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Quelle: themoviedb.org

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Eine französische Kleinstadt wird durch den „Raben“ in einen Hexenkessel aus Misstrauen und Verdächtigungen verwandelt. Der Unbekannte schickt anonyme Briefe an die Einwohner, in denen er pikante Details und waghalsige Vermutungen über ihr Privatleben oder das ihrer Mitmenschen enthüllt und so gezielt Zwietracht säht. Besonders der zugereiste Arzt Dr. Germain wird zur Zielscheibe der (vermeidlichen) Verleumdungen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Der Rabe“ ist ein besonderer Film, fast unabhängig von seiner reinen, fachlichen Qualität. Die Begleitumstände, seine Entstehungsgeschichte und die Nachwirkungen von ihm sind von historischem Ausmaß, fast nebenbei ist dabei noch ein sehr guter Film entstanden.

1942/43 gedreht und veröffentlicht, mitten in der Besatzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland. Natürlich mit dem Segen des Dritten Reichs und nicht aus künstlerischem Interesse, wie jede offizielle Publikation damals sollte er einen Zweck erfüllen. Ganz nüchtern betrachtet Geld in die Kasse des Vaterlandes spülen, thematisch das französische Volk bloßstellen. Der Witz dabei: Eigentlich werden hier die faschistischen Besatzer und ihre Methoden an den Pranger gestellt. „Der Rabe“ (wohlweißlich beginnend mit den einleitenden Worten: „In einer kleinen Stadt, hier und anderswo…“) beschreibt die Vergiftung einer beschaulichen, homogenen Gemeinde durch die Saat von Beschuldigungen, Lügen, Gerüchten und manipulativen Hasstiraden. Ähnlich wie damals die Juden und andere Feindbilder plakativ verurteilt wurden, treibt auch der unbekannte Briefeschreiber sein Spiel mit der Bevölkerung, unterwandert und zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt, beschwört Konflikte und affektive Hexenjagden herauf, macht aus Freunden Feinden und aus angesehenen Bürgern eine Persona non grata. Was aus der (verblödeten und dadurch tatsächlich gegensätzlich wirksamen) Sicht des Nazi-Regimes das französische Volk als einen intriganten Haufen bloßstellen sollte, entlarvt de facto ihre eigenen Vorgehensweisen, ist gleichzeitig ein zeitloses Spiegelbild kultureller Phänomene und des menschlichen Wesens (vergleichbar wäre da grob „Das weiße Band - Eine deutsche Kindergeschichte“von Michael Haneke) und ganz am Rande sogar der Ursprung des französischen Film noir, wobei das tatsächlich sicher nicht so beabsichtigt war.

Die deutschen Besatzer waren mit dem fertigen Werk nicht einverstanden (vielleicht hat am Ende doch jemand bemerkt, dass es eigentlich eher kontraproduktiv erscheint, hatte wohl jemand kurz das Hakenkreuz aus dem Hirn gezogen) und nach der Befreiung wurde der Film trotzdem noch immer (fälschlicherweise) als staatsfeindlich eingeordnet (obwohl das besagte Vorwort ja schon auf dessen Allgemeingültigkeit hinweist), was schwerwiegende Folgen hatte. Regisseur Henri-Georges Clouzot („Lohn der Angst“) wurde mit einem (ursprünglich) Lebenslangen Berufsverbot bestraft, was nach vier Jahren aufgehoben wurde. Ein Segen, er wurde zu den wichtigsten Filmemachern seiner Zeit. Hauptdarsteller Pierre Fresnay („Der Glöckner von Notre-Dame“) musste gar sechs Wochen in Haft aufgrund seiner Beteiligung an dem Film. Absurd, betrachtet man nicht nur die formelle Klasse des Films, sondern viel mehr seinen Mut, sich offensiv gegen ein System zu stemmen, der ihn zwar duldete und für seine Zwecke einspannen wollte, sich dabei allerdings ein Eigentor mit Fallrückzieher leistete…ohne es vorher auch nur zu ahnen. Prinzipiell würde das schon reichen, um die Engstirnigkeit und Primitivität der „Herrenrasse“ offen darzulegen.

Mal losgelöst von seinem spannenden und bald einzigartigen Backround ist „Der Rabe“ schon eine intelligente, tiefsinnige Parabel über den Menschen und seine Natur. Über Prozesse, die fremdgesteuert initiiert werden, dann aber eine ganz natürliche Eigendynamik entwickeln, provoziert durch prickende Nadelstiche nah an der Wahrheit, dennoch beruhend auf Hörensagen und bösen Unterstellungen. Wichtig sind nicht das große Ganze, Hintergründe und die langweilige Realität, Gerüchte und Tuschelein hinter vorgehaltener Hand sind viel interessanter, wenn sie scheinbar zur Tatsache erhoben werden sogar weit mehr als das. Sie werden von Vermutungen zu Fakten, setzen Kettenreaktionen in Gang, verlassen die Schatten und werfen ihre weit voraus. Kleine Geheimnisse werden zu großen Problemen, Unschuldige zu Tätern, ohne Nachfragen, ohne Beweise. So einfach funktioniert das, wenn nur an den richtigen Stellen die Hebel angesetzt werden. „Der Rabe“ ist ein universelles Gleichnis über das Gefüge einer Gruppe, in sich geschlossen und nur leicht marode, die mit gezielten Sprengsätzen an tragenden Säulen in sich zusammenbricht. Von Clouzot wie immer souverän inszeniert, mit einem sarkastischen, spitzfindigen Humor durchzogen und mit diesen technischen Ansätzen, die „Der Rabe“ rückwirkend zu einem der ersten Vertreter des französischen Film noir erhob.

Rein auf seine Handlung bezogen bietet der Film eine hintergründige, subversive Klasse, die er als klassischer Krimi nicht ganz erfüllen kann. Die Spannungskurve ist durchgehend gegeben, wird geschickt gelenkt, mündet dabei eher in eine leicht unbefriedigende Pointe, die einige (berechtigte) Fragen offen lässt. Die Täteroffenbarung mag überraschen, die Motivation und das allgemeine Wissen über teilweise sehr geheime Details der Mitmenschen bleibt ein Rätsel. Filme dürfen sich gerne die Freiheit nehmen, Dinge im Raum stehen zu lassen, aber einiges ist hier einfach zu unschlüssig, obwohl gerade das einer kurzen Erläuterung bedürfen würde. Unnötig bzw. unglücklich, denn handwerklich und von seiner Aussage ist „Der Rabe“ eine zu recht erst aus der Dämonisierung und später aus der Versenkung auferstandene Perle von einem großen Regisseur.

Fazit

Die Geburtsstunde des europäischen Film noir, verpackt als politisches wie gesellschaftliches Sittengemälde. Henri-Georges Clouzot inszeniert selbst unter diesen widrigen Bedingungen einen nachdenklich stimmenden und sehr clever konzipierten Film, der lediglich mit seiner etwas schlicht gestrickten Auflösung nicht das Niveau halten kann, das eben sehr hoch angesiedelt ist. Ein wichtiger, ein kluger Film, mit narrativen Schwächen, die eher als Schönheitsfehler durchgehen.

Kritik: Jacko Kunze

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