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RinX

Kritik von RinX

Gesehen: Mai, 2008

Diese Kritik enthält Spoiler.

“…사랑해요…..오대수…” Die wohl gewaltigste Schlussszene aller Zeiten. Dae-su hat einen Teil seiner Persönlichkeit verloren (Monster), steht zerrütet und ausdruckslos da, umarmt von seiner Mi-do. Sie flüstert “Ich liebe dich, Oh Dae-su”, tränen laufen über ihre Wange und man sieht ein letztes mal Dae-sus verzerrten Gesichtsausdruck undefiniert zwischen Glück, Qual und Einsamkeit bevor die Kamera ihre Aufmerksamkeit dem Schweigen der schneebedeckten Berge schenkt und eine Oboe die schwermütige Melodie von The Last Waltz anstimmt. Es ist auch jene Szene, die den Film besser zusammenfasst, als Worte es je könnten. Denn Oldboy ist letztlich nichts anderes als eine Geschichte über Liebe. Jedoch keine Ode an sie. Nichts schönes, herzerwärmendes, was für ein Publikum, dass durch das moderne Kino zu sehr an leicht verdauliche Sensationsfilmchen gewöhnt ist, die Abrundung eines gemütlichen Abends darstellt. Oldboy muss mit dem analysierenden Auge betrachtet werden, muss dechiffriert und verstanden werden. Warum maßen wir uns an, etwas so tief menschliches wie Liebe einzugrenzen? Zu sagen, welche Liebe sein darf und welche nicht. Welche falsch ist und welche mit der gesellschaftlichen Norm konform geht? Ein heikles Thema, das schon so alt ist wie der Mensch selbst und schon Generationen vor Chan-wook Park beschäftigte. Inzest, Pädophilie, Homosexualität. Viele Regisseure machen es sich in dieser Hinsicht zu einfach, stellen dem Guten das Böse gegenüber und kategorisieren durch. Kanten werden rund gelutscht, Reibeflächen glatt poliert und der Plot heruntergedummt, sodass am Ende keinerlei Nährwert für weiterführende Überlegungen bleibt und man sich den Film hätte sparen können. Park Chan-wook scheint von dieser Entwicklung ebenfalls gelangweilt und gibt erstaunlich wenig auf konventionelle Spielereien. Koreanisches Kino ist sehr jung und erschreckend wenig beeinflusst durch das chinesische, taiwanesische oder japanische, wie man es zunächst vermuten würde. Um so erstaunlicher ist es, dass koreanische Regisseure mit einem unfassbaren Gespür für Bildkomposition, Ästhetik und Sinn für musikalische Untermalung arbeiten. Diese drei durchaus wichtigen Elemente kombiniert jedoch keiner so homogen und durchdacht wie Park Chan-wook, der sich mit der Vengeance Trilogy neben Kim Ki-Duk, Joon-ho Bong und Jee-woon Kim zweifelsohne zu den bedeutendsten Regisseuren seiner asiatischen Halbinsel zählen darf. Was Oldboy von anderen Filmen unterscheidet ist eben genannte Verknüpfung der neben dem Plot wichtigsten filmischen Elemente: Bild, Musik und Schnitt. Spielend leicht und doch melancholisch schwer gleitet die Kamera von Bild zu Bild, begleitet Oh Dae-su durch seine selbsterschaffene Odyssee, hält selbst dann noch drauf, wenn andere bereits abgeschaltet hätten und fängt dabei unglaublich starke und explodierende Emotionen auf. Park Chan-wook erzählt nicht nur die Geschichte eines Mannes, der nach 15 Jahren den Grund seiner Gefangenschaft herausfinden möchte. Es liegt sehr viel mehr Tiefe in dieser Tortur und Park ist sich dessen durchaus bewusst. Oh Dae-su ist nur noch eine menschliche Karikatur, vollkommen unfähig, ein Dasein in einer Gesellschaft zu fristen, die 15 Jahre Entwicklung und Veränderung vollzogen hat. Dennoch versucht Oldboy nicht, dieses auswegslose Szenario als solches darzustellen. Mehr wie das Studium Lee Woo-Jin´s mit Hauptfach “Oh Dae-Su”: Die erste Zigarette nach 15 Jahren. Der erste zwischenmenschliche Kontakt. Man streicht über seine Hände, atmet seinen Geruch, fühlt sein Gesicht. Die erste Schlägerei. Der erste Sex. Das erste Essen jenseits von Teigtaschen: etwas lebendes! Schnell verliert man sich in einem Strudel der Exzesse und doch wirkt es real und alles andere als konstruiert. Dem Protagonisten gleich tappt der Rezipient im Dunkeln, versucht zu verstehen. Zu gern möchte man im aalglatten und beinahe widerlich sterilen Woo-Jin einen Schuldigen finden und verurteilen. Doch man hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ambivalenz wird in OLDBOY groß geschrieben und das Ende erschlägt einen mit einer unfassbar ontologischen Wucht. In Sachen Inszenierung und Schauspiel das wohl intensivste Finale der Filmgeschichte. Zuvor gebildete Meinungen zerbersten unter dem Gewicht der Wahrheit, die Kinnlade wandert Richtung Schoß und Stereotypen schwinden wie Dae-sus Zunge. Choi Min-siks Performance darf hier ohne falsche Scheu zu den 10 eindrucksvollsten überhaupt gezählt werden. Mehr ist aus einer Rolle nicht rauszuholen. Wer diesen Schauspieler bereits in seinen früheren Werken, insbesondere Failan, bewundern konnte, dürfte allerdings auch nichts anderes erwartet haben. Ein twistreicher Film, der bei mehrfachen Sichtungen, entgegen aller Erwartung, nichts von seiner narrativen und zerbrechenden Härte verliert. Im Gegenteil: Oldboy ist einer jener Filme, die von mal zu mal besser werden. Jedes noch so kleine Detail jeder noch so scheinbar nebensächlichen Kulisse lässt den aufmerksamen Zuschauer noch tiefer in die Charaktere stürzen und mit dem Einschlag der so erhofften und doch so nichtigen Erlösung mitfühlen. Unabstreitbar Parks Opus Magnum. Was aber irrtümlicherweise nicht mit einer minderen Qualität seiner anderen Werke gleichzusetzen ist. Park revolutioniert alles, was ihm in die Hände fällt. Ob Rachefilm (Oldboy, Sympathy for Mr.Vengeance, Lady Vengeance), Vampirfilm (Durst), Antikriegsfilm (JSA) oder etliche Kurzfilme (Cut, Night Fishing, Judgment et al.), der koreanische Alleskönner haucht jedem Genre seinen kafkaesken und gewöhnungsbedürftigen Stil ein und wartet mit einer grenzenlos abwechslungsreichen, feinfühligen und geistreichen Filmographie auf, die mit Sicherheit Impulse für die Nachwelt setzen wird. Gewaltfetischisten sei außerdem gesagt, dass Park auch anders kann. Wer das nicht glaubt, darf sich erstaunt sein Panoptikum und erste (vermutlich auch letzte) RomCom I´m a Cyborg, But That´s Okay zu Gemüte führen und über Parks herrlich skurrile Figuren und kruden Witz sinnieren.

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