Insgesamt drei Oscarnominierungen (darunter für den besten Film 2016), ein Metacritic-Score von herausragenden 8.7/10 Punkten und begeisterte Kritikerstimmen auf der ganzen Welt: Die Nostalgieromanze "Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten" zieht einen geradezu jauchzenden Aufschrei der Begeisterung nach sich und stimmt Freunde des Herzschmerzes damit sehnsüchtig. Doch was formt "Brooklyn" zu einer solch positiven Überraschung? Ist der Film innerhalb seines Settings besonders erfrischend, romantisch oder emotional? Nein, das ist "Brooklyn" nicht. Aber dieser Film wird von einer anderen, hervorstechenden Eigenschaft ausgezeichnet: Glaubwürdigkeit. "Brooklyn" ist innerhalb seines Set-Ups, seiner Figuren und seiner Geschichte einfach ein erstaunlich stimmiger Film, der zwar wenige neue Wege beschreitet, diese aber mit einem erstaunlichen Selbstbewusstsein hinter sich lässt.
Nun mag sich diese Kritik den euphorischen Stimmen, die überall verlautet wurden, nicht ganz anschließen, positiv überrascht war der verantwortliche Schreiberling aber dennoch vom Endergebnis, das "Brooklyn" im vorsetzte. Eine nicht sonderlich frische Prämisse um eine junge Irin, die in den 50er Jahren die Reise nach Amerika antritt, Familie und Freunde zurücklässt, sich verliebt und mit den emotionalen Konsequenzen dieses Lebens klarkommen muss. Den Anspruch großartig zu überraschen oder inhaltlich durch besonderen Einfallsreichtum zu schocken, besitzt "Brooklyn" also schon von Beginn an nicht. Und dennoch funktioniert dieser Film im Gesamtbild ganz ausgezeichnet. Auch wenn sich hier und da ein paar Schönheitsfehler im sonst ausnehmend hübschen Antlitz auftun.
Wie bereits erwähnt zeichnet sich "Brooklyn" durch eine durch und durch stimmige und damit absolut glaubhafte Welt sowie eine dadurch blendend funktionierende Immersion aus. Die nostalgischen 50er Jahre-Sets im atmosphärischen New York überzeugen auf voller Linie, die Kostüme sind von fast makelloser Brillanz und die Cinematographie strotzt vor einer erhabenen und angenehmen Ruhe sowie einem Auge für besondere Momente. Regisseur John Crowley ("True Detective") sollte man hier wirklich ein großes Lob aussprechen, ebenso wie allen Beteiligten des Films. "Brooklyn" sieht auf der Oberfläche einfach phänomenal aus und schafft es den Zuschauer durch eine glaubhafte und gleichsam verträumte Atmosphäre in die Leinwand zu ziehen.
Doch nicht nur oberflächlich mag diese Romanze zu überzeugen, auch inhaltlich funktioniert dieser Film gerade innerhalb seiner ersten Stunde ganz ausgezeichnet. Man sollte hier zwar nach wie vor keine neue Errungenschaft in Sachen Romantik erwarten, immerhin bleibt die Form der Erzählung, die uns "Brooklyn" vorsetzt, durchgehend vorhersehbar und klischeehaft, am Ende ist es aber das Selbstbewusstsein mit dem der Film diese Geschichte erzählt, welches den Zuschauer von der Narrative überzeugt. Die hier eingesetzten Klischees gehen aufgrund der sympathischen Charaktere und der filmischen Nostalgie einfach hervorragend auf und machen nur erneut deutlich, dass ein klischeehafter Film nicht automatisch ein schlechter Film sein muss. Manch einer mag dies manipulativ nennen, jedoch schafft "Brooklyn" es in fast vorbildlicher Manier an alte Romanzen zu erinnern, ohne sie dabei zu sehr zu imitieren. Und da verzeiht man diesem Werk den ein oder anderen allzu kitschigen Moment doch gern.
Auch die Darsteller tragen zum positiven Endbild des Films bei, allen voran Saoirse Ronan ("The Grand Budapest Hotel"), die den Bogen ihres Charakters von Unischerheit, über wachsenden Mut bis hin zur emotionalen Zerrissenheit hervorragend auf den Zuschauer überträgt. Aber auch Fiona Glascott ("Episodes") und allen voran Emory Cohen ("The Gambler") schaffen es ihre Figuren mit dem nötigen Leben zu füllen und einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Problematisch bleibt hier nur die Figur von Domhnall Gleeson ("Ex Machina"). Dies liegt keinesfalls am Spiel des Iren, sondern eher an ihrer Zweckmäßigkeit, die den Film im letzten Drittel in eine fast unnötige neue Richtung lenkt, die "Brooklyn" dann auch nicht mehr gelungen zu Ende bringen kann. Die Nötigkeit eines Liebesdreiecks mag in den Werbekampagnen von "Brooklyn" noch groß beworben worden sein, im Film ist dieses Dreieck glücklicherweise aber viel nebensächlicher. Umso weniger funktioniert dieser inhaltliche Schlenker dann aber leider auch, was das letzte Drittel des Films fast ein wenig hingeklatscht, zweckmäßig und schlichtweg unnötig erscheinen lässt. Dies betrifft leider auch ein paar eingestreute Nebenplots, die zwar zum Charme der Welt beitragen, emotional aber nie so gelungen mitreißen können, wie es sich "Brooklyn" vielleicht erhofft hatte.