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Souli

Kritik von Souli

Gesehen: März, 2018

Klinisches Horrorkino. Empfangen werden wir von einer Operation am offenen Herzen. Wer hier vermuten möchte, es könnte sich um ein symbolisches Bild handeln, um eine Metapher, um eine Doppeldeutigkeit, den wird THE KILLING OF A SACRED DEER auf dem falschen Fuße erwischen. Die Operation am offenen Herzen steht programmatisch für das unterkühlt-rationale Empfinden der Akteure. Das Herz pocht, aber nicht im Takt zum Wunder des Lebens, sondern als reiner Biologismus. Körper sind hier nicht lebendig, auch wenn sie sich bewegen, atmen, miteinander interagieren. Sie sind anatomische Objekte. Sie funktionieren oder funktionieren eben nicht. Man kann sie aufschneiden, man kann sie zunähen. Das Herz schlägt, aber es fühlt nichts mehr. Am Anfang hat es auch noch etwas fast Amüsantes zu sehen, wie Familie Murphy durch ihre sterile Welt wandelt. Wie mechanisch gilt ihr ganzer Alltag der kalten Routine. Eine Routine, die sich die Familie leisten kann, weil sie das Selbstverständnis der Upperclass dermaßen verinnerlicht hat, dass kaum Zweifel daran bestehen, es könnten auch Abweichung von der Norm auftreten. Aber diese Abweichungen gibt es – wie zum Beispiel in Form des 16-jährigen Martin. Erst als charmanter junger Mann mit guten Manieren wahrgenommen, wird er später zum dämonischen Albtraum-Prinzip, das sich wie ein dunkler Schatten über die Köpfe der High-Society-Egomanen legt und sie herausfordert: Ihr habt vergessen, wie es ist, zu fühlen? Ich werde es euch beibringen. Ihr habt vergessen, was die menschliche Existenz ausmacht? Ich werde euer Lehrmeister. THE KILLING OF A SACRED DEER ist ein mit chirurgischer Präzision ausgeführter Querschnitt durch eine soziale Schicht, die etwas ganz Wesentliches verlernt hat: Verantwortung. Und mit Verantwortung kommt man irgendwann auch an den Punkt, an dem man sich Fehler eingestehen muss. An dem man Schuldgeständnisse ablegen muss. Und Martin wird dafür sorgen, selbst wenn er dafür einen antike Mythos heraufbeschwören muss und die satten Elitebürgern zu den Hauptdarstellern ihrer eigenen griechischen Tragödie werden lässt. Er wird sie aus ihrer Selbstläufer-Komfortzone reißen. Yorgos Lanthimos bleibt weiterhin eine einschüchternde Kapazität im Bereich des internationalen Arthaus-Kinos. So beklemmend, befremdlich, irritierend und scharfsinnig, wie der Mann gesellschaftliche Befindlichkeiten entlarvt und zerschlägt, wird man noch lange Spaß mit dem Griechen haben, wenn er die Oberschicht weiterhin emotional austrocknen lässt.

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