Jede Beziehung kommt mal an den Punkt, an dem das große Kribbeln vielleicht nicht mehr so das ist wie am Anfang. Ein oft natürlicher Prozess, wenn das Aufregende, das Neue zur Gewohnheit wird, Romantik immer mehr durch Routine ersetzt wird. Jetzt zeigt sich meist, wie stark und belastungsfähig das emotionale Band wirklich ist. Wie sehr man bereit ist, sich und sein Leben vielleicht ganz neu auszurichten und ob es ausreicht, um das Altbewerte nicht als selbstverständlich oder gar langweilig zu betrachten. Nicht alles in Frage zu stellen, was vorher unbestritten schien. An diesem Punkt sind nun der introvertierte New Yorker Schriftsteller Erik (Johan „John“ Matton) und seine Freundin Joanna (Linnea Larsdotter) angekommen. Ein spontaner Thailand-Urlaub soll das leicht angeknackste, wenn auch noch nicht ernsthaft bedrohte Verhältnis wieder in Schwung bringen. Doch dann kommt alles ganz anders. Joanna trifft auf ihren alten Freund David (Emrhys Cooper), der selbst gerade taufrisch getrennt ist. Es funkt zwischen den Beiden und der vor den Kopf gestoßene Erik taumelt mehr oder weniger zufällig in die Arme der lebensfrohen Backpackerin Miranda (Astrea Campbell-Cobb). Das lief ja mal gar nicht wie geplant…
Der Schwede Johan Matton versucht sich bei seinem ersten Gehversuch auf der internationalen Bühne gleich als Hauptdarsteller und Drehbuchautor in Personalunion. Zu erzählen hat er das (vermeidliche) Ende einer einst glücklichen Beziehung, die nun unaufhörlich ins Verderben rennt, während sich in immer wieder eingestreuten Rückblenden rückwärts bis zu ihrem Ursprung vorgekämpft wird. „Vorgekämpft“ ist das Stichwort, denn Bis wir uns wiedersehen ist oftmals ein heftiger Kampf. Nicht etwa mit einem erhöhten Kitsch-Faktor, das ist immerhin eine positive Überraschung. Das (deutsche) Blu-ray-Cover könnte mühelos auch jeden Nicholas Sparks-Schund schmücken, mit diesen Schmalz-Schmonzetten hat der Film wenig bis nichts gemein. Vielmehr wird mit der mühseligen Narration gekämpft, der höchst ungeschickten Figurenzeichnung und dem ganz großen Vorbild im Nacken, dass da unmissverständlich heißt Blue Valentine. Die bitter-süße, zu tiefst ehrliche und empathische Romanzen-Sezierung von Derek Cianfrance aus dem Jahr 2010 weißt zu viele thematische wie stilistische Parallelen auf (so auch die sich voneinander wegbewegenden Handlungsebenen), als das sich da von einem Zufall sprechen lassen könnte.
Ein kleiner Blue Valentine vor thailändischer Paradies-Kulisse kann natürlich auch prima funktionieren, doch dafür müsste mindestens ein Durchschnittsmaß von Sympathie oder Interesse für die Figuren wie für deren Handlungsweisen (ohne sie dadurch nur noch unsympathischer zu gestalten) bestehen. Wir erfahren viel zu wenig über Erik und Joanna, selbst am Ende mit dem gesammelten Wissen aller gezeigten Punkte ihrer Vergangenheit sind sie kaum mehr als charakterliche Hülsen, die zwar einen Aufdruck, aber kaum Inhalt besitzen. Oder ihn offenlegen. Da fällt es enorm schwer, den ohnehin nicht sonderlich bewundernswerten Taten (besonders von Joanna) mit einem neutralen, nicht-wertenden Auge gegenüberzustehen. Sie scheint eine egoistische Kuh, die sich wundert das er – ein vorher extrem desinteressiert auftretender Langweiler – nicht begeistert davon ist, wenn sie bei einem alten Freund nächtigt, mitten im Urlaubsparadies ohne Handynetz und Internet, der – na so was – mit den billigsten Maschen der Marke „Ärgerlich, die haben nur noch ein Einzelzimmer“ versucht sein Sixpack an ihr zu reiben, wer hätte das ahnen können? Da kann man ja kaum anders, als dem flotten Charme dieser Arschkrampe zu erliegen, sobald man den Gatten in spe zwei oder drei Tage nicht mehr gesehen hat. Menschlich. Echt? Wer will einem das denn erzählen und dann noch so tun, als müsse man jetzt noch für alles Folgende Verständnis aufbringen?
Der Film verwechselt erbetteltes (und trotzdem nicht vorhandenes) Pseudo-Mitleid mit nachvollziehbaren, tiefen und ehrlichen Emotionen, einen trotzigen Lust-Fick mit verletzen Gefühlen im Chaos vom verwirrten Zuneigungs-Zwiespalt. Spannt öde Schießbudenfiguren vor den Karren eines Anderen (nochmal gerne, weil dieser Film ist wirklich toll: Blue Valentine) und schleift ihn im gemächlichen Bummelschritt durch ein Reisekatalog-Panorama, vor dem es sich bestimmt super drehen lässt. Theoretisch könnte der Plot auch in Wisconsin, Mecklenburg-Vorpommern oder auf Helgoland spielen, aber hey: Wenn alle anderen schon keinen Spaß haben, wir hatten ihn. Das ist immerhin noch verständlich. Und genauso egoistisch wie eigentlich alle in diesem Film.