Inhalt
Komödie von Billy Wilder mit Jack Lemmon und Walter Matthau in den Hauptrollen. Harry Hinkle wird bei einem Football-Spiel verletzt. Sein Schwager und Rechtsanwalt Gingrich sieht darin die Chance zu einem riesigen Schadensersatz und leitet alles in die Wege, um die Versicherung zu hintergehen. Wäre da nicht Boom Boom Jackson, der ehrliche Football-Spieler, der sich mit Harry anfreundet...
Kritik
Der Fotograf Harry Hinkle (Jack Lemmon, Extrablatt) wird bei einem Football-Spiel durch einen Spielzug von Boom Boom Jackson (Ron Rich, Throw out the Anchor) am Feldrand verletzt. Die Aufregung ist selbstverständlich groß und bald darauf findet sich Harry in recht passablem Zustand in einem Krankenhaus wieder. Sein Schwager, der Anwalt Gingrich (Walter Matthau, Buddy Buddy), versucht ihm schmackhaft zu machen, sich als schwer verletzt auszugeben und auf Schmerzensgeld zu klagen. Die Chancen stünden gut, dass er mit einer beachtlichen Summe Geld aus dem Fall heraustreten würde. Harry ist nicht begeistert, hadert mit sich, stimmt letztlich aber zu. Es beginnt eine Farce von Untersuchungen und Komplikationen: Harry muss im Rollstuhl sitzen und sowohl den Untersuchungen der Ärzte, den kritischen Blicken der Versicherungen und der juristische Gegenseite, sowie seinem persönlichen Gewissen standhalten.
Letzteres erscheint gar nicht so leicht, denn Boom Boom Jackson plagen nach dem Unfall Schuldgefühle und er stattet Harry einen Besuch im Krankenhaus ab, um sich bei ihm zu entschuldigen. Es entwickelt sich eine Freundschaft, unter der Harry leidet, steht doch letztlich nur wegen seiner Lüge auch die Karriere seines neuen Freundes auf dem Spiel, der sich nebenbei viel intensiver um ihn sorgt, als sein falscher Partner Gingrich es jemals könnte. Von seinem geldgierigen Umfeld angeekelt tun sich immer mehr Zweifel an der Legitimität seiner Lüge auf. Billy Wilder (Das verflixte 7. Jahr) erzählt in einem seiner schwächeren Filme noch immer gekonnt und flüssig, kann dadurch allerdings nicht den uninteressanten Handlungsverlauf kaschieren, der die 125 Minuten nicht zu Genüge ausfüllen kann.
Intendiert sind Seitenhiebe an die amerikanische Gesellschaft und deren Volkssport des Verklagens. Leider hat der Film dazu wenig zu erzählen und bleibt plakativ in seinen Handlungsmotiven: Während es bei Gingrich aus komödiantischer Perspektive durchaus Sinn ergibt, ihn als klischeehaften geldgierigen Anwalt zu zeichnen, wirkt sich die Ehrlichkeit von Jackson negativ auf den Konflikt aus. Er übt einen emotionalen Druck auf Harry aus, dem dadurch seine Entscheidung "leicht" gemacht wird. Interessanter wäre es gewesen, wenn Harry keinem mit seiner Lüge schaden und ihn dennoch Gewissensbisse plagen würden. Dann wäre eine Komödie über echte Moral entstanden, dessen Ende nicht von Anfang an feststehen würde. Verstärkt wird dieser Eindruck durch sein Umfeld, das ihn in kompletter Selbstsucht in seiner Lüge bekräftigen will. Dem Zuschauer bleibt keine andere Wahl, als anzunehmen, dass sich Harry am Ende doch noch für die gute Seite entscheiden wird. Dem hätte man höchstens entgegenwirken können, indem man in kompletter Zynik auch Harry als selbstsüchtig gezeichnet hätte, was der Film zu keinem Moment andeutet.
Das ist vor allem bei der für Wilder üblichen Komödien-Lauflänge von über zwei Stunden problematisch. Die angenehm zurückhaltende und in vielversprechende Kapitelüberschriften unterteilte Erzählweise verliert auf Dauer an Reiz. Ebenso verhält es sich mit dem Comedy- Traumpaar Matthau und Lemmon, das zwar viel Witz aus der Prämisse schöpfen kann, doch in den stets gut gespielten und geschriebenen Interaktionen zunehmend redundant erscheint, was den Wert einzelner köstlicher Momente nicht schmälert. Dass die Haltung, die der Film vermittelt, stets richtig erscheint und es eine befreiende Wirkung hat, wenn die "gute" Seite siegt, steht außer Frage. Der Weg dorthin gestaltet sich nur leider als mühsam und wenig innovativ in seiner Charakterzeichnung. Der Glückspilz ist damit sicher einer der schlechteren Filme des Ausnahmeregisseurs und wirft dabei noch immer Schatten von Wilders großem Können, das auch diesen Film ein wenig sehenswerter macht.
Fazit
"Der Glückspilz" hat eine clevere Prämisse, die in einer dynamischen Komödie, in der ein wirklicher moralischer Konflikt vorliegt, bestens funktioniert hätte. Hier wird der moralische Konflikt emotionalisiert, wodurch die Entscheidung des Protagonisten über die gesamte Lauflänge (von immerhin 125 Minuten) evident erscheint. Das lässt den Film zäh erscheinen, gerade wenn die komödiantischen Stärken, die vor allem in der Dynamik aus Matthau und Lemmon liegen, allmählich redundant werden. Einer von Billy Wilders schwächeren Filmen, wenn auch noch immer stilsicher vorgetragen, wie das für Wilder üblich ist.
Autor: Maximilian Knade