In John Hughes' 1980er Jahre Klassiker The Breakfast Club äußert die von Molly Ringwald (Pretty in Pink) gespielte Claire ihre Ängste vor den kommenden Veränderung in einem markanten Satz: „Wenn Du erwachsen wirst, stirbt Dein Herz.“ Dieses Zitat könnte man auch auf Kit (Brie Larson, Captain Marvel) übertragen, obwohl diese ihre Teenager-Phase schon längst verlassen hat, steht sie immer noch an einem Punkt in ihrem Leben, an dem sie sich noch nicht im Klaren darüber ist, wer sie ist. Kit gehört zu den Menschen, die Zeit ihres Lebens darum bemüht sind, einen nicht unwesentlichen Teil Kindlichkeit in sich zu bewahren – was natürlich irgendwann unweigerlich zu Problemen führt. Unicorn Store, das Regiedebüt von Brie Larson, beschäftigt sich nun genau mit diesen Problemen.
Wobei, eigentlich ist Unicorn Store weniger daran interessiert, einen legitimen Lösungsansatz dafür zu finden, wie Protagonistin Kit in der heutigen Welt bestehen kann, ohne das Kind in ihrem Herzen zu verleugen, als vielmehr daran, bisweilen abschätzig auf ihr gesellschaftliches Umfeld herabzublicken. Nachdem Kit aufgrund einer auf die Leinwand geklatschten Farbexplosion, die ihr Selbstportrait darstellen sollte, an der Kunsthochschule gescheitert ist, bemüht sie sich um den angepassten Weg: Sie plündert die Gaderobe ihrer Mutter (Joan Cusack, Ein Mann - Ein Mord) und heuert in einer PR-Firma an, wo sie vor allem damit zu tun hat, den Kopierer zu bedienen und den schmierigen Avancen ihres Vorgesetzten (Hamish Linklater, The Big Short) ausgesetzt ist, der sich ihr selbstverständlich nur deswegen gewogen zeigt, weil er private (respektive männliche) Interessen verfolgt.
Die eigentliche Geschichte, die Unicorn Store erzählt, dreht sich jedoch um eine geheimnisvolle Einladungskarte, die Kit auf den Salesman (Samuel L. Jackson, Pulp Fiction) treffen lässt, der sie mit ihrem größten Traum konfrontiert: Ein eigenes Einhorn. Um sich dafür würdig zu erweisen, muss Kit jedoch einige Bedingungen erfüllen – und im eigentlichen Sinne Ordnung in ihr Leben bringen. Unicorn Store, geschrieben von Samantha McIntyre, die sich zuvor vor allem als Story Editor verdient gemacht hat, offenbart in Bries Larsons Umsetzung jedoch eine seltsame Auffassung davon, was Ordnung bedeuten soll. Eigentlich nämlich begreift sich dieser Film als Plädoyer für Magie, Phantasie und das Fabulieren. Dass Kit, die gesellschaftlich offenkundig nicht kompatibel ist, deswegen Struktur in ihr Dasein bringen muss, scheint inhaltlich ein wenig irreführend und paradox.
Zusammen mit Virgil (Mamoudou Athie, Der Spitzenkandidat), den sie im Baumarkt kennenlernt, macht sie sich nun daran, einen Stall für das Einhorn zu bauen, Heu zu besorgen und natürlich den Glauben daran nicht aufzugeben, dass ihr innigster Wunsch tatsächlich in Erfüllung gehen kann. Dabei erweist sich Unicorn Store als gleichermaßen unausgegoren wie unschlüssig dahingehend, was hier eigentlich wem erzählt werden soll. Für einen kindgerechten Appell immer zu sich selbst zu stehen, ist Brie Larsons Erstlingswerk zu ernst. Für eine veritable Charakter-Studie erweist sich Unicorn Store im Umkehrschluss aber wieder als zu zaghaft und eindimensional. Die Figuren sind zu schablonenhaft, die Vermittlung der (prinzipiell richtigen) Werte bleibt in Plattitüden und Allgemeinplätzen haften. Brie Larson möchte einen flamboyanten Bilderbogen entfesseln, aber ihr fehlt der künstlerische Impuls, wirklich grenzensprengend zu agieren.
Am Ende sitzt Unicorn Store also zwischen den Stühlen und gewinnt bisweilen nur deswegen an Greifbarkeit, weil sich die Darsteller in erwartungsgemäß guter Verfassung präsentierten. Brie Larson gehört ohnehin zu den besten Schauspielerinnen ihrer Generation, ihre stetig wie ganz selbstverständlich erblühende Natürlichkeit zahlt sich auch in diesem Fall erneut aus und gibt dem wenig subtilen und leider durchaus banalen Außenseiter-Märchen Profil und Erdung. In einigen, viel zu seltenen Momenten zeigt die Oscar-Gewinnerin auch ihr inszenatorische Talent und lässt Unicorn Store in bonbonbuntem Regenbogen-Kolorit aufatmen: Eine Präsentation für Staubsauger-Werbung beispielsweise erstrahlt so grell und exzentrisch, dass man für einen kurzen Augenblick meinen könnte, Michel Gondry (Vergiss mein nicht!) hätte auf dem Regiestuhl Platz genommen. Schade, dass der Film so selten ganz bei sich ist.