Zum zehnjährigen Todestag: Die besten Filme von Michelangelo Antonioni
Das Leben kann manchmal grausam sein - und so kam es, dass vor zehn Jahren (am 30. Juli 2007) nicht nur Ingmar Bergman von uns gegangen ist (mehr dazu hier), sondern auch ein zweiter der ganz großen europäischen Autorenfilmer seine Augen für immer geschlossen hat. Michelangelo Antonioni, ein Koloss des Weltkinos, den wir an dieser Stelle mit seinen zehn besten Filmen ehren wollen.
Michelangelo Antonioni zwischen Italienischem Neorealismus und poetischer Entfremdung. Eine interessante Mischung aus Roadmovie, Drama und Sinnsuche, die der italienische Regisseur in aussagekräftige schwarz-weiß Bilder packt. Kein Meilenstein, aber ein sehr sehenswerter Auftakt einer grandiosen Schaffensperiode.
Mit der Hilfe von Wim Wenders konnte der zu Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits halbseitig gelähmte Antonioni den Episodenfilm realisieren. Ein etwas melancholisches Werk über Begegnungen, Entdeckungen, Enttäuschungen. Und immer stehen Frauen im Zentrum, zugleich aber auch die unterschiedlichen Orte, an denen die jeweiligen Geschichten stattfinden.
Der erste Langfilm von Michelangelo Antonioni, der typische Themen des Neorealismus aus seinen späteren Werken mit Einflüssen des Film noir verbindet: Düstere Nachtaufnahmen, ein Detektiv, ein Geheimnis und eine Geschichte um Mord aus Liebe. Doch gleichzeitig spielt Antonioni mit der sozialen Diskrepanz zwischen Arm und Reich - denn auf ihre eigene Art sind beide Seiten unglücklich
Kaum ein Film bringt das Lebensgefühl der Hippiebewegung besser auf den Punkt als Zabriskie Point. In gewohnt prägnanten Bildern behandelt Antonioni typische Themen wie die Entfremdung des Individuums und sorgt nebenbei mit seinen antiamerikanischen Spitzen für einen sehr interessanten Hollywoodfilm. Ästhetisch perfekt durchkomponiert ist Zabriskie Point ein Film für Herz und Hirn.
Liebe 1962 ist auf seine eigene Art und Weiße ein überaus runder Film, beginnt und endet er doch gleichermaßen mit dem Ende einer Liebe. Und doch fühlt sich jenes Ende kurz vor dem totalen Stillstand wie ein Anfang an, ein Sonnenuntergang, der etwas völlig Neues zutage fördert. In einem Film, in dem der finanzieller Verlust stärker als der menschliche wiegt, ist das nur konsequent. Und mittendrin Antonioni, der dieser Sehnsucht immer wieder eine unglaubliche Poesie abringt.
Auch bei seinem ersten Farbfilm bleibt sich Michelangelo Antonioni treu und nutzt die Möglichkeiten des Mediums gekonnt, um seine gewohnt tiefgreifende Reflektion über Einsamkeit und Entfremdung in aussagekräftige Bilder zu kleiden. Die rote Wüste behandelt menschliches Leben kurz vor dem totalen Stillstand, der unwiderruflichen Abkehr jeder Sinn- und Werthaftigkeit. Erschreckend niederschmetternd und dennoch so poetisch, dass oftmals nichts Anderes übrigbleibt, als mit offenem Mund zu staunen.
In Michelangelo Antonionis Die mit der Liebe spielen wird eine zerklüftete Insel zum ultimativen Symbol der Einsamkeit. Mit formaler Präzision vermisst der Regisseur die Leere, den Stillstand, die Abwesenheit jeglicher Gefühle. Die Rahmenhandlung über eine erfolglose Suche wird zum Sinnbild für die Perspektivlosigkeit einer – vielleicht jeder – Generation, die es sich zwar unmöglich eingestehen kann, aber letztlich doch irgendwie spürt, dass man die Beständigkeit der Liebe nicht erzwingen kann.
Der Tod ist allgegenwärtig. Michelangelo Antonioni hat mit Beruf: Reporter im Prinzip einen Film über den Tod und die Notwendigkeit des Sterbens gedreht. Nachdem kurzzeitig der Anschein erweckt wird, Beruf: Reporter würde sich festen Genre-Gesetzmäßigkeiten hingeben, transzendiert Antonioni die Form des Films gnadenlos, entfaltet sein gewaltiges Inszenierungsregister und entwirft eine zutiefst philosophische Meditation über einen Suchenden, der finden wird, wenn er bereit ist, den Körper vom Geist zu trennen. Große Kunst.
In Die Nacht muss ein voneinander entfremdetes Pärchen die schmerzhafte Erfahrung machen, dass Zärtlichkeit oftmals nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Schon das ziellose Treiben durch ein baufälliges Stadtbild schickt die Perspektiv- und Ausweglosigkeit der bröckelnden Beziehung voraus. Wenn dann in einer gläsernen Villa die Blicke nur noch verschwommen durch Scheiben und Spiegel dringen, dann wird die Unmöglichkeit zwischenmenschlicher Verbindungen schmerzhaft deutlich.
Der Protagonist erhascht einen vagen Einblick in seine künstlerische Unfruchtbarkeit. Am Ende findet er sich damit ab und überlässt das Spielfeld den Schöpferischen, den Pantomimen - und Antonioni.