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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Bushido, Deutschlands erfolgreichster Rapper, befindet sich gerade auf Tournee, als er, an seinem 29. Geburtstag, eine Postkarte seines verhassten Vaters erhält. Diese ist für ihn der Auslöser, auf sein Leben als Ghettokind, seine schwere Jugend, seine Tätigkeit als Drogendealer und den Beginn seiner Rapkarriere zurückzublicken...

Kritik

Es vergeht eine ganze Stunde, bis Zeiten ändern Dich endlich einen Schauspieler aufbietet, der sogar in diesem auf ganzer Linie gescheiterten Film irgendwie funktioniert. Dabei handelt es sich um Moritz Bleibtreu (Nur Gott kann mich richten), einem der besten Akteure, die Deutschland zu bieten hat. Der mit österreichischen Wurzeln ausgestattete Darsteller gibt sich in der Rolle des Arafat Abou-Chaker die Ehre; und wer sich darüber mokieren möchte, dass Bleibtreu ja keinerlei äußere Ähnlichkeit mit dem berühmt-berüchtigten Kopf des palästinensisch-stämmigen Familienclans besitzt, der unterschätzt erneut das Charisma des Sprösslings der großen Monica Bleibtreu (Der Stellvertreter). Eine Rezension indes über die filmische Biographie Bushidos ausgerechnet mit dem Lob einer (natürlich nicht unbedeutenden) Nebenrolle zu beginnen, scheint indes offensichtlich bezeichnend für die Qualität des eigentlichen Films.

Von Qualität nämlich kann in dieser Bernd-Eichinger-Produktion keine Rede sein. Warum dieser Film gemacht wurde, liegt auf der Hand: Alle Beteiligten haben das große Geld gewittert. Einen Kinofilm über Bushido, mit Bushido, irgendwie auch von Bushido. Das lockt nicht nur Scharen von Fans, sondern auch die Medien. Bushido nämlich hat sich einen festen Platz in der wenig differenzierten Berichterstattung über die nationale Rapkultur gesichert: Einige seiner Lieder sind auf dem Index gelandet, weil ihm Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Gewaltgeilheit nachgesagt wird. Als (un)gern gesehener Talkshowgast darf sich der tunesische Sprachkunstartist dann auch immer wieder im Kreuzfeuer selbsternannter Moralapostel in seiner Funktion als Bürgerschreck verteidigen. Der Ruf Bushidos ist ein polarisierender – und allein dieser Umstand erweist sich für den Musiker natürlich als wunderbares Marketing.

Zeiten ändern Dich findet sich als Produkt also in einer Win-Win-Situation wieder, sowohl Bushido als auch der namhafte Produzent können sich sicher sein, dass über ihren Film gesprochen wird – und dass er dementsprechend auch die entsprechenden Besucherzahlen zusammenbekommen. Die Kunst allerdings zieht den Kürzeren. Merklich vor der Folie des sehenswerten 8 Mile entstanden, besitzt Zeiten ändern dich in Deutschland tatsächlich eine gewisse Pioniergeist-Funktion, weil er der erste Film dieses Landes ist, der sich ganz explizit den HipHop zur Thematik gemacht hat. Das könnte dem Werk von Uli Edel (Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhofs Zoo) den Anschein einer Daseinsberechtigung einräumen, hätte sich Zeiten ändern Dich denn nur ansatzweise darum geschert, sich der oftmals schlecht beleumundet und inzwischen erfolgreichsten Musikrichtung aufrichtig zu nähern, sprich, sie dem Publikum wirklich näherzubringen.

Stattdessen aber ist Zeiten ändern Dich darauf versessen, Bushido ein Denkmal zu errichten und all die Kritik, die seine Person mal mehr, mal weniger verdient in den Jahren seines Schaffens erfahren hat, durch traumatische Erfahrungen in der Kindheit zu legitimieren. Bedeutungsschwanger liest der „Rüpelrapper“ aus dem Off die zu 90% gelogenen Phrasen seiner Autobiographie ab und spielt sich selbst derart unbeholfen, dass wir über die Performance von Daniel Küblböck in Ulli Lommels Daniel – Der Zauberer noch einmal reden müssen. Vielleicht war dieser Meilenstein der deutschen Kulturlandschaft doch subversiv gemeint? In Zeiten ändern Dich aber gibt es keinen doppelten Boden, es gibt kein Augenzwinkern, es gibt nur Klischees über Klischee, unfreiwillige Komik in jeder Szene und einen pädagogisch-wertvollen Überbau, der einem die Schamröte ins Gesicht treibt.

Am Ende nämlich geht es um Vergebung. Und Loyalität. Und Respekt. Bushido vergibt seinem Vater und hofft inständig darauf, dass auch die Massen ihm dafür vergeben, sich ab und an mal im Ton vergriffen zu haben. Schließlich hat sein Erzeuger seine Mutter immer wieder verprügelt. Schließlich war er in der Besserungsanstalt. Schließlich hat er einen mehrtätigen Gefängnisaufenthalt hinter sich. Er hatte doch keine andere Wahl, bei den Erfahrungen, die er schon als Kind machen musste. Genau. All die Attribute, an die Zeiten ändern Dich bedeutungsschwanger appelliert, hat der echte Bushido nie in sich vereint. Die Gerüchte (eine Untertreibung), dass der Rapper ein hinterfotziger Quacksalber sein soll, der nicht einmal ein Drittel seiner Texte selber geschrieben hat, reißen nicht ab. Ganz im Gegenteil: Sie werden mehr und mehr bestätigt.

Aber warum aufregen? Denn, so dilettantisch, hölzern, undifferenzierte und realitätsfremd dieser Film auch sein mag, gerade durch seine künstlerische Hilflosigkeit auf allen Positionen, gewinnt Zeiten ändern Dich ein nicht zu verachtendes Unterhaltungspotenzial. Quasi das Phänomen des Autounfalls: Man muss hinsehen. Man muss gaffen. Und irgendwann, wenn man tief genug in diesen Abgrund geblickt hat, entwickelt man eine Art Schadenfreude gegen sich selbst und labt sich an den Schmerzen, die man sich durch dieses Machwerk geflissentlich aussetzt. Ein Masochismus, der dadurch gestillt wird, mitanzusehen, wie ein zwar hochgradig bekannter, musikalisch aber selten relevanter Rapper durch dieses deutsche Märchen tölpelt und sich der festen Überzeugung hingibt, eine Geschichte mitzubringen, die wirklich erzählenswert wäre. Die wirklich kinotäuglich wäre. Tja, ein Hoch auf Bushido. Dem König der Narren.

Fazit

Mit "Zeiten ändern Dich" beschmutzt Uli Edel nicht nur seine mit einigen Klassikern bestückte Vita. Dieses unreflektierte Bushido-Denkmal treibt einem aufgrund seiner künstlerischen Hilflosigkeit die Schamröte ins Gesicht: Unfreiwillige Komik, miserables Schauspiel und unangenehm bis verquer bedeutungsschwanger. Aus diesem Versagen auf ganzer Linie ergibt sich aber auch ein nicht zu leugnender Unterhaltungswert. Wer sich mal wieder köstlich amüsieren möchte, der ist bei diesem Machwerk an der richtigen Adresse.

Kritik: Pascal Reis

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