Quentin Dupieux (Smoking Causes Coughing) ist ein fleißiger Regisseur. Teils mehrfach im Jahr serviert er uns Zuschauenden eine seiner kleinen, absurden Filmpralinen. Mittlerweile ist es eine Pralinenpackung, ein feines Sammelsurium an kreativen wie liebenswürdigen Geschichten. Da wundert es kaum, dass sich innerhalb dieses Universums nicht nur thematisch rote Fäden bilden, sondern auch in der Wahl der Motive. In Daaaaaali! lassen sich Bezüge zu Reality und Monsieur Killerstyle kaum leugnen. Letzterer überführte die Interpretationsanstrengungen seines Publikums der puren Grundlosigkeit. Auch in Daaaaaali! spielen Willkür und Zufälligkeit hinter den Kulissen des Filmes eine zentrale Rolle.
Hier begegnen uns mediale Oberflächen, die zwar so funktionieren, wie in unserer Welt, in der Art, wie sie produziert werden, jedoch im wortwörtlichen Sinne „verrückt“ sind: Auf den Titelseiten von Zeitungen lesen wir zwar aktuelle News, sie erzählen jedoch von Ereignissen, die vor wenigen Sekunden geschehen sind, werden in Blitzesschnelle wie ein Online-Newsticker generiert. Auf einer Kinoleinwand sehen wir einen Film, der sich gerade eben noch in der Mache befand. Diese Verrückungen zeigen auf eines der erzählerischen Merkmale des Filmes: Die Sprünge durch die Zeit- und Traumebenen, die nicht nur auf das künstlerische Schaffen Dalís verweisen, sondern auch elementare Einheiten des Filmemachens selbst sind.
Zu versuchen, das Werk mit letzter Gewissheit zu entschlüsseln, ist vermutlich genauso sinnvoll, wie ein höheres Motiv in den Filmchen zu suchen, die Georges in Monsieur Killerstyle inszeniert. Doch nicht nur unser Verhältnis zur Kontinuität wird auf einen Prüfstand gestellt. Auch unsere Vorstellungen davon, wie mediale Oberflächen produziert werden. Der Kinofilm über Dalí sollte schließlich bloß ein Zeitungsinterview der Journalistin Judith sein, das letztlich zu einem Film wurde, bei dem man das Gefühl nicht loswird, dass Dalí selbst Regie führte. Doch auch das lässt sich nicht mit abschließender Sicherheit behaupten.
Die Rollen der Protagonist*innen wandeln sich stetig. So erscheint Judith mal als Journalistin, mal als Regisseurin, mal als Zuschauerin ihres eigenen Werkes. Dann ist sie wieder hinter den Kulissen aktiv, muss sich von ihrem Produzenten demütigen lassen, um im Anschluss selbst wie eine Produzentin zu agieren, die Dalí versucht, wie eine verflossene Liebe zurückzugewinnen. Die Entscheidungen des großen Künstlers wirken währenddessen willkürlich, verändern jedoch stetig die Dynamik des Filmes. In diesem Sinne ist Dupieux dem in Rubber vorgetragenen Credo, Filmemachen sei „reine Willkür“ treu geblieben. Hier kommt jedoch noch der amüsante Eindruck einer chaotischen Zufälligkeit hinzu. So scheint Dalí teils selbst nicht zu begreifen, in was für einem Setting er sich bewegt. Hinter jeder großen Künstlerfigur scheint sich eine weitere Ebene der Willkür zu befinden. In diesem Fall heißt sie Quentin Dupieux. Welche sich wohl hinter ihm verbirgt?
Davon abgesehen hat Daaaaaali! ein herausragendes Timing. Scheinbar abgenutzten Plotelementen, wie dem Ende nach dem Ende und dem Traum im Traum, gewinnt er durch pointierte Setzungen, skurril aufgebaute Situationen und schrille Charaktere eine frische Komik ab. Davon abgesehen gelingt es Dupieux innovative Pointen zu finden, die irgendwo an der Grenze zwischen intelligentem Witz und purem Schwachsinn changieren. Besonders zu erwähnen ist hier ein herrlich langer Flurspaziergang zu Beginn des Filmes. Ein wunderbarer Édouard Baer (La Bostella) führt uns als Dalí mit seinem Spracheinsatz, seinem unberechenbaren Gestus und seiner cartoonhaften Überzeichnung immer sicher in den Hafen des nächsten absurden Gags. Eine genauso fantastische Anaïs Demoustier (Incredible but true) als Judith bietet währenddessen einen menschlich-nahbareren Bezugspunkt und lässt uns nicht ganz alleine im Labyrinth der Meta-Gags.