber auch eine alptraumhafte Logik, wie etwa bei den Filmen von Lucio Fulci, will sich nicht einstellen. Dafür wirkt das Gesehene einfach immer zu bemüht. Die blutigen Schauwerte saften zwar recht ordentlich, aber auch hier gelingt es den Machern nie so richtig eine wirkliche Energie auf die Leinwand oder den Bildschirm zu bannen. Abgerundet wird das Scheitern mit der visuellen Komponente, denn in vielen Phasen des Films sieht man halt einfach gar nichts, bis auf einen Lichtkegel. Das soll spannend sein, ist aber die meiste Zeit einfach nur nervtötend, auch weil so schnell klar ist, dass hier letztlich nur ein Malen-nach-Zahlen des Found-Footages abgespielt wird. So ist die größte Irritation von The Outwaters kein Jump Scare, sondern der Hype, den die Produktion kurzzeitig entfachte.
Fazit
Der Aufbau der Geschichte ist zu mühselig, vor allem im Kontrast dazu, dass irgendwann einfach alle Storyfäden losgelassen werden, um einfach Chaos darzubieten, welches dank diversen lauten Schocks nicht so einschläfernd daher kommt, aber dennoch die meiste Zeit diffuse Spannung mit Monotonie verwechselt.
Autor: Sebastian Groß