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Inhalt

Sechs eiskalte Spezialisten werden unter falschem Namen für einen Juwelendiebstahl angeheuert. Das Unterfangen geht schief - offensichtlich sind die Gangster verraten worden. Zwei sterben am Tatort, Mr. Orange wird schwer verletzt. Im Unterschlupf, einer leerstehenden Lagerhalle, diskutieren die verbliebenen Verbrecher über das Unglück - ohne Resultat. Auch das Foltern eines Polizisten bringt keine neuen Einsichten. Was die ehrenwerten Gentlemen nicht wissen: Ausgerechnet der im Sterben liegende Mr. Orange ist ein Undercover-Cop. Als ein Streit über seine Identität ausbricht, liefern sich die "Reservoir Dogs" ein letztes Gefecht, das keiner überlebt.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wir schreiben das Jahr 1992. Ein junger und ambitionierter Filmliebhaber will seinen großen Vorbildern nacheifern und einen eigenen Film inszenieren, das Skript steht bereits und über mehrere Zwischenstationen findet es seinen Weg zu Harvey Keitel („Taxi Driver“). Der ist davon begeistert, steigt als Darsteller und Co-Produzent mit ein und verhilft dem Film dadurch zu einem Budget von 1,2 Millionen Dollar. Weitere namhafte Darsteller folgen, der Film wird abgedreht, kommt in die Kinos und wird zu einem Erfolg. Nicht übermäßig, aber in Anbetracht des niedrigen Budgets darf man 2,8 Millionen Dollar guten Gewissens als gewaltigen Gewinn bezeichnen und auch die Kritiken gaben Grund zur Freude, nicht überragend, aber durchaus positiv. Der Name des Films war „Reservoir Dogs“, sein Regisseur Quentin Tarantino („Pulp Fiction“). Welchen Ruf dieser Regisseur mittlerweile genießt, welchen Einfluss seine kommenden Filme auf die Filmwelt haben werden und was für ein stilprägendes Werk sein Erstling bereits war konnte damals noch keiner wissen. Der glorreiche Beginn einer großen Karriere.

Die Geschichte von Tarantinos Erstling wirkt auf den ersten Blick merklich simpel. Sechs Männer, eine Bank und ein Überfall der schrecklich schief läuft. Natürlich wäre „Reservoir Dogs“ kein Film von Tarantino, wenn es bei dieser einfachen Geschichte bliebe, es gibt Verräter und Spitzel, Polizisten und Gangsterbosse. Der entscheidende Kniff? Der Diamantenraub wird zu keinem Zeitpunkt gezeigt, der Zuschauer sieht zwar Planung und Folgen aus verschiedensten Blickwinkel, der Raubzug selbst findet jedoch komplett abseits der Kamera statt. Der Treffpunkt, eine alte Lagerhalle, dient als Spielwiese für die unchronologische Erzählung, der Schauplatz an dem es Steve Buscemi („Fargo“), Tim Roth(„Pulp Fiction“), Michael Madsen („Donnie Brasco“) und Co. psychisch wie physisch mit- und gegeneinander zu tun bekommen. Angefüllt mit Verrat, Gewalt und reichlich Irrsinn spinnt Tarantino seinen Film bis zum unausweichlichen Finale stetig weiter und genießt es dabei sichtlich sich in den kleineren Verästelungen aufzuhalten, nur um die eigentlichen Geschehnisse dann noch rasanter weiterzuentwickeln.

Ein derart gelungenes Regiedebüt findet man in der Filmgeschichte nur selten, zwar ist es durchaus üblich, dass sich spätere Markenzeichen schon im Erstling eines Regisseurs herauskristallisieren, im Fall von „Reservoir Dogs“ lassen sich diese jedoch nicht nur erahnen, sondern kommen bereits in perfektionierter Form zum Einsatz. Nicht chronologisches Erzählen, Ausschweifende Gewalt und coole Dialoge sind nur einige Stichwörter, die in diesem Zusammenhang regelmäßig fallen und dabei wird Tarantino auch immer wieder Unrecht getan, indem er auf diese Überbegriffe reduziert wird. Hinter seinen Figuren und Dialogen steckt deutlich mehr als nur oberflächliche Coolness, sie folgen einem klaren Konzept und auch wenn sie sich augenscheinlich um völlig losgelöste Themen drehen, schwingt darin immer ein Stück weit inhaltliche Relevanz mit. Sei es eine notwendige Information für die Story oder auch ein essentielles Teil der Charakterzeichnung, Fakt ist, dass alles einem großen Ganzen dient.

Es gehört einiges dazu die Interaktion und das Aufeinandertreffen der Figuren so willkürlich wirken zu lassen und dem Zuschauer dadurch vorzugaukeln all diese scheinbar vom Zufall ausgelösten Momente lassen sich auf nichts weiter als eine (un)glückliche Fügung des Schicksals zurückführen. Hinter all diesen Momenten steckt Kalkül, was von Tarantino jedoch so sorgfältig verborgen wird, dass es beim Betrachten des Films niemals als solche wirkt. Denn genau hier liegt die große Kunst, die Expertise, die so viele Tarantino Rip-Offs durch ihre Nichtexistenz gnadenlos vorführt. Der entscheidende Kniff, der ein dermaßen durchkonstruiertes Skript so herrlich willkürlich und zufällig erscheinen lässt. Tarantino als Illusionist, der es schafft einer simplen Ausgangslage durch vielfältige Mittel eine komplexe Struktur zu verleihen und letztlich einen wunderbar vielseitigen Film zu schaffen.

Doch es ist auch Tarantino als Filmliebhaber, der die Fans seit jeher begeistert, denn zusätzlich zu allen anderen Qualitäten sind seine Filme auch immer wieder ein buntes Sammelsurium aus popkulturellen Anspielungen und vielschichtigen Elementen anderer Filme. Was ihm gelegentlich als Ideenarmut und dreister Diebstahl vorgeworfen wird, ist in Wahrheit Ausdruck eines tiefen Verständnisses der Filmgeschichte und gleichermaßen auch eine Weiterführung der selbigen. Tarantino huldigt seinen großen Vorbildern auf eine unnachahmliche Art und Weise, ein Merkmal, dass bereits in „Reservoir Dogs“ seinen Anfang nahm. So stammt das Konzept der Namen (Mr. White, Mr. Pink, etc.) etwa aus „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3“ und die Szene mit dem abgeschnittenen Ohr wurde von Sergio Corbuccis Italowestern „Django“ inspiriert. Damit impliziert jede Szene für sich genommen bereits ein Stück Filmgeschichte.

Fazit

Tarantinos Erstling gehört ohne Zweifel zu den besten Regiedebüts der Filmgeschichte und trägt seinen Status als Kultfilm völlig zu Recht. Seine Figuren und Dialoge sind weitaus vielschichtiger als die oberflächliche Coolness, auf die der Film fäschlicherweise oftmals reduziert wird und sorgen in Kombination mit der unchronologischen Erzählweise für einen herrlich willkürlich wirkenden Handlungsverlauf. „Reservoir Dogs“ ist ein rasant fesselndes Heist-Movie, in dem popkulturelle Anspielungen, stilisierte Gewalt und inszenatorische Extravaganz zu einem größeren Ganzen verschmelzen.

Kritik: Dominic Hochholzer

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