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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Eine Hexe prophezeit dem Samurai Taketoki und seinem Kampfgefährten Miki, dass einer von ihnen die Macht im Reiche übernehmen werde. Die Söhne des anderen würden ihm aber auf den Thron folgen. In maßlosem Ehrgeiz tötet Taketoki später den König und Miki. Doch als Herrscher wird er nicht glücklich...

Kritik

Akira Kurosawa, se man, se myth, se legend (man verzeihe das schlechte Englisch). Der japanische Meister, dessen Filmographie eine beachtliche Qualität aufzuweisen hat - und das bemerkenswerterweise von Anfang bis Ende - adaptierte mehrmals Stücke der Literatur für seine Geschichten. Den Russen Fyodor Dostojeskij für Der Idiot und William Shakespeare gleich dreimal für Die Bösen schlafen gut (Hamlet), Ran (King Lear) und Das Schloss im Spinnwebwald (Macbeth). Interessant, aber in der westlichen Hemisphäre wohl irgendwie irgendwo als Frevel angesehen, nutzt der Japaner dabei nie die Lyrik des großen Dramatikers. Auch verlagerte er die Geschichte stets in eine äquivalente Zeit der japanischen Geschichte. Kurosawa traut sich also, Freiheiten zu nehmen. Von seiner Stärke als Filmemacher zeugt es, dass seine Filme dabei nie ihre Herkunft verraten. Die Macht der Sprache ist hier die Macht der Bilder.

Die Geschichte um Macbeth spielt hier im feudalen Japan; wozu Kurosawa selbst meinte, dass er einige Parallelen zwischen der damaligen Zeit in Schottland und Japan sehe. So beginnt er seinen Film auch in den nebelverhangenen Bergen - oder Highlands, wenn man so will. Kurosawa verbindet die beiden Länder hiermit optisch, thematisch und gesellschaftlich. Mit dem Denkmal an die Ruine eines Schlosses beginnt der Film. Das Schloss im Spinnwebwald, der titelgebende Handlungsort, an dem der Großteil des Films spielen wird. Das Denkmal wird vom Nebel komplett verhüllt und offenbart schließlich, als er sich einigermaßen lichtet, das Schloss selbst - die Zeit wurde zurückgedreht. Aus dem Nichts wird mit unsichtbarer Tat das Alles erschaffen; aus der stillen Zeit, lange nach dem Wahnsinn, springen wir mit einem Lidschlag wieder direkt in ihn hinein. Kurosawa verankert die Geschichte zunächst irgendwo nahe der Gegenwart und bringt so einen direkten Bezug zur Universalität und Zeitlosigkeit.

Der Wahnsinn ist etwas Irrationales; er befällt die Menschen und die Natur plötzlich, wie mit einem Blitzschlag. Es ist kein Zufall, dass der erste Herrscher des Reiches im warmen Nebel sitzt, während Washizu (Toshiro Mifune, Die sieben Samurai, abermals äußerst sehenswert) im Gewitterregen durch den Wald reitet, besser: irrt. Er wird bald dem Wahn anheimfallen, beginnend mit dem der Größe. Washizu und sein Kollege Miki (Akira Kubo, Sanjuro) treffen einen Waldgeist, der ihnen die Zukunft prophezeit. Eine eigentlich schmeichelhafte Zukunft, stehen beiden Menschen doch große Dinge und Ehren bevor, die sie jedoch mit Irrungen und Aggression quittieren. Denn die Prophezeiung will Washizu als baldigen Schlossherrn sehen und deutet damit den bevorstehenden Tod, das baldige Verderben und die Tatsache an, dass Washizu zum Mörder werden wird.

