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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Der Industrielle Pierre Verdier entledigt sich seiner Maitresse, indem er sie aus einem fahrenden Zug stößt. Er wird wegen Mordes angeklagt, letztlich aber wegen Mangels an Beweisen freigesprochen, obwohl der Richter fest an seine Schuld glaubt. Als Verdier wenig später spätabends unterwegs ist, werden die Gassen von Paris und das Haus Verdiers zu Orten der Rache…

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Der Mörder kam um Mitternacht beginnt mit einem wahrhaften Paukenschlag: Ein Mann (Jacques Berthier, Der Freibeuter) stößt eine panisch schreiende Frau bei voller Fahrt aus einem Zug in den sicheren Tod. Mit eiskaltem Blick betätigt er danach die Notbremse.  Was bei vielen Filme ein Höhepunkt wäre, markiert hier erst den Startschuss. Das Verbrechen des Mannes namens Pierre Verdier bleibt nicht unentdeckt und es kommt sogar zur Anklage, aus Mangel an Beweisen muss ihn der zuständige Richter jedoch zähneknirschend freisprechen. Zu deutlich auf der Hand liegt es, dass er seine Geliebte aus Eifersucht und gekränktem Stolz umgebracht hat, da sie für ihn nicht ihren Ehemann verlassen wollte. Umso ungerechter erscheint es, dass er nun als freier Mann in sein luxuriöses Eigenheim zurückkehren darf. Dort wartet jedoch bereits jemand auf ihn: Ancelin (Lino Ventura, Der zweite Atem), der erst hintergangene und nun zum Witwer gemachte Gatte des Opfers. Und auch das ist erst der Anfang zu einer abgründigen Reise durch die Nacht und in die Psyche seiner Figuren.

Regisseur Édourad Molinario errang in erster Linie Berühmtheit durch Komödien wie das rasante Louis de Funès-Vehikel Oscar oder den Travestie-Klassiker Ein Käfig voller Narren. Mit seinem dritten abendfüllenden Spielfilm schuf er eines der letzten Exemplare des europäischen Film Noir, dessen moralische Abgründigkeit ähnlich düster gezeichnet ist wie seine fantastisch ausstaffierten Impressionen des nächtlichen Paris. Leicht hätte man aus der lediglich als Einleitung dienenden Prämisse einen sturen Selbstjustiz-Reißer machen können, der echte Plot beginnt allerdings erst nach dem vollendeten Racheakt. Der von Lino Ventura gewohnt markant wie hier besonders ambivalent verkörperte Protagonist ist an sich kein gewissenloser Mörder, gerät aber in eine prekäre Situation, als sein vermeidlich perfekter Vergeltungsplan plötzlich mit einem Problem versehen wird: Einem Zeugen. Den vom Opfer vorher gerufene Taxifahrer Lambert (Franco Fabrizi, Die Müßiggänger) hatte er nicht auf dem Zettel. Dieser ist sich jetzt noch gar nicht bewusst, dass er einen Mörder eindeutig identifizieren kann und in genau diesen Zeitraum ist Ancelin zu einer Entscheidung gezwungen. Spätestens wenn die Leiche entdeckt und die Tat öffentlich gemacht wird, muss er zwangsläufig auffliegen. Also heftet er sich an die Fersen von Lambert. Noch unschlüssig, wie er vorgehen soll, jedoch schon ziemlich klar, dass es für ihn nur einen Ausweg geben kann. Und dass es für diese Tat keine moralischen Ausflüchte mehr geben kann.

Molinaro inszeniert Der Mörder kam um Mitternacht wie ein entschleunigtes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem die Maus jedoch keinen Schimmer hat, welcher Bedrohung sie ausgesetzt ist. Während die nervöse Anspannung von Jäger Ancelin beim Wettlauf gegen die Zeit jederzeit spürbar ist, herrscht Gelassenheit und Lebensfreude auf der Gegenseite. Schließlich ist Lambert gerade Hals über Kopf in seine Kollegin Liliane (Sandra Milo, Achteinhalb) verliebt und die beiden leben die frisch erblühte Romanze mit Leib und Seele aus. Im Schatten lauert Ancelin, der final immer noch damit hadert, den entscheidenden, aber wohl unausweichlichen Schritt zu gehen. Diese parallel nebeneinander und doch versteckt voneinander stattfindenden, völlig konträren Wahrnehmungen der Situation unterstützen auf raffinierte Art und Weise die fatalistische Stimmung des Films. Da weht eine ordentliche Prise Hitchcock durch die finsteren Gassen von Paris, wenn der Zuschauer immer im Bilde der bedrohlichen Situation ist, die Charaktere - teilweise - jedoch nicht. Die Ruhe vor dem Sturm wird lange hinausgezögert, aber geschickt gesteigert, bis sie sich in einem rasanten, furiosen und äußert drastischen Finale mit aller Macht entlädt. Da macht man keine Gefangenen und versieht den Zuschauer beinah mit dem Gefühl unterlassener Hilfeleistung. Da man alles kommen sehen konnte, aber selbst wenn man dazu in der Lage gewesen wäre, es insgeheim gar nicht hätte verhindern wollen. Zu sehr bedient dieser zutiefst konsequente Finale all das, was Filme dieser Art im Idealfall so faszinierend und nachwirkend macht.

Fazit

Neben seiner beklemmenden Atmosphäre und einer punktgenauen Inszenierung besticht dieses Spätwerk des Film Noir vor allem durch seinen wunderbar ausgearbeiteten Plot. Der sich ständig in Bewegung befindet, einige exzellente Suspense-Momente kreiert und viel Wert auf die Charakterisierung seiner Figuren legt. Nur so kann auch die wahre Tragik der Geschichte ihre volle Wirkung entfalten. Ein oftmals übersehener Geheimtipp.

Kritik: Jacko Kunze

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