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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Casey lebt zusammen mit ihrer Mutter in der Kleinstadt Columbus im Bundesstaat Indiana. Einst hatte sie große Pläne für ihre Zukunft außerhalb der Heimatstadt. Doch Caseys Gewissen lässt es nicht zu, ihre einst drogenabhängige Mutter alleine zu lassen und sich voll und ganz auf ihre Leidenschaft für Architektur zu fokussieren. Eines Tages kommt der Sohn eines Architekten namens Jin in die Stadt, der seinen im Koma liegenden Vater besucht. Als Casey und Jin sich kennenlernen, helfen sie sich gegenseitig durch die schwierige Zeit.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Architektur ist ein dominierendes Element in Kogonadas Spielfilmdebüt Columbus. Von der ersten Szene an scheint sich die Kamera von Elisha Christian mehr für die ästhetisch ansprechende Innenausstattung von Räumen und die optische Beschaffenheit von Gebäuden zu interessieren als für die Figuren, die sich in ihnen oder um sie herum aufhalten. Der Film selbst beginnt mit einem dramatischen Ereignis, das der Regisseur mit unaufgeregter Beiläufigkeit aus sicherer Distanz inszeniert. Ein scheinbar älterer Mann, dessen Gesicht man im gesamten Verlauf des Streifens nie sehen wird, erleidet einen Schwächeanfall und bricht im Garten seines Anwesens zusammen. Von Bedeutung ist dem Regisseur weniger der Mann, der durch seinen Zusammenbruch fortan im Koma liegt, sondern dessen Sohn Jin. Der in Korea geborene und in Amerika aufgewachsene Mann reist von Korea nach Columbus, wo sein Vater unter Umständen im Sterben liegt. 

Als Sohn eines berühmten Architekten, welcher Zuhörer bei seinen Vorträgen in Begeisterung versetzt und viel davon versteht, Architektur als bereicherndes Kunsterlebnis zu vermitteln, wirkt Jin im Gegensatz dazu wie ein lethargischer Fremdkörper inmitten der prachtvollen Bauten von Columbus. Kogonada geht es offenbar nicht nur darum, die Figuren in den Szenen zu beobachten, sondern als kleinen Teil eines größeren Bildes zu zeigen, auf das sich der Blick des Zuschauers richten sollte. Oftmals werden sie gar von ihrer Umgebung verdeckt oder wirken wie unbedeutende Nebensächlichkeiten, die im Angesicht eindrucksvoller Panoramen verblassen. 

Eine Person, die sich nicht einfach von der Architektur der Stadt überwältigen lässt, sondern den Bauten mit leidenschaftlichem Interesse an deren Geschichte sowie ihrem emotionalen Wert begegnet, ist Casey. Die zweite Hauptfigur in Kogonadas Film ist seit gut einem Jahr mit der Schule fertig und strebt ganz offensichtlich eine zukünftige Karriere als Architektin an. Die Realität der jungen Frau sieht gegenwärtig jedoch anders aus. Casey arbeitet nicht nur nebenbei als Hilfsarbeiterin in der örtlichen Bibliothek, sondern kümmert sich hauptsächlich um ihre Mutter, die früher von Crystal Meth abhängig war. Trotz des sichtbar innigen Verhältnisses, das sie zu ihrer Mutter pflegt, wenn beide gemeinsam kochen oder den Abend zusammen vor dem Fernseher verbringen, wirkt Casey wie jemand, der aufgrund von Stillstand im Hier und Jetzt eher gefangen ist und persönliche Ambitionen hinten anstellen muss. 

Durch eine zufällige Begegnung führt der Regisseur Jin und Casey zusammen. Er, der Sohn eines Vaters, mit dem er im vergangenen Jahr kein einziges Wort gewechselt hat und mit dessen Lebensweg als Architekt er sich kaum identifizieren kann. Sie, die Tochter einer ehemals Drogenabhängigen auf dem langen Weg der Erholung und ein Mensch, für den Gebäude ganze Jahrhunderte an wertvoller Geschichte beherbergen können und tiefe Gefühle erwecken, die sonst im Alltag verborgen bleiben. In kunstvollen Einstellungen, die mit äußerster Sorgfalt komponiert wurden, erzählt Kogonada die Geschichte dieser beiden Figuren, die sich zunächst langsam, aber neugierig in Gesprächen öffnen und schließlich gerade aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten ein besonderes Verhältnis zueinander entwickeln. 

