Ob nun als Remake oder Hommage, Luca Guadagninos ("I am Love“) "A Bigger Splash“ wird sich nicht vor den Vergleichen mit dem 1970er Thriller "Der Swimmingpool“ mit Romy Schneiderund Alain Delon retten können. Doch ist das nötig? Muss man so einem Film gleich die komplette Eigenständigkeit absprechen, nur weil er sich an einer zig gesehenen Geschichte voller sexuell aufgeladener Intrige orientiert? Denn ob nun neu oder kopiert, die Geschichte um vier Bekannte, die über einen gewissen Zeitraum (unfreiwillig) miteinander den Urlaub verbringen müssen, ist ein viel verwendetes Sujet für Thriller, Komödien und Dramen aller Art. Und mal ganz abgesehen von Jaques Derays "Der Swimmingpool“: "A Bigger Splash“ kann in diesem Universum aus Intrigen- und Charakterdramen durchaus als eigenständiges, losgelöstes Projekt überzeugen. Und das liegt primär am Regisseur Luca Guadagninos sowie einem stark aufspielenden Darstellerensemble.
Doch bleiben wir zunächst beim Regisseur. Dieser versucht seiner Geschichte, seinem sonnigen Kammerspiel, durch eine ganze eigene inszenatorische Note die nötige Würze zu verleihen. Da wird tief in die cinematographische Trickkiste gegriffen und so ziemlich jeder ausgefallene, nostalgische oder atmosphärische Kameraschwenk ausgepackt, den es zu finden gibt: Von langen, langsamen Kamerafahrten durch die idyllische Landschaft Süditaliens, über unangenehme Zooms direkt aus einem Peter Jackson Horrorstreifen bis hin zu verwackelten Nahaufnahmen, die sich geschmeidig und ohne jeden Schnitt durch das hektische Geschehen eines Kampfes bewegen: Guadagninos und sein Team haben sich offensichtlich Gedanken darüber gemacht, wie man das Erzählte auf visuelle Weise möglichst frisch und exzentrisch ans Publikum verkaufen kann. "A Bigger Splash“ bekommt durch diese Form von Inszenierung einen ganz eigenen, durchaus packenden Rhythmus, der in den Film saugt, mitwippen lässt und in vielen Momenten sogar überraschen kann.
Doch diese sehr ausgefallene Form der Inszenierung funktioniert nicht immer. Hier und da übernimmt sich "A Bigger Splash“ durchaus mit seinem Anspruch besonders exzentrisch daherzukommen, sich gar wie einen unberechenbaren, übercoolen Rockstar von einem Film zu inszenieren, was in teils etwas prätentiösen Momenten endet. Doch bleiben diese in der Minderzahl. Dies liegt auch daran, dass der Film inhaltlich einen durchaus ansprechenden Fokus wählt und nicht die Intrigen in den Mittelpunkt des Geschehens stellt. Hier geht es nicht darum sich zu fragen, wer denn irgendwann mit wem was anfängt, sondern vielmehr um das Innenleben der vier Hauptpersonen selbst. Das funktioniert dann nicht bei allen Figuren (gerade Dakota Johnsons Penelope bleibt vergleichsweise blass), fügt dem Film aber eine sympathische, anspruchsvolle Note hinzu. Guadagninos lässt sich viel Zeit seine Charaktere vorzustellen, ihnen interessante Nuancen zu verleihen und diese dann nicht in plakativer Manier gegeneinander zu entladen, sondern die Konfrontationen des Films subtil gegeneinander zu stellen. Dies führt dann dazu, dass diese Konfrontationen in ihrer Simplizität überraschend realistisch funktionieren. Jeder Zuschauer, der sich von "A Bigger Splash“ einen spannenden Triller oder ein emotionales Drama erwartet, wird daher enttäuscht das Kino verlassen, verlässt sich der Film doch auf primär visuelle und sehr langsam vorangetriebene Exposition. Und diese Exposition verlangt dem Zuschauer einiges an Sitzfleisch ab.
Dennoch ist „A Bigger Splah“ kein durch und durch ernstes Mienenspiel geworden. Der Film zeichnet sich durchaus durch eine gewisse Leichtigkeit, eine überzeugende Coolness, aus, die vor allem durch die Figuren übertragen wird. Ganz vorneweg sei hier Ralph Fiennes ("Spectre“) genannt, der in der Rolle des Musikproduzenten Harry total aufgeht und sich schauspielerisch komplett fallen lassen kann. Hier wird getanzt, gesungen und geflucht bis zum Umfallen, perfekt verkauft mit einer Note trauriger Melancholie, die immer wieder darauf hinweist, wie unglücklich die hier dargestellten Figuren eigentlich sind. Besonders Fiennes verkauft diese innere Zerrissenheit brillant und so entfesselt, wie man ihn selten gesehen hat. Daneben überzeugen auch Tilda Swinton ("Doctor Strange"), deren Figur der Marianne Lane aufgrund einer Stimmband-OP kaum ein Wort sagen kann und die sich daher besonders auf ihre Mimik verlassen muss und Matthias Schoenaerts ("Am grünen Rand der Welt") als ruhiger Gegenpol zu Fiennes mit trauriger Miene. Dass der Däne diese Rolle gut verkaufen kann, hat er in den letzten Jahren zu Genüge bewiesen.
"A Bigger Splash“ mag somit nicht die ausgefallensten 2 Stunden Kino des Jahres bedeuten, überrascht aber immer wieder durch primär visuelle Eigenheiten sowie schauspielerische Glanzmomente. Dass der Film, da er hier und da etwas unangenehm zwischen den Genres Komödie, Drama und Erotikthriller springt, an manchen Stellen etwas überladen wirkt, macht er durch seine sympathische und eigenartige Form der Darstellung sowie seine angenehm subtilen Figurenkonstellationen größtenteils wieder wett. Diese Hommage, dieses Remake, dieses Was-auch-immer ist so insgesamt durchaus als geglückt zu bezeichnen.