Inhalt
Christophe, Luca, Julien und Gaëtan sind vier junge Männer, die sich in ihrer neuen Vaterrolle zurechtfinden müssen. In einem intimen Portrait begleitet der Film die jungen Väter in ihren Alltagsmomenten, beleuchtet mit viel Feingefühl ihre Suche nach einem Platz in der Gesellschaft und hinterfragt dabei die Rolle des Mannes in der Familie von heute.
Kritik
“Vaterschaft ist vielfältig, einzigartig für jeden Mann und in einem konstanten Prozess der Neudefinition.“ So sieht es jedenfalls die offizielle Synopsis David Mayes eklektischen Exposés, das ironischerweise allen drei Charakteristika widerspricht. Dass Vaterschaft ständig neu definiert würde, ist bereits eine äußerst fragwürdige Behauptung. Historisch war Vaterschaft über ganze Zeitepochen ein kulturell konstantes Konzept, das sich erst in jüngster Zeit maßgeblich wandelte. Dass Vaterschaft eine individuelle, diverse Erfahrung ist, stimmt hingegen. Nur zeigt die Kamera davon nichts.
Tatsächlich wirken die vier Protagonisten, von denen manche schon Vater sind und andere es bald werden, so austauschbar und einheitlich in ihrem Vatersein, dass sie auch alle ein Vater sein könnten. Diese bezeichnende Beschränkung des Fokus zeichnet sich bereits ab, bevor die Christophe, Gaëtan, Julien und Luca in Interviews von sich und ihren Ansichten berichten. Alle Charaktere sind weiß, able-bodies, straight, cis, Mittelschicht, leben in einer monogamen Partnerschaft und haben ein rundum gesundes Kind von ihrer Partnerin.
Sogar besagte Partnerinnen, die nur am Rand auftauchen, entsprechen augenscheinlich all jenen Kriterien. Queere Väter, trans Väter, Väter mit Handicap (oder Partner*in oder Kind mit Handicap), Unterschichtsväter, ethnisch gemischte Paare, Väter, deren Kind gestorben ist, nicht mal Patchwork-Konstellationen tauchen auf. Entsprechend reduktiv und reaktionär ist das visuell und verbal gezeichnete Bild von Vaterschaft. Jene erscheint als postmodernes Ideal, das Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit optimiert hat. Kein Wunder, dass auch negative Sentiments bezüglich der Vaterschaft ausgeblendet werden.
Fazit
David Mayes dokumentarisches Konstrukt von moderner Vaterschaft ist so bieder und borniert, das es mehr einer Milieustudie ähnelt als einem soziologischen Spiegel. Der kleinbürgerliche Konservativismus, der sich in dieser unbegründeten Reduktion verrät, sagt mehr über das zeitgenössische Vaterschafts-Verständnis aus als die oberflächlichen Gespräche, in denen ausschließlich die Protagonisten zu Wort kommen, und idyllischen Familienszenen. Ängste, Widerwillen und Wut bezüglich der Vaterverpflichtung werden ebenso ausgeblendet wie kritische Stimmen und Konfliktsituationen. Die schematische Inszenierung potenziert diesen Mangel an Differenzierung.
Autor: Lida Bach