„Karma? Karma ist nur Gerechtigkeit ohne Befriedigung.“
Ganze zwölf Jahre mussten vergehen, bis Christopher McQuarrie (Jack Reacher) nach The Way of the Gun wieder auf dem Regiestuhl Platz genommen hat. Via Twitter wurde der Filmemacher im letzten Jahr auf den Grund dieser langjährigen Pause angesprochen. Seine Antwort war eine einfache: The Way of the Gun. Tatsächlich wäre dieser Action-Thriller ein Sargnagel für viele Künstler gewesen, die sich in der Branche noch nicht etabliert haben. McQuarrie hatte zwar schon einen Oscar für sein formidables Drehbuch zu Die üblichen Verdächtigen gewonnen, ein arrivierter Name war er deswegen noch lange nicht. Dass der Mann jedoch weit mehr als nur rhetorisches Talent besitzt, sondern auch in der Lage ist, meisterhaft zu inszenieren, hat er – zum Glück – unlängst mit dem phänomenalen Mission: Impossible - Fallout unter Beweis stellen können.
Was wäre das für ein schwerwiegender Verlust für das Action-Kino gewesen, wenn The Way of the Gun tatsächlich die Karriere von Christopher McQuarrie begraben hätte, wo sie doch noch nicht einmal wirklich gestartet ist? Interessant erweist es sich in der heutigen Retrospektive vor allem, sich einmal vor Augen zu führen, wie ausgereift, elegant und immersiv die Bildsprache der letzten beiden Mission: Impossible-Episoden ausfällt, während The Way of the Gun irgendwo als klassisches Debütwerk fungiert (was er letzten Endes eben auch ist), sich darüber hinaus aber mit künstlerischen Ambitionen belastet, denen der Film zu keiner Zeit gerecht werden könnte. Die Vorbilder von McQuarrie liegen auf der Hand und scheinen nicht nur auf dem Papier unerreichbar: Quentin Tarantino (Reservoir Dogs) und Sam Peckinpah (Wer den Wind sät).
McQuarrie eifert der schroff-druckvolle Visualität von Filmen wie The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz oder Getaway hinterher, um die Hauptakteure simultan dazu in ausladenden Dialogsequenzen über kosmische Zusammenhänge, existentielle Grundbedürfnisse und philosophische Perspektiven schwadronieren zu lassen. Wo in Peckinpahs stilprägenden Fotografien aber eine tiefe Traurigkeit dräute und in Tarantinos Worten eine beachtliche Menschenkenntnis mitschwang, wirkt The Way of the Gun in beiden Aspekten wie reines Ausstellungskino, welches sich nur zu gerne als kreative Machtdemonstration verstehen würde, in Wahrheit aber niemals über den schöpferischen Feingeist verfügt, um sein Genre wirklich durch die Berührung mit übergeordneten Themen zu transzendieren. Nein, The Way of the Gun besitzt bei all der vorgegebenen Härte und der verwinkelten Geschichte immerzu etwas Prätentiöses und Anmaßendes. Am eigenen Größenwahn zu scheitern ist jedoch nicht gänzlich uninteressant.
Christopher McQuarrie hat sich hier schlicht und ergreifend übernommen und damit an seinen eigenen Ansprüchen verhoben; man kann den Fim förmlich von Minute zu Minute deutlicher dabei beobachten, wie er in seine Einzelteile zerfällt, wenn die jeweiligen Handlungstableau einfach nicht mehr ineinandergreifen wollen. Dabei evozieren nicht nur Ryan Phillippe (Shooter) und Benicio del Toro (Sicario) als Killer-Duo bereits äußerlich eine ansprechende Gegensätzlichkeit. Gerade die Performance von James Caan (Der Pate) als alternder Vollstrecker Joe Sarno gibt The Way of the Gun angenehme, fast schon intime Zwischentöne, wenn er sich in einer der besten Szenen des Films von seinem suizidalen Partner Abner Mercer (Geoffrey Lewis, Heaven's Gate) verabschiedet. Ein rigoroser Reinfall mag The Way of the Gun nicht sein, aber er ist ein Paradeexemplar für den Ikarius-Effekt im Kino.
Denn inmitten all der von Konflikten geschwängerten Volten, die die Erzählung aufbereitet, und den Silbe für Silbe durchstrukturierten Gesprächen zwischen Mördern, Bodyguards, Handlangern und Draufgängern hat McQuarrie die Sonne nicht etwa berührt, sondern ist postwendend gnadenlos auf dem harten Asphalt der Wirklichkeit aufgeschlagen. Zu sehr heischt The Way of the Gun nach dem Ikonischen, zu wenig Tiefe kann er entfesseln, wenn er die unkonventionellen Hohl- und Zwischenräume im traditionellen Action-Thriller-Konstrukt aufspüren und mit cleveren Impulsen durchfluten möchte. Umso beeindruckender ist es, dass dieser sich inzwischen nicht allein durch das Verfassen von x-beliebigen Drehbüchern über Wasser hält, sondern wieder tatkräftig daran mitarbeitet, der modernen Filmlandschaft seinen eigenen Stempel in weichenstellender Fasson aufzudrücken. Es wäre dennoch eine Lüge, zu behaupten, diese fehlgleitete Selbstüberschätzung von The Way of the Gun hätte überhaupt nichts Faszinierendes an sich.