6.5

MB-Kritik

Can You Ever Forgive Me? 2018

Comedy, Drama, Crime, Biography

6.5

Melissa McCarthy
Richard E. Grant
Dolly Wells
Ben Falcone
Gregory Korostishevsky
Jane Curtin
Stephen Spinella
Christian Navarro
Pun Bandhu
Erik LaRay Harvey
Brandon Scott Jones
Shae D'Lyn
Rosal Colon
Anna Deavere Smith
Marc Evan Jackson
Marcella Lowery

Inhalt

Die Bekanntheit von Lee Israel ist verblasst und die Journalistin und einstige Celebrity-Biografin sehnt sich nach Aufmerksamkeit. Außerdem hat sie finanzielle Schwierigkeiten. Deshalb gibt sie ihrem Beruf eine kriminelle Wendung und beginnt mit der Hilfe ihres loyalen Freundes Jack, das Handwerk der Betrügerin zu perfektionieren: Sie fälscht Briefe, die angeblichen von berühmten, praktischerweise aber bereits verstorbenen Stars stammen sollen.

Kritik

Ein doppelter Whisky Soda, gestohlenes Toilettenpapier auf einer Verlegerparty und zuhause wartet nur die kranke Katze. Schon in den ersten Szenen von Can You Ever Forgive Me? arbeitet sich Regisseurin Marielle Heller (The Diary of a Teenage Girl) an klischeehaften Bildern ab. Lee Israels (Melissa McCarthy) Tage als erfolgreiche Journalisten und Autorin von Biografien sind längst vorbei. Mit 51 ist sie ausgebrannt, pleite und einsam. Ein Umstand, der sich kaum übersehen lässt, schließlich weist der Film unaufhaltsam darauf hin. McCarthy tut ihr Übriges, um Lee Israel als verwahrloste und einsame Frau zu zeigen, der man aufgrund ihrer bissigen Art dennoch nur wenig Sympathien entgegenbringen kann. Dabei gelingt es ihr durchaus, sich von ihrem komödiantischen Image zu lösen, auch wenn ihre Version von Lee Israel vermehrt mit Zynismus und Selbstironie arbeitet und so einen deutlich humoristischen Anstrich bekommt.

Weltbewegend ist diese Darbietung jedoch keinesfalls. Die Forderung nach einem Oscar hat sie wohl eher dem Kontrast zur bisherigen Karriere, als ihrer tatsächlichen Leistung zu verdanken. In einer der wenigen gelungenen Szenen des Films sitzt sie mit einer leidenschaftlichen Buchhändlerin beim Abendessen. Unausgesprochen wird dabei ihre Sehnsucht nach Kontakt, nach Liebe und Anerkennung deutlich. Aufgrund ihrer Tätigkeit als illegale Dokumentenfälscherin muss sie sich jedoch aus der Beziehung zurückziehen und alle Absichten, amourös wie freundschaftlich, zurücklassen. Unterstützung erfährt sie hingegen bei Jack (Richard E. Grant), deren freundschaftliche Beziehung die emotionale Basis der Tragikomödie bildet. Dazwischen kann sich Can You Ever Forgive Me? nie richtig entscheiden, ob er Lees Tätigkeit als spannenden Thriller erzählen oder doch lieber ihren verschlossenen Charakter tiefer ergründen will. Der von Heller eingeschlagenen Mittelweg behandelt beide Aspekte jedoch viel zu oberflächlich.

Obwohl sich Can You Ever Forgive Me? stark an erzählerische Konventionen klammert, bleiben bestimmte Aspekte nur bedingt nachvollziehbar. Erst im obligatorischen Erklärtext am Ende des Films wird deutlich, welches Ausmaß ihr Betrug tatsächlich eingenommen hat. Formal ist das unaufgeregt und weitestgehend bieder, wenngleich die historische Stadtkulisse durchaus stimmig in Szene gesetzt und mit einem charmanten Score untermalt wird. Eigentlich deutlich interessantere Aspekte ebnet Heller gnadenlos in die Biopic-Struktur ein. Woher stammt die Faszination für die Besitztümer verstorbener Stars? Ist Lees Talent, wie sie gegen Ende in einem Gerichtssaal selbst sagt, auch eine Form von Kunst und vielleicht wertvoller als ihre eigentliche Arbeit? Alles bloße Randnotiz, denn in der geerdeten Erzählstruktur haben Einschübe, Exkurse und Themen abseits der bloßen Nachstellung einer Lebensgeschichte nichts zu suchen. Hier und da blitzt das Potential durch, doch der fertige Film gleicht eher einem per Checklist entworfenem Massenprodukt und ist schon während des Abspanns weitestgehend vergessen.

Fazit

„Can You Ever Forgive Me?“ ist eine weitestgehend uninteressante Aufarbeitung einer gar nicht so uninteressanten Figur, die jedoch gnadenlos in den gleichförmigen Strukturen der Filmbiografie untergeht. Von Regisseurin Marielle Heller lässt sich nur wenig erahnen, stattdessen greifen die gängigen Mittel belangloser Hollywoodfilmchen, die schon bei der Konzeption des Drehbuchs auf die ein oder andere Oscarnominierung schielen. Dazu passt auch die ungewohnte, aber dennoch ziemlich durchschnittliche Performance von Melissa McCarthy.

Autor: Dominic Hochholzer
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