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Stu

Kritik von Stu

In den letzten Jahren ging ein Ruck durch die Welt – übertrieben ausgedrückt. War es früher noch mehr ein Thema, welches die Betroffenen für sich behielten, so ist der Gang zum Therapeuten, Psychoanalyse oder Psychiatrie heute nichts mehr wofür sich jemand schämen muss. Zu recht. Auch im Kino haben Kliniken und Anstalten, in denen die Seele eines Menschen kuriert werden soll eine Wandlung durchgemacht. War es früher noch Woody Allen, der offen in seine Werken über Neurosen und Therapien sprach, wenn auch in einem humoristischen Kontext, so gehört der Gang zum Psychiater mittlerweile fast schon zum guten Ton. Kein Wunder, selbst die Boulevard-Magazine haben die Zugkraft psychischer Probleme und Erkrankungen wie Depression (sozusagen die bipolare Muse des Lars von Trier) oder Burnout erkannt. Dadurch wird die Thematik allerdings nicht nur ins Zentrum einer breiten Öffentlichkeit gerückt, sondern auch oftmals verwässert dargestellt und behandelt. Der Ausdruck „Trenderkrankung“ macht da gerne mal die Runde. In der tragischen Komödie (besser: amüsantes Drama) „It’s a Kind of Funny Story“, die zum Großteil in einer psychiatrischen Klinik spielt, wird ebenfalls vieles einfacher gemacht als es ist. Doch ist das wirklich so schlimm? Nein. Ist es nicht. „It’s a Kind of Funny Story“ ist kein Film, der eine realistische Darstellung seiner Thematik für sich beansprucht. Die Probleme von Hauptfigur Craig, übrigens gespielt vom Briten Keir Gilchrist, der hier ähnlich brillant überzeugen kann wie in der grandiosen US-Serie „United States of Tara“, werden inhaltlich zwar eher mit Samthandschuhen angefasst, wirken aber dennoch arg überspitzt. Seine Angewohnheit bei besonderen Situationen, bzw. Druck sich zu übergeben, liegt ganz klar ein erzählerischer Mechanismus zu Grunde, der nicht dazu da ist, seinen Charakter zu verfestigen, sondern lediglich dafür gut ist Lacher und Schmunzler zu erzeugen. Billige Masche? Mitnichten. Zum einen funktioniert es, lockert den Film auf, ohne dessen legere Ernsthaftigkeit zu zerbrechen, zum anderen fügt es sich perfekt in die Figurenzeichnung ein. Ja, wirklich wahrhaftig ist das nicht, aber es erzeugt Empathie wie Sympathie. Craig ist aber nicht nur durch seinen Hang, sein Essen oral zu verteilen, ein emotional einnehmendes Kerlchen, sondern bietet noch andere positive Faktoren. Einer der größten liegt darin, dass er immer etwas verloren wirkt. Zu Beginn des Films, wenn er kurz davor ist in den Abgrund zu springen, braucht es eigentlich nur ein Blick auf seine Haltung und sein Gesicht um zu spüren, dass er sich wie ein Fremdkörper fühlt. Keir Gilchrist braucht keine großen Gesten um die Verlorenheit seiner Figur widerzuspiegeln. Eine große Leistung, die eigentlich nur noch durch die Romanze innerhalb der Klinik verstärkt wird. Ja, es gibt eine Romanze. Das ist erst mal ein berechtigter Grund zu Abschreckung, aber das Regie-Duo Anna Boden und Ryan Fleck, die mit dem Drama „Half Nelson“ Ryan Gosling 2007 zu einer Oscar-Nominierung verhalfen, inszenieren die junge, aufkeimende Liebe behutsam, wärmend und zartbitter, so wie jede erste große Verliebtheit sein sollte, außer vielleicht die Tatsache, dass sich alles in einer Psychiatrie abspielt. Craigs Liebe heißt Noelle, wird gespielt von Emma Roberts („Scream 4“) und ist eine Art Gegenpol. Beide scheinen einen Sinn zu suchen, doch während Craig einfach zu motivieren ist diese Suche wieder aufzunehmen, bzw. fortzuführen, stagniert Noelle in der ihrer Rolle als Rebellin. Gegensätze ziehen sich eben an. Wenn sie sich nur immer so wundervoll anziehen würden wie Craig und Noelle. Hach ja, das wäre schön. Dass „It’s a Kind of Funny Story“ Komik und Romanze in dieses Setting packt ist heutzutage wahrlich keine kreative oder innovative Offenbarung. Die größte Überraschung des Films besteht aber eh darin, dass hier Zach Galifinakis („Hangover“, „Die Qual der Wahl“) eine wichtige Nebenrolle inne hat und dass er darüber hinaus weit abseits seiner sonstigen charakterlichen Funktion agiert. Hier ist er nicht der Vollchaot, der tumbe Tunichtgut der erst dann rafft dass das Haus abgebrannt ist, wenn die Feuerwehr wieder abzieht, sondern ein wirklich greifbarer Charakter, der für Craig zu einem fast schon väterlichen Mentor wird, der ihn in die eigene, kleine Welt der psychiatrischen Klinik einführt. Dabei wird auch schnell klar, dass „It’s a Kind of Funny Story“ alles ziemlich romantisiert. Die Zeiten von Elektroschocks und Insassen-Aufständen a la „Einer flog über das Kuckucksnest“ sind dabei zwar vorbei, aber wenn Craig mentorisch durch die Gänge der Anstalt geleitet wird, wird rasch klar, dass sich die Macher recht wonnig in den üblichen Klischees suhlen. Selbst der ewige Stumme und zur Thematik passende, katharische Momente haben den Weg in die Klinik gefunden. Trotz dieser Vorgehensweise berührt „It’s a Kind of Funny Story“. Warum? Weil er trotz allem seine Materie und vor allem seine Figuren ernst nimmt. Niemand wird bloß gestellt. Die psychischen Erkrankungen werden nicht banalisiert, sondern oftmals sogar mit einfachen Mitteln auf den Punkt gebracht. Natürlich ist das immer noch fern von der Wahrheit, aber selbst wenn es sich hier um eine Art psychiatrisches Märchen handelt, so besitzt dieses Märchen doch Witz, Charme, Dramatik und ist obendrein noch äußerst mitreißend. Ohne Wenn und Aber, der Film macht es sich oft zu einfach und überhaupt, so toll ist ein Aufenthalt in der Psychiatrie auch wieder nicht, aber Anna Boden und Ryan Fleck erzählen trotz allem eine berührende Geschichte, die mit thematischer Offenheit und einem großen Herz aufwarten kann. „It’s a Kind of Funny Story“ ist gewiss kein wirklich ehrlicher Film, aber es ist ein Film voller starker Gefühle. Eine Emulsion aus Glück und Melancholie die berührt, trotz aller Verwässerungen. Sehr sehenswert.

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