Erwähnungen
Unzensiert: Gedanken zu gekürzten Filmen im TV [Teil 1]
Von Stu in Unzensiert: Gedanken zu gekürzten Filmen im TV
am Samstag, 25 Juli 2015, 10:52 Uhr
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Der langhaarige, sehr muskulöse Krieger kommt an eine Hütte. Eine dunkelhaarige Frau steht davor und bittet ihn hinein. Sie unterhalten sich und es kommt zum Liebesspiel. Plötzlich greifen die Finger der Frau den Rücken des Kriegers fester. Schnitt. Es ist morgen und der Krieger verlässt die Hütte. Neben der Hütte findet er einen angeketteten Mann, der den Krieger fragt, ob er es dieser Hexe auch richtig gegeben hat. Keine falsche Scheu lieber Leser, aber wer denkt jetzt nicht daran, dass es hier um etwas Sexuelles geht? Was sollte der angekettete Mann sonst mit dieser Aussage gemeint haben?
Nun, bei dieser vorangestellten Beschreibung handelt es sich um eine Szene aus dem Fantasy-Klassiker „Conan der Barbar“ mit Arnold Schwarzenegger. Richtig, der langhaarige, muskulöse Krieger. Wer den Film kennt, wird jetzt vielleicht stutzig werden. Zwar gibt es im Film eine solche Szene, nur fehlt in der Nacherzählung doch ein gewichtiger Teil. Er fehlt, weil es sich nicht um eine Rekapitulation der ungekürzten FSK16-Fassung handelt, sondern um eine gekürzte Fassung, die der Privatsender RTL2 einst zeigte. Am Wochenende, am frühen Nachmittag. Insgesamt fehlten dieser Fassung über 20 Minuten. Das Resultat waren u.a. Szenen die in einem ganz anderen, falschen Kontext gerieten. Was RTL2 nämlich herausschnitt war die Tatsache, dass sich die Frau in ein Ungeheuer verwandelt, welches Conan mit einem beherzten Wurf ins Kaminfeuer ausschaltet. Wenn der angekettete Mann also fragt, ob es Conan der Hexe auch ordentlich gegeben hat, entsteht ein ganz anderes Bild. Zugegeben, etwas Sexuelles lässt sich immer noch hinein deuten, aber der Stellenwert dieser Interpretation hat sich deutlich verlagert.
Ob es zu solchen erzählerischen Veränderungen an diesem Samstag (25. Juli 2015) auch kommen wird, wenn der Kölner Privatsender RTL den Sci-Fi-Actioner „Dredd“ innerhalb der Primetime um 22:05 ausstrahlt, weiß ich nicht. Sicher ist nur eines: Seine Free TV-Premiere wird der Film geschnitten feiern. Ob nachts um 01:45 die ungekürzte Kinofassung laufen wird ist noch nicht klar. In der Vergangenheit strahlte RTL gerne auch nachts nur die Cut-Versionen von Filmen aus. Paradebeispiel: „The Last Stand“. Der lief bereits in den meisten Kinos nur in einer schwach zensierten 16er-Fassung und kam auf DVD uncut ab 18 heraus. RTL zeigte den Film um 20:15 und präsentiere seinem Publikum auch in der Nachtwiederholung, nach 23:00, nur ein familienfreundliches Schnittmassaker. Aber sein wir ehrlich, die meisten liegen dann bereits im Bett, wenn die Filme wiederholt werden. Gut, man könnte sagen es gibt diverse Möglichkeiten den Film dennoch uncut zu genießen: Die DVD kaufen oder leihen, den Film streamen (natürlich legal, was dachtet ihr denn?) oder die ungekürzte Ausstrahlung (wenn es eine gibt) via Rekorder aufzeichnen (wenn man einen hat). Dennoch bleibt es dabei, dass RTL einen FSK18-Film herunterkürzte auf FSK12, um ihn auf einem prominenten Sendeplatz zeigen zu können.
Zurück zu „Dredd“: Als Filmfan blutet einem das Herz, wenn man bedenkt was alles der Schere zum Opfer fallen könnte, beim dystopischen Überlebenskampf von Judge Dredd (Karl Urban) und seiner Gefährtin Anderson (Olivia Thirlby). Noch mehr blutet einem das Herz, wenn man bedenkt wie viele Leute sich den Film in dieser Form ansehen werden und dass zum aller ersten Mal. Natürlich, als Kenner der Materie hat man „Dredd“, der leider in den Kinos floppte, gewiss schon vorher gesehen (wenn er einen interessierte). Doch was ist mit dem 08/15-Zuschauer (mir fällt aktuell kein besserer Begriff ein)? Ein Film wird nun einmal für alle gemacht, die sich ihn angucken wollen und ein Film wurde von Kreativen erschaffen, die ihr Werk so präsentieren, wie sie es für richtig halten. Kunst eben. Ich wage es zu bezweifeln, dass Regisseur Pete Travis („8 Blickwinkel“) und Autor Alex Garland („Ex Machina“) angetan davon sind, dass ihr Film geschnitten, bzw. zensiert wird – vor allem weil dies hätte ganz einfach umgangen werden können, wenn der Film erst um, bzw. nach 23:00 ausgestrahlt werden würde.
Vielleicht ist das jetzt die passende Gelegenheit für ein kurzes Erklärungs-Intermezzo:
Was darf ab wann gezeigt werden im deutschen TV:
Filme ohne Altersbeschränkung und ab 6 Jahren: keine Einschränkung
Filme ab 12 Jahren: Ab 20:00 Uhr
Filme ab 16 Jahren: Ab 22:00 Uhr
Filme ab 18 Jahren: Ab 23:00 Uhr
Filme ohne FSK-Freigabe: dürfen nicht gezeigt werden
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