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Imperious

Kritik von Imperious

"Father James Lavelle: I think there's too much talk about sins and not enough about virtues." So rau wie die malerischen Landschaften und so spröde wie die Klippen, auf denen Brendan Gleeson, dieser solide, aber doch wettergegerbte Fels in der Brandung steht, während die verbliebenen Tage vom Rest seines Lebens ihn wie die aufschäumende Gischt umpeitschen und dabei nie gänzlich zur Ruhe kommen lassen. "Calvary" (was in etwa so viel wie Golgatha, Schädelstätte bedeutet) präsentiert sich deutlich reifer als noch der liebenswert verschrobene Buddy-Spaß, den John Michael McDonagh mit seinem Regiedebüt "The Guard" vorlegte. Zwar ziehen sich ab und an durchaus Spurenelemente des selben, garstigen Humors, den im Übrigen schon den auf Anhieb kultverdächtigen "Brügge sehen...und sterben?" seines Bruders Martin McDonagh auszeichnete, durch diesen Streifen, doch überwiegt nach und nach die melancholische, nachdenklichere Note der geistigen Vorgänger. Fürs blockbusterverwöhnte Publikum mag "Calvary" mit seinem manchmal etwas zu gemächlichen Tempo und seiner Unaufgeregtheit, mit der man sich einem denkbar heiklem Thema widmet, schlichtweg zu sperrig und eher schwer verdaulich daherkommen. Trotz etwas Leerlauf gelingt es McDonagh jedoch, eine intensiv spürbare Atmosphäre der stetigen Ungewissheit aufzubauen. Father James Lavelle hat während der siebentägigen Passion nicht nur seinen Frieden mit Gott, sondern auch mit der Welt zu machen. So schreitet der Zuschauer mit Lavelle auf seinem ganz persönlichen Kreuzweg, sucht nach Sinn und Sinnlosigkeit in dieser irischen Gemeinde, die von allerlei unliebsamen Gemütern bevölkert ist. Unter anderem gilt es dabei, auch die nicht mehr allzu tadellose Beziehung zu seiner Tochter Fiona zu bereinigen, die gerade erst ihren ersten Suizidversuch unternommen hat. Obwohl diese Geschichten vornehmlich am Wegesrand erzählt werden, ist es doch bewundernswert, wie sich der raubeinige, aber fürsorgliche James in die Zwistig-und Widrigkeiten seiner Schäfchen untereinander zusehends verwickeln lässt. Dem Publikum wird unterdessen schnell klar, dass es wohl kaum nach dem altbewährten Prinzip klassischer Whodunit-(oder besser gesagt Whowilldunit?)Krimis möglich sein wird, die Identität des potenziellen Peinigers im Beichtstuhl aufzudecken. Derer ist sich der kantige Pater hingegen zwar bereits zu Beginn vollkommen bewusst, doch ist James auch pflichtgetreu durch das Beichtgeheimnis von vornherein zu absoluter Verschwiegenheit und damit zum Passiven verdammt. Auch wenn es der einmal mehr famose, ruppig-irische Charmebolzen Brendan Gleeson ist, der den Film, nun völlig vom ewigen Nebendarsteller-Abonnement befreit, mühelos auf seinen breiten Schultern trägt, so ist der Cast gespickt mit dem einen oder anderen bekannten Gesicht von der grünen Insel, was es mittlerweile auch nach Hollywood geschafft hat. Erwähnt sei hier vor allem Kelly Reilly (bekannt aus den Guy Ritchie Sherlock Holmes Verfilmungen oder Robert Zemeckis' „Flight“), für Serienfans des US-Quality TV Senders HBO gibt es ein Wiedersehen mit Aidan Gillen, auch wenn die optisch frappierende Ähnlichkeit zu seiner Rolle in "Game of Thrones" den Eindruck erweckt, als sei er bei der aktuellen Staffel in den Drehpausen mal eben ans Set gehuscht. In vielen ruhigen Passagen und in Bildern, welche bei Außenaufnahmen eine Art triste Schönheit zutage fördern, die durch den fast schon opernhaften Score von Patrick Cassidy noch unterstrichen wird, schafft es der Film, uns zum Nachdenken zu bewegen. Unübersehbar werden die Missstände und deren mitunter systematische Vertuschung innerhalb des Klerus angeprangert. Bezieht man hierbei noch Irland als Schauplatz mit ein, welches seit Beginn der 90er Jahre durch ans Licht der Öffentlichkeit geratene, zahlreiche Missbrauchsfälle beispielsweise in katholischen Bildungseinrichtungen bis heute konstant in den Schlagzeilen vertreten ist, lässt sich aus McDonaghs Film beinahe so etwas wie die blanke Wut herauslesen, obgleich er nie wirklich Partei für mutmaßliche Opfer bzw. Täter ergreift. So wird einem nicht zuletzt auch die jeglichem Sinn entfremdete Absurdität des Ganzen bewusst, wenn ein kindheitstraumatisiertes Opfer, das in die Täterrolle wechselt, die öffentliche Meinung eben genau dadurch ins Wanken bringen und schockieren will, dass er ein vollkommen unbeteiligtes Unschuldslamm schlachtet und für die Schandtaten unzähliger Anderer büßen lässt. Natürlich ist einiges mit religiösen, geradezu biblischen Überdeutlichkeiten aufgeladen, allerdings niemals so, dass der unglückseelige Sündenfall ins plakative Pathos eintritt. Gott sei Dank. Fazit: „Calvary“ ist beileibe kein einfacher Film. Eine pechschwarze Komödie, bei der einem jegliche Sicher-und Lockerheit Stück für Stück abhanden kommen und das Lachen irgendwann unweigerlich im Halse stecken bleiben wird. Zugleich aber auch eine bittere Studie über Schuld und Sühne, aus der Perspektive eines Mannes, der nicht in seinem Glauben an Gott, jedoch an dem an das grundsätzlich Gute im Menschen verzweifelt. "Fiona Lavelle: What would be your number one? Father James Lavelle: I think forgiveness has been highly underrated."

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