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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Um 1870 muss Brad Fletcher, ein lungenkranker Geschichtsprofessor aus Boston, der Gesundheit zuliebe nach Texas reisen. Dort wird er von einem Banditenboss, dem Halbblut Beau Bennet, als Geisel bei dessen Flucht genommen. Die beiden so unterschiedlichen Männer lernen sich kennen und allmählich schätzen. Der einst so schöngeistige Fletcher ist immer mehr von der Gewalt fasziniert und wandelt sich zu einem Diktator ohne Skrupel. Als Bennet bei einem Banküberfall gestellt und ins Gefängnis gesperrt wird, übernimmt Fletcher die Führung der Bande.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Beim Thema große Italo-Western fallen meistens die Namen der zwei Sergios: Sergio Leone (Spiel mir das Lied vom Tod) und Sergio Corbucci (Django). Dabei gibt es noch den dritten Sergio: Sergio Sollima (Der schwarze Korsar). Seine drei im selben Zeitraum entstandenen Beiträge dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Der Gehetzte der Sierra Madre (1966), dessen Quasi-Sequel Lauf um dein Leben (1968) und dazwischen Von Angesicht zu Angesicht. Weit weniger bekannt und seltener erwähnt sind sie, qualitativ brauchen sie sich keinesfalls verstecken. Sie lassen sich sogar als die hintergründigsten, intelligentesten Spaghetti-Western bezeichnen, was Sollima hier eindrucksvoll bestätigt.

Schon bei Der Gehetzte der Sierra Madre ging Sergio Sollima subtiler vor als im Genre sonst üblich. Mit den Mitteln des Westerns erzählte er einen zeitlich mühelos auch anders ansiedelbaren Polit- und Verschwörungsthriller, was er mit seinem inhaltlich daran angelehnten Film Revolver – Die perfekte Erpressung später selbst verwirklichte. Auch der Handlungsschwerpunkt von Von Angesicht zu Angesicht nistet sich im Westernkorsett ein, ließe sich auch losgelöst aus ihm mit anderen Voraussetzungen interpretieren. Dementsprechend wird nicht allzu großer Wert auf Action und Schießereien gelegt, was ungeduldige und an schlichteren Inhalten interessierte Zuschauer abschrecken könnte. Mit ruhiger Hand investiert Sollima viel Zeit in den Aufbau der Story und besonders die Entwicklung seiner Figuren, was für die Wirkung des Films unabdingbar ist (die knapp 20 Minuten längere Extended Version ist der internationalen Kinofassung auch deshalb klar vorzuziehen). Hinter der gewohnten Kulisse verbirgt sich eine vielschichtige Charakter-, Gewalt-  und Sozialstudie, die weit über die erzählerische Tiefe des Genrestandards hinausgeht und Von Angesicht zu Angesicht damit tatsächlich zu einem der wichtigsten und besten Italos macht.

Gian Maria Volontè – in Für ein paar Dollar mehrnoch als dreckiger Revolverheld und pechschwarzer Schurke aufgetreten – gibt den kultivierten, pazifistischen und (natürlich) gebildeten Universitätsprofessor Fletcher aus dem Norden, dem es laut seines Vorgesetzten immer am nötigen Ehrgeiz fehlt, sich aufgrund von Passivität nie seiner Möglichkeiten entsprechend positionieren konnte. Gesundheits- und Klimabedingt verschlägt es ihn in den noch wirklich wilden Westen, wo er zur Geisel des flüchtigen Bandenchefs Bennet (Sollima-Ziehsohn Tomas Millian, Don’t Torture a Duckling) wird. Trotz dieser Zwangslage entwickelt sich schnell eine Sympathie zwischen den beiden, was sich wie ein roter Faden durch viele Arbeiten des Regisseurs zieht: Die Beziehung zweier ungleichen Männer, zwischen Freundschaft, Loyalität, Verrat und Rivalität. Als seine Gefangenschaft eigentlich beendet ist, kann und will Fletcher gar nicht mehr zurück in sein altes Leben. Viel zu sehr wird er angezogen von diesem Abenteuer, dem Gefühl ungezwungener Freiheit weit weg der Normen und gutbürgerlichen Werte, dem Reiz vermeidlich wahrer Männlichkeit und ist – auch wenn er es anfangs nicht eingestehen will – nicht zuletzt ungemein fasziniert von der Gewalt, die er vorher noch als wohlerzogener, gelehrter Yankee kategorisch abgelehnt hat.

Im weiteren Verlauf findet langsam ein drastischer, augenscheinlich verblüffender und dennoch konsequenter wie nachvollziehbar vorgetragener Prozess statt. Fletcher mausert sich vom geduldeten Gast und Verbrechens-Tourist nicht nur zum Mitglied der Bande, sondern – endlich mit dem vorher bemängelten, fehlenden Ehrgeiz getrieben – direkt zu ihrem neuen Anführer. Er nimmt sich nun was er begehrt, exemplarisch beginnend mit einer Vergewaltigung. Von nun an gibt es kein Zurück mehr und seine Fähigkeiten eröffnen den Outlaws ganz neue Möglichkeiten. Er bringt Raffinesse, taktisches Kalkül und weitdenkendes Planen in den vorher eher strukturlosen, primitiven Haufen, putscht damit indirekt seinen Freund und geheimes Vorbild Bennet weg von der Spitze, um selbst mit später ungeahnter Grausamkeit Platz auf dessen Thron zu nehmen. Die hier geschilderte Figurenzeichnung ist bemerkenswert clever, denn neben Fletcher offenbaren auch die anderen Protagonisten vorher nicht herauszulesende Facetten, die sich deutlich von üblichen Schwarz-Weiß-Zeichnung abheben. Der gestürzte Häuptling entdeckt seinen humanitären Gerechtigkeitsdrang und selbst ein verlogener Spitzel (William Berger, Sabata) muss feststellen, dass es zwischen Gut und Böse, Recht und Unrecht viele Grautöne gibt, die sein Handeln und Denken entscheidend beeinflussen.

Der Mensch ist nicht von Grund auf gut oder schlecht, er ist oftmals ein Produkt der Umstände, seines Milieus und seiner Sozialisierung. Mal so, mal so. Es gibt immer Schlüsselmomente, die ein Umdenken auslösen können oder Verhaltensweisen hervorrufen, die vorher undenkbar schienen. Von Angesicht zu Angesicht präsentiert sich als ein Psycho- und Soziogramm, befeuert von der tief in uns verwurzelten Faszination von Macht und Gewalt. Von Selbstverwirklichungen und dem Streben nach Anerkennung, Freiheits- und Abenteuerdrang. Und wie instabil ein Charakter werden kann, wenn sich die Rahmenbedingungen und das Wertesystem schlagartig ändern. Ein – wie bereits erwähnt – vom Genre völlig isoliert zu betrachtender Inhalt, der ihn zu einem Prunkstück eben dieses macht.

Fazit

Eine narrativ und inhaltlich komplexe Perle seines Sujets. Hebt den Italo-Western aus den Angeln der schlichten Unterhaltung und versetzt ihn in auf eine andere Eben. Von Sergio Sollima großartig inszeniert, speziell von Volontè fantastisch gespielt und musikalisch markant unterlegt von Ennio Morricone, da stimmt einfach alles. In seinem Stellenwert oft sträflich vernachlässigt.

Kritik: Jacko Kunze

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