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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Mit einer Überdosis wird Milena in ein Krankenhaus in Wien eingeliefert. An ihrer Seite: Ein „guter Bekannter“ namens Alex. Der dazu gezogene Ermittler merkt schnell, dass an dessen Geschichte um den zufälligen Retter in der Not etwas nicht stimmen kann.

Kritik

„Ein kranker Film von kranken Menschen für kranke Menschen“…so lautete damals das vernichtende Fazit der eigenen Produzenten über das neueste Werk von Nicolas Roeg (Der Mann, der vom Himmel fiel), was wenig überraschend zum selbstgeschaufeltem Grab wurde. Vorverurteilt und wohl nur noch zur finanziellen Schadensbegrenzung dennoch veröffentlicht galt Black Out – Anatomie einer Leidenschaft seinerzeit als perverse, frauenfeindliche und sinnlose Zeitverschwendung für lüsterne Schlüsselloch-Perverslinge, was über die Jahre Gott sei Dank auch im allgemeinen Tenor überdacht wurde. 1980, das Jahr für fatale Fehl-Verrisse. Als auch der gigantische Flop von Heaven’s Gate – Das Tor zum Himmel die Pforten von UNITED ARTISTS zwangsweise schloss, obwohl es sich um ein verkanntes Meisterwerk handelte. Da kann man froh sein, dass dieser Film nicht so ein (verhältnismäßig) wahnwitziges Budget verschlang und somit „nur“ selbst mit der unverdienten Schande so lange leben musste, bis er überfällig resozialisiert und vor allem vernünftig interpretiert wurde.

Um ein Uhr nachts wird Melina (gibt eine hinreißende wie entsprechend mehrdeutige Femme Fatal ab: Theresa Russell, Wild Things) mit Blaulicht in ein Krankenhaus in Wien eingeliefert. Selbstmordversuch mit Medikamenten. Begleitet von dem anerkannten Psychoanalyse-Dozenten Alex (sehr überzeugend: 68er-Barde Art Garfunkel, Catch-22 – Der böse Trick). Die Lage ist kritisch und Alex wäre dennoch relativ schnell verschwunden, wenn da nicht der griffige Ermittler Netusil (exzellent: Harvey Keitel, Copkiller) wäre. Der bittet zum Rapport und will kleinschrittig den Verlauf der letzten Stunden nahvollziehen können, was Nicolas Roeg mit seiner brillanten und fortschrittlichen Erzählweise bereits früher und noch ausgiebiger beginnt. Keine Sekunde mag man verpassen wollen, so schnell und zielgerichtet, narrativ wahnsinnig spannend springt Roeg kreuz und quer, hin und her, stetig aber einem stringenten, nachvollziehbarem Schema folgend.

In diesem sich langsam vervollständigenden Mosaik verfällt ein intellektueller, analytischer, sachlich-klarer, gesellschaftlich etablierter und üblicherweise aufgeräumter Seelendoktor mittleren Alters seinem kompletten Gegenpol. Einem abenteuerlustigen, lasziven, provokanten, unordentlichen, offenbar schwer gestörten, aber genau deshalb auch aufregenden und wunderschönen Vamp. Bad Timing – so der wesentlich bessere und unverständlich umgetaufte Originaltitel – beschreibt das gesamte Szenario mit einem zynischen Lächeln ungemein präzise, was sich so aber erst gen Ende komplett erschließt. Was den Film grundsätzlich auszeichnet, denn Nicolas Roeg webt behutsam ein bizarres, irritierendes Netz aus Verlangen, Lust und Selbstaufgabe. Eine vermeidlich lockere, erotische Eskapade wird zum obsessiven Abwärtsstrudel, deren Resultat den narrativen Anfang bildet und sich sukzessiv vor bzw. zurück (oder auch zumindest emotional seitwärts) bewegt. Immer wieder mit dem Tonfall und dem Rhythmus experimentiert, obwohl für sich selbst sehr klar in dem, was er vorhat und konsequent darauf hinarbeitet. Allein diese penible überlegte Architektur – in Kombination mit der dazugehörigen Risikobereitschaft – macht Black Out – Anatomie einer Leidenschaft zu einer bestechenden Mutprobe, die sich voll und ganz für eben diese belohnt.

„Warum fickst du mich nicht einfach zu Tode?!“

Ähnlich wie Venedig in Wenn die Gondeln Trauer tragen ist bei Black Out – Anatomie einer Leidenschaft auch Wien nicht nur eine zufällige, variable Kulisse aufgrund ihrer natürlichen Schönheit. Die Wiege von Siegmund Freud’s stark sexuell geprägter Psychoanalyse, sie ist im Kontext so unverzichtbar wie die Kathedralen, Kanäle, das krampfhafte Restaurieren und das verstörende Rotkäppchen von einst. Aufgeladene, bipolare und manische Persönlichkeitsstörungen vermischen sich mit triebhaftem Verlangen; Kontrollzwang und vermeidlicher Überlegenheit, die irgendwann in noch exzessivere Manie umschwenkt. Betrügerisch-spielerisch beschwört Nicolas Roeg eine unglaublich biestige Tragödie herauf, da er mit dem Ergebnis anlockt und nur zögerlich die Umstände preisgibt, dafür mir sehr wohl überlegtem Effekt.

Fazit

Ein ungehörter, verzweifelter Schrei nach Liebe und echter Zuneigung verschwindet im Chaos aus kollidierenden Welten. Politisch, gesellschaftlich, organisatorisch, zwischenmenschlich…es hapert genau genommen an jeder Ecke. Egal, wie sehr die Leidenschaft und sogar echte Emotionen sie übertünchen mögen, am Ende sind es nicht nur Störfaktoren…sie führen sogar zu einer ungeahnt krassen Eskalation. Warum auch immer „Black Out – Anatomie einer Leidenschaft“ jemals missverstanden wurde, es liegt wohl nur an seiner progressiven, herausfordernden und absolut provokanten Natur. Was ihn so wunderbar und einzigartig macht.

Kritik: Jacko Kunze

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