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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Gitti und Chris kommen sich beim gemeinsamen Urlaub auf Sardinien im Haus von Chris' Eltern immer wieder in die Haare. Trotz dieser kleinen Streitereien waren sie bis jetzt immer ein glückliches Paar und konnten auch schöne Zeiten miteinander haben. Doch dann trifft das ungleiche Paar auf Sana und Hans, den Chris seit seinem Architekturstudium kennt. Die anderen geben das perfekte Paar ab; hinter einer modernen Fassade verstecken sie eine klare Rollenverteilung. Das imponiert Gitti und Chris. Chris versucht nun auch die starke Rolle in der Beziehung zu übernehmen und geht darin voll auf. Gitti ist befremdet von dieser neuen Seite ihres Freundes, sie versucht sich jedoch seinen Erwartungen anzupassen.

Kritik

Als Maren Ade mit ihrem dritten Langfilm Toni Erdmann dem deutschen und internationalen Publikum mal wieder gezeigt hat, wie weit das Spektrum der Emotionen reicht (und wie intensiv Fremdscham ausgelebt werden kann), gab es weit und breit nur Applaus. Sieben Jahre zuvor zeigte die Filmemacherin ihren Film Alle Anderen auf der Berlinale und zauberte ihrer Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr den Darstellerpreis des Festivals in die Vitrine. Auch wenn beide Filme von der versuchten Annäherung zweier Menschen erzählen, die sich eigentlich viel besser kennen und leiden können sollten, als sie es tun, zielt Alle Anderen nie die gleiche Breitenwirkung an, wie es Toni Erdmann tun sollte. Alle Anderen erweitert sich viel eher in die Tiefe. Es geht nicht darum, möglichst viele Tasten der Klaviatur zu bedienen. Es geht darum, ein Gefühl möglichst intensiv erfahrbar zu machen. Das Gefühl des Nichtfühlens. Ein Film wie ein Absprung ohne Beinmuskulatur.

Gitti (Minichmayr, Nur Gott kann mich richten) wird nicht gemocht. Niemand weiß weshalb oder womit sie diesen Groll auf sich gezogen hat. Das ist auch alles nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass auch die kleinste und mitunter unbedeutendste Nuance einer Emotion hier sofort erkannt und mit einer Reaktion bedient wird. Auch die kleinste Unebenheit führt zu eklatanten Folgen. In der allerersten Szene wird das Publikum Zeuge, wie Gitti die Tochter von der Schwester ihres Freundes (nochmal langsam lesen) erst auffordert, ihr zu sagen, ob sie sie nicht mag. Danach verlangt Gitti, von dem kleinen Mädchen erschossen zu werden. Als das Mädchen mit den Fingern eine Pistole formt und Gitti abknallt, lässt diese sich hollywoodreif in den Pool fallen. Die kleinste Unebenheit (der Verdacht, nicht gemocht zu werden (von einer Person, die weder für Gitti, noch für den Film von Bedeutung ist)) führt zur größtmöglichen Reaktion.

Dieses erste Mal, dass Gitti im Pool landet ist der Anfang einer weiten Klammer, die zum Ende des zweiten Aktes geschlossen wird. Erneut landet sie unsanft im Pool. Erneut ist das glasklare Wasser, das eigentlich universelle Symbol der Reinigung, für sie ein Ort, an dem sie sich auflöst. Zu Beginn landet sie drin, weil sie „getötet“ wird. Zum Schluss landet sie drin, mit der Folge, dass etwas in ihr getötet wird. Ihr Freund Chris (einer der besten deutschen Schauspieler: Lars Eidinger, Personal Shopper) und sie sind eigentlich im Paradies. In ihrem Urlaub im mediterranen Italien haben sie eigentlich alles, was ein Mensch nur wollen könnte. Zufrieden sind sie deshalb noch lange nicht. Sie sagen andauernd Sachen, die der Gegenüber nicht hören will. Sie fragen andauernd Sachen, zu denen sie gar keine Antwort haben wollen. Sie handeln - und vergessen schon beim ersten Impuls den eigentlichen Zweck der Aktion.

Sie zwingen sich zu Sachen, auf die sie gar keine Lust haben. Sie sind nicht mehr an dem Punkt in der Beziehung, wo sie sich für den anderen zum Affen machen würden. Rührung, beidseitige Zärtlichkeit oder Herzenslust gibt es hier nicht. Entweder prallt A gegen B oder B gegen A. Sie sind mit sich selbst unzufrieden, mit dem Partner unzufrieden, mit allen anderen unzufrieden und vor allem die sind Schuld daran. Die scheinbar paradiesische Freiheit täuscht, ebenso wie die Annahme, dass die nächsten logischen Lebensschritte glasklar und übersichtlich vor einem liegen. Alles täuscht - glasklar sind nur die unsichtbaren weil durchsichtigen Hindernisse, gegen die man rennt und dann blutend am Boden zusammensinkt. Chris und Gitti sind konträr agierende Figuren, die vom gleichen Problem innerlich zersetzt werden. Figuren in Angst, die Kontrolle über ihr eigenes Leben zu verlieren. Als Gegenmaßnahme verteilen sie krampfhaft den Druck auf die bessere Hälfte um.

Alle Anderen ist ein Film mit seltsamer Sogwirkung. Gespickt und durchsetzt von Momenten, die einen mit offenem Munde dasitzen lassen und gesegnet mit hervorragendem Schauspiel seiner beiden Hauptakteure, stellt sich doch nie das Gefühl ein, einen Zugang zu dem Film oder den Figuren zu finden. Man beobachtet staunend, ist aber gleichzeitig enttäuscht, nicht eingeladen worden zu sein. Ob Maren Ade diesen ausgrenzenden Effekt ihres Werkes beabsichtigt hat oder nicht, ist nicht endgültig zu klären. Deutlich ist jedoch, dass genannter Effekt mit einigen Kollateralwirkungen einhergeht. Denn auch wenn diese Ausgrenzung frustrierend sein kann, bedingt sie eben doch diese lähmende Lethargie, mit der der Zuschauer den Film wahrnimmt. Eine Lethargie, in der auch die beiden Hauptfiguren gefangen zu sein scheinen, bis sich ein Herz gefasst wird und sprunghaft versucht wird, dieser zu entrinnen. Nur: Um dem Paradies zu entfliehen, geht es wo genau lang?

Fazit

Mit „Alle Anderen“ hat Maren Ade ihren zweiten Langfilm abgeliefert. Sie inszeniert die Geschichte zwischen der extrovertierten Gitti und dem stillen Chris zurückhaltend aber bestimmt. Mit den beiden stets auf Höchstform laufenden Darstellern im Rücken, formt Ade einen Film, der das Leben der liebenden Menschen in kleinen Sekunden bestens zusammenfasst. Das Paradies ist irgendwo am Mittelmeer und die dortige Langeweile bringt das Schlechte aus den Menschen heraus. Das Leben ist verdammt enttäuschend, wenn man etwas von ihm erwartet. Wenn man etwas von Menschen erwartet, von der Liebe.

Kritik: Levin Günther

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