Inhalt
Uruguayo (Rodrigo de la Serna), Gallego (Luis Torsar) und ihre Jungs wagen den ganz großen Coup, kommen maskiert und mit schwerem Geschütz durch die Vordertür einer riesigen Bank in Valencia hereingestürmt. Für die Geiseln haben sie ebenfalls passendes Equipment parat. Und zwar Sprengstoffgürtel, die bei einer falschen Bewegung den ganzen Block wegreißen könnten. Schließlich müssen sie dem massiven Polizei- und Medienaufgebot, das sich bald vor der Bank sammelt, klarstellen, dass hier keine Amateure am Werk sind. Ein Unglück verhindert aber den reibungslosen Raub, ein neuer Fluchtplan muss her. Zur Rettung findet sich im Tresorraum etwas, das nicht nur Valencia, sondern ganz Spanien in Aufruhr versetzen könnte.
Kritik
"To Steal from a Thief" oder im Originaltitel "Cien anos de perdón" stellt schon in seinen ersten Minuten klar, dass die Macher hinter diesem Heistthriller ihr Werk verstehen. Mit einer beeindruckenden Energie wird das Setting gesetzt, Figuren eingeführt und direkt zur Sache gekommen. Ein paar Gauner dringen in eine Bank ein, nehmen die Besucher und Mitarbeiter der Bank als Geiseln, knacken den Tresor und verlangen dann von der Polizei einen risikofreien Weg zum Flughafen, wo sie mir all ihrem neuen Geld entschwinden wollen. Eine klassische Geiselsituation im Heistformat also, straff und spannend eingeleitet mit dem Versprechen von mitreißenden 96 Minuten, die ein altbekanntes Format kompetent umsetzen.
To Steal from a Thief schafft es aber trotzdem auch im weiteren Verlauf des Films noch zu überraschen. Nicht nur stellt sich die Inszenierung von Regisseur Daniel Calparsoro (trotz offensichtlich relativ geringer Geldmittel) als atmosphärisch und angenehm packend heraus, auch die Geschichte von Drehbuchautor und Buchstabieralbtraum Jorge Guerricaechevarría ("The Oxford Murders") nimmt unerwartete Twist und Turns und stellt uns dabei eine Reihe äußerst sympathischer Figuren vor. Im Mittelpunkt stehen hier die Gangster El Uruguayo (charismatisch: Rodrigo De la Serna - "Tetro") und Galleg (bullig mit Herz: Luis Tosar - "Toro"), die den Zuschauer durch die Geschichte führen und im Laufe der Zeit trotz ihrer Taten nachvollziehbar zu Sympathieträgern avancieren. Dies ist einer gelungenen Figurenzeichnung geschuldet, die gerade in der ersten Hälfte viel mit den Erwartungen der Zuschauer spielt und Eigenschaften bei bestimmten Figuren offenlegt, die man zunächst nicht erwartet hätte.
Calparsoros Heistfilm schafft es im Fortlauf seiner Laufzeit daher auch erstaunlich gut eine Linie zwischen spaßigem Raubüberfall samt kecker Sprüche und ernstem Thriller voller fies dreinblickender Männer in Anzügen zu laufen. Der Film steht und fällt mit seinen guten Figuren, ihren interessanten Konflikten untereinander und den Entwicklungen, die sie zwangsläufig durchgehen. Gerade in Hälfte Eins schafft der Film es sich gelungen auf das Wesentliche zu konzentrieren, dieses angenehm in Szene zu setzen und den Zuschauer so mit Spannung, Humor sowie einigen interessanten narrativen Einfällen problemlos in seine Welt zu saugen.
Das große Problem von To Steal from a Thief ist sein finales Drittel. War die Geschichte zu Anfang noch, wie angesprochen, sehr straff und pointiert erzählt, verliert sich Autor Guerricaechevarría gegen Ende in seinem eigenen Anspruch. Ein Storytwist folgt auf den nächsten, eine Verstrickung auf die andere. Und wie aus dem Nichts sind plötzlich nicht nur unsere sympathischen Räuber Fixpunkt der Story, sondern noch ein Haufen weiterer Charaktere, die allesamt etwas mit dem Ablauf des Raubes zu tun haben und ihre eigene Motivation samt Exposition benötigen. Die größte Stärke des Films, das Unwissen des Zuschauers über die Planung und den Ablauf des Raubes, wird so zur größten Schwäche, wenn der Raub mit zunehmender Laufzeit gar politische Dimensionen annimmt, aus diesem Grund zig neue Figuren im Form von öden Expositionsdialogen vorstellen und das alles in 96 Minuten auch noch zu einem runden Ende bringen muss. Und das schafft der Film trotz all seiner Vorzüge leider nicht. Viel eher verliert sich To Steal from a Thief irgendwann in seinem eigenen Narrativkonstrukt, ohne aus dem Wirrwarr, in welches er sich begeben hat, wieder herauszukommen. Und das ist am Ende leider vor allem eines: langweilig.
Fazit
Klassischer, zu Großteilen spannender Heistthriller mit einem gelungenen Set-Up, sympathischen Figuren und einer äußerst kompetenten Inszenierung, der sich mit zunehmender Laufzeit aber zu sehr in seiner überkonstruierten Geschichte verliert.
Autor: Thomas Söcker