„In deiner Ecke des Waldes auf die anderen zu warten, bringt nichts. Manchmal musst du zu ihnen gehen.“
-Winnie Puuh-
Die Nachricht, dass Winnie Puuh und Ferkel erstmals als Horrorfilmfiguren auf der Leinwand erscheinen, schlug im Jahre 2022 wie eine Bombe ein. Mit dem Resultat waren allerdings wohl nur die wenigsten zufrieden, weil Winnie the Pooh: Blood and Honey recht billig wirkte und den Erwartungen der Zuschauer nicht so ganz gerecht werden konnte. Sicherlich hatte der Film ein paar Lichtblicke und allein die Idee aus Winnie Puuh und Ferkel gruselige Killer zu machen ist definitiv Goldwert. Doch an der Umsetzung haperte es, weil man mit dem Budget in Höhe von 20.000 Pfund nun mal keinen erstklassigen Horrorfilm drehen kann. Der Wille war da, aber es mangelte leider an Geld. Zum Glück kam der Film immer noch bei genug Zuschauern an, sodass für Teil 2 viel mehr Schotter zur Verfügung stand und mit einer Summe in Höhe von 250.000 Pfund kann man schon einiges mehr anfangen und einen großen Teil des Geldes investierte man diesmal in die Masken, die zwar immer noch nicht perfekt sind und Puuh wie den Grinch aussehen lassen, aber gerade im Vergleich zu Teil 1 sich dennoch sehen lassen können, weil sie jetzt viel detailreicher sind und nicht wie einfache Masken aus dem Halloweenladen wirken. Das ist schon mal der erste Pluspunkt für Winnie the Pooh: Blood and Honey 2.
Der zweite Pluspunkt sind die Gore- und Splatterelemente, die weitaus gelungener sind als im ersten Teil. Man zeigt zwar nicht jeden Mord ganz genau und deutet manche Gräueltaten durch Schattenspiele an, doch die Morde, die man zeigt, machen auf jeden Fall Lust auf mehr. Die Wunden und Masken sehen schön eklig aus und auch wenn die Verletzungen der Opfer anatomisch vielleicht nicht hundertprozentig korrekt sein sollten, kann das sicherlich kein Filmkritiker beurteilen, sondern nur ein Serienkiller oder ein Chirurg. Wenn man allerdings nicht zu beiden genannten Berufsgruppen gehört, sollte man sich mit seiner Kritik nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, weil man sowieso nicht richtig beurteilen kann, ob die Durchführung der Morde mit den dazugehörigen Verletzungen im einzelnen anatomisch korrekt abläuft, sondern man kann nur einschätzen, welches Gefühl die Taten von Winnie Puuh, Ferkel, Eule und Tigger vermitteln und es ist definitiv ein schönes Gefühl. Die plüschigen Killer brechen ihren Opfern die Knochen, trennen die Köpfe vom Rumpf ab und stellen jede Menge brutaler Dinge an, die gar nicht mal so übel aussehen.
Nach dem ganzen Lob für Winnie the Pooh: Blood and Honey2 kommt jetzt allerdings noch ein großes Aber! Und dieses „Aber“ bezieht sich ganz klar auf den Plot von Teil 2, der nicht nur massiv Teil 1 widerspricht, sondern ihn sogar vollkommen negiert. Im ersten Teil werden die plüschigen Freunde von Christopher Robin erst böse, weil er aufs College geht und sie ganz allein lässt, in der Fortsetzung wollen die Macher jedoch darauf hinaus, dass Winnie Puuh, Ferkel und Co. schon zu Zeiten von Christopher Robins Kindheit „böse“ waren. Der arme Christopher Robin hat es nur verdrängt und findet es mithilfe seiner Therapeutin im 2. Teil heraus. Doch auch wenn man von dieser Prämisse ausgeht, macht es einfach keinen Sinn, weil in Teil 1 nicht Christopher Robin, sondern die allwissende Erzählerstimme aus dem Off erzählt, dass Winnie Puuh und Ferkel erst böse wurden, nachdem Christopher Robin sie verlassen hat. Der Erzähler hätte es aber wissen müssen, dass die beiden von Anfang an schon blutrünstige Bestien waren.
Der Produzent und Darsteller von Christopher Robin, Scott Chambers (Innocent) erklärt es folgendermaßen: „Teil 1 ist eigentlich ein Film im Film“. (Quasi wie „Stab“ bei Scream 2) Das bedeutet also, dass im 1. Teil die Lebensgeschichte von dem „echten Christopher Robin“ aus Teil 2 verfilmt wurde. Das erklärt, warum Christopher Robin jetzt von einem anderen Schauspieler gespielt wird und warum die Masken von Winnie Puuh und Co. ganz anders aussehen. Diese Erklärung ist ganz sicher nicht perfekt und man hätte es viel eleganter lösen können, weil man diese Vorgänge sicherlich nicht auf Anhieb versteht, wenn man das Interview mit dem Produzenten diesbezüglich nicht kennt. In den Bonusmaterialien entschuldigt er sich für Teil 1 und bringt zum Ausdruck, dass alle Mängel des Films mit dem begrenzten Budget zusammenhingen. Da er schon dabei ist, liefert er auch Erklärungen ab, warum Teil 2 vielleicht auch nicht gerade perfekt geworden ist.
Zum einen verließ der Set- und Kostümdesigner 4 Tage vor dem Beginn der Dreharbeiten die Produktion und hinterließ dem Regisseur Rhys Frake-Waterfield (Firenado) und dem Produzenten/ Schauspieler Scott Chambers jede Menge ungelöster Probleme. Statt sich auf die Regie zu konzentrieren, musste der Regisseur nun so schnell wie möglich die Requisiten basteln und Chambers hatte keine Zeit für die Schauspielvorbereitung, weil er für die Kostüme zuständig war und in 3 Tagen 150 Raver Outfits finden musste. Außerdem war der Regisseur während der Dreharbeiten krank und musste sich sogar wiederholt übergeben, was hoffentlich nicht auf den Film zurückzuführen war. Es scheint so, als ob die Dreharbeiten von Winnie the Pooh: Blood und Honey 2 nicht unbedingt unter einem guten Stern standen. Wenn man sich dann mit diesem ganzen Wissen im Hinterkopf den Film ansieht, muss man sagen, dass sowohl Rhys Frake-Waterfield als auch Scott Chambers den Umständen entsprechend einen guten Job gemacht haben.
Wer das Gegenteil behauptet, sollte mal probieren, einen Horrorfilm mit Splatter und Goreeffekten zu drehen, bei dem die Last einer Produktion hauptsächlich auf den Schultern von 2 Personen liegt, die nicht nur ihren eigentlichen Job machen, sondern diverse andere Jobs am Set selbst übernehmen, um dieses Projekt auf die Beine zu stellen. Winnie the Pooh: Blood and Honey 2 ist sicherlich kein Film für die Kritiker, sondern für Filmfans (insbesondere Independent Horrorfilm Fans), die weitaus leichter zufriedenzustellen sind. Das Schauspiel ist nicht unbedingt erstklassig und der Film hat seine Längen, aber dafür, dass der Produzent und der Regisseur während der Dreharbeiten durch die Hölle gingen, ist das Ergebnis gelungen. Es macht nun mal einen Unterschied, ob man für einen Film 30 Millionen oder nur 250.000 zur Verfügung hat. Die Macher von Winnie the Pooh: Blood an Honey 2 erweisen sich auf jeden Fall als außerordentlich kreativ und sie werden hoffentlich mit mehr Budget weiter machen, bis die Märchenfiguren alle zu Hackfleisch verarbeitet haben.