Dabei wirkt Columbus gerade für ein Regiedebüt ungewöhnlich ausgereift und stilsicher, was sicherlich daran liegt, dass der Regisseur selbst ein übermotivierter Schüler des Kinos ist. Bisher kannte man Kogonada vor allem für seine überwiegend kurzen, aber umso ausgefeilter angefertigten Video-Essays, in denen er unter anderem bestimmte wiederkehrende Auffälligkeiten aus dem Schaffen von Regisseuren wie Darren Aronofsky (Pi) oder Wes Anderson (Moonrise Kingdom) zu audiovisuellen Ereignissen montierte. Sein erster eigener Film ist nun selbst ein solches Ereignis geworden, für das der Regisseur im Gegensatz zu der hohen Schnittfrequenz seiner essayistischen Arbeiten auf lange Einstellungen, ausführliche Beobachtungen und wundervoll durchdachtes Framing setzt. 

Am beeindruckendsten entfaltet sich der Film aber, wenn Kogonada die ästhetische Form durchbricht und die mächtige Kraft der Architektur nutzt, um gleichzeitig die Gefühle seiner Figuren freizulegen. In einer Szene, die ganz besonders in Erinnerung bleibt, erklärt Casey Jin die geschichtlichen Hintergründe eines Gebäudes, das ihr viel bedeutet. Jin ist aber nicht an historischen Fakten interessiert, sondern fragt gezielt danach, warum ihr das Gebäude so viel bedeutet. Plötzlich wechselt die Kamera ihre Position hinter die Scheibe ins Innere des Gebäudes, während beide Figuren vor der Scheibe stehen. Was Casey Jin nun mit Worten erklärt, kann der Zuschauer nicht hören. Stattdessen nutzt der Regisseur die Körpersprache von Hauptdarstellerin Haley Lu Richardson (The Edge of Seventeen - Das Jahr der Entscheidung), um auf ihrem Gesicht ein Funkeln einzufangen, das mehr ausdrückt als all die Worte, die Casey in dieser Szene äußert. 

Manchmal merkt man dem ansonsten sehr dialoglastigen Werk an, dass Kogonada gelegentlich etwas zu vernarrt in Sätze ist, die konstruiert klingen und typischen Film-Konversationen fernab der Realität entsprechen. Die Worte, so behutsam sie der Regisseur für seine Figuren auch wählt, werden der einfühlsamen, zurückgenommenen Atmosphäre nicht immer gerecht. Nichtsdestotrotz umschifft Kogonada gefährliche Klischees des Indie-Films gekonnt und vermeidet romantische Klischees sowie moralische Läuterung. Ihm geht es vielmehr um die einzelnen Momente an sich, die Begegnungen seiner Figuren, die sich zwischen einem Sohn, dem der sterbende Vater längst fremd geworden ist, und einer Tochter, die sich von ihrer ehemals abhängigen Mutter abhängig gemacht hat, ereignen. In denen die Gebäude um sie herum nicht nur wiederum eigene Geschichten beinhalten, sondern als Spiegel zur Seele dienen, die sich in Columbus ein ums andere Mal  dort öffnet, wo sie zuvor verschlossen blieb.

Fazit

In seinem Spielfilmdebüt „Columbus“ inszeniert Regisseur Kogonada die Begegnungen zwischen zwei Menschen, die sich in ihren Persönlichkeiten deutlich voneinander unterscheiden, in ästhetisch formschön komponierten Einstellungen. Der Film ist somit gleichzeitig eine Ode an die Faszination der Architektur und ein subtil erzähltes, dialoglastiges Drama, in dem zwei Menschen, die an verschiedenen Punkten ihres Lebens im Stillstand gefangen sind, durch gemeinsame Gespräche zumindest kurzzeitig zu sich selbst finden können und wieder hoffen dürfen.

Kritik: Patrick Reinbott

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