„Die Menschen sind seltsam. Sie haben Angst einen Blick in ihr eigenes Herz zu werfen.“

Wie auf der Suche nach dem Schloss, das einerseits die Rettung vor den feindlichen Truppen und andererseits eben eine noch größere Unsicherheit verspricht, sind die beiden auf der Suche nach ihren Bedürfnissen. In dem dichten Wald und dichten Nebel könnte jeder Schritt die Männer gleichzeitig dichter zum Schloss hin und weiter von ihm weg bringen. Jede Tat könnte sie dichter an die Prophezeiung bringen oder sie weiter davon entfernen. Washizu traut sich nicht, in sein Herz zu blicken. Er versperrt seine Bedürfnisse aus Etikette, aus Moral, aus Gefolgschaft seiner Herren und - typisch japanisch - zuvorderst: Aus Ehre. Kurosawa zeigt, wie porös diese Ehre ist, setzt sich einmal ein Gedanke im Kopf eines Kriegers fest. Jedes Versprechen, jede Ethik wird aus dem Fenster geworfen, sobald der Duft der Macht und der Gestank der Zwietracht in der Luft liegen. Der Königsmord wird zum Glücksfall, das Streben nach Macht zur Tugend.

Was ist Ehre wert, wenn man der einzige ehrenwerte Mensch ist? Was ist der Lohn der Moral, wenn alle anderen kein Konzept der solchen haben? Kurosawa inszeniert auch Lady Macbeth, hier namentlich Asaji (Isuzu Yamada, Nachtasyl), als Geist-Erscheinung; eine surreale, psychotische Erscheinung, direkt aus den Tiefen der Dunkelheit. Bilder wie diese im Zusammenspiel mit den schief-schrägen Tönen der Flöten bringen die wankende Moral und verrottete Gedankenwelt der Charaktere aus Angst, Verrat und Gier ins Ohr und in die Nieren des Zuschauers. Wir hören, was wir sehen: Der Untergang naht, denn eine Welt mit nur einer amoralischen Figur ist eine amoralische Welt. Das geht soweit, dass selbst die Toten hier noch instrumentalisiert werden. Washizu ist nichts mehr heilig, sobald er einmal Blut geleckt hat. Mifunes Spiel, unterstützt durch die dunkle Schminke und tiefen Schatten unter den Augen, funktioniert über zahlreiche Grimassen und gefletschte Zähne.

Und dennoch kann sich auch Kurosawas Adaption von ShakespearesMacbeth nicht einer großen Schwäche widersetzen. Zwar zählt Das Schloss im Spinnwebwald zurecht als eine der besten Verfilmungen des Macbeth-Stoffes (zumal es die erzählerischen Schwächen von beispielsweise Justin KurzelsVersion deutlich werden lässt). Und dennoch ist auch diese Adaption nicht vor ihrer passiven Hauptfigur gefeit, die im Mittelteil des Films herumsitzt und innerlich leidet. Selbstverständlich ist das äußerst ansehnlich in Szene gesetzt, natürlich beweist Kurosawa einmal mehr sein Talent für das visuelle Erzählen in Verbindung mit seinem Lieblingsdarsteller. Aber lässt es sich nicht leugnen, dass Washizu, ebenso wie Macbeth, den Großteil der Geschichte sitzt, schreit, fuchtelt - und alle anderen auf sich einwirken lässt. Er ist in der Theorie eine äußerst interessante aber auch unfähige Hauptfigur. Das kann gefallen, muss es aber nicht. Gut, dass Kurosawa ein Meister seiner Zunft ist und diese Tatsache zum Großteil vergessen macht.

Fazit

„Das Schloss im Spinnwebwald“ ist eine von insgesamt drei Shakespeare-Adaptionen des japanischen Meister-Regisseurs Akira Kurosawa. Wie der Filmemacher diese (bereits allseits bekannte) Geschichte in Szene setzt ist einmal mehr äußerst sehenswert. Kurosawa gelingt es, die mystische Komponente der Geschichte zu betonen und den seelischen Leidensweg Washizus mit Hilfe von Toshiro Mifunes gereiftem Spiel greifbar zu machen. Washizu beginnt in einem Wald und endet in einem wilden Dickicht aus Pfeilen. Orientierungslos, wild um sich schlagend, schreiend, mit irrem Blick in den Augen und dem Tod auf der Stirn. Man kann die Leichen im Keller vergraben, aber der Geruch des Todes wird immer an einem haften bleiben.

Kritik: Levin Günther

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