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Ein mysteriöses Verjüngungsmittel verspricht der alternden Schauspielerin Elizabeth einen Neuanfang als die beste Version ihrer selbst. Die erste Anwendung übertrifft alle Erwartungen, doch die Gebrauchsanweisung muss genau befolgt werden. Sonst folgt auf den Schönheitsschlaf eine böses Erwachen.
Kritik
Die aus dem öffnenden Fahrstuhl strömende Blutwelle in Kubricks The Shining ist nur ein bescheidenes Rinnsal im Vergleich zu der roten Sintflut in Coralie Fargeats (Revenge) bitterbösen Body-Horror. Dessen frenetisches Finale sollte zwar nicht vorweggenommen werden, doch der schiere Exzess und WTF-Faktor dieser Szene garantiert praktisch ihren Status als makaberes Markenzeichen des satirischen Schönheits-Schockers. Dessen mit medizinischer Nüchternheit abgehakter Auftakt verrät nichts von den bevorstehenden Schrecken, die das wahre Gesicht der Beauty-Industrie als monströse Maskerade darstellen.
Ein keineswegs neues Fazit, dessen reaktionäre Tendenzen weit unangenehmer wirken als die - teils wortwörtlich - organischen Scares der medizinischen Moral-Mär. Deren Prolog komprimiert in einer Einstellung den Auf- und Abstieg von Filmstar Elizabeth Sparkle (fabelhaft: Demi Moore, Please Baby Please), die sich über zwei Kinostunden später dort wiederfindet - in radikal veränderter Form. Selbige verdankt die 50-jährige Protagonistin, die zu ihrem 50. Geburtstag von ihrem schmierigen Produzenten Harvey (Dennis Quaid, The Long Game), Galionsfigur einer von Ageism und Sexismus geprägten Industrie, abgesägt wird.
Der Spießrutenlauf in ihr Apartment entlang sadistischer Sinnbilder ihres Has-been-Status endet im Krankenhaus. Dort empfiehlt ihr ein junger Arzt die titelgebende Kur, nach deren Anwendung Elizabeth buchstäblich neu geboren scheint. Doch die „bessere“ Version ihrer selbst namens Sue (Margaret Qualley, Sanctuary) strapaziert die strengen Anwendungsregeln - jede zweite Woche zum alten Ich zurückzukehren - immer massiver. Je beängstigender sich die Folgen manifestieren, desto weiter distanziert sich der Plot von der anfänglichen Exposition an ungleichen Gender-Standards und materialistischer Manipulation.
Stattdessen verfällt die Inszenierung, deren knallige 80er-Optik mit minimalistischem Modernismus kombinierender Look eine visuelle Verjüngungskur suggeriert, selbst in die kritisierten Mechanismen. Körperliches Altern wird für maximale Ekeleffekte ausgebeutet, Hässlichkeit gilt als Konsequenz einer moralisch kodierten Schwäche - als wäre die Sehnsucht nach jugendlicher Attraktivität in einer Gesellschaft, die Frauen danach definiert, schon verwerflich - und medizinische Modifikation des Aussehens wird zum teuflischen Handel. Das Ende schließlich zementiert biedere Schönheitsstandards statt diese auszuhebeln. Kein Blutbad kann das wegwaschen.
Fazit
Gore und Gerontophobie treiben Coralie Fargeats perfiden Beauty-Horror, der mit unterkühltem Sex-Appeal zu pulsierenden Pop-Beats einen soziopathischen Schönheitskult seziert. Ähnlich der von Moore und Qualley gleichermaßen intensiv verkörperten Protagonistin schneidet sich die Regisseurin und Drehbuchautorin jedoch ins eigene Fleisch. Frauen sind aus ihrer Perspektive selbst ihre ärgsten Feinde und Komplizinnen einer Objektifizierung und Sexualisierung, welcher der fetischisierende Kamerablick selbst frönt. Aufbegehren gilt als Hybris, alles andere als Natürlichkeit als Deformation. Ein nur scheinbar subversives Splatter-Spektakel.
Autor: Lida Bach