Inhalt
Privatdetektiv Philip Marlowe bringt seinen Freund Terry Lennox über die Grenze nach Mexiko. Wieder zuhause wird er von der Polizei als vermeintlicher Fluchthelfer verhaftet, denn Lennox soll seine Frau ermordet haben. Der Versuch, Lennox Unschuld zu beweisen, wird durch dessen angeblichen Selbstmord nicht eben erleichtert. Und je tiefer Marlowe in das mysteriöse Geschehen eindringt, desto mehr gerät er selbst in Gefahr.
Kritik
Durch seine Verkörperung des Privatdetektivs Philip Marlowe hat Humphrey Bogart (Casablanca) in Howard Hawks (Rio Bravo) stilprägenden Film Noir Tote schlafen fest der Strömung ein Gesicht gegeben. Das Abbild des pessimistischen und gebrochenen Detektivs hat sich bis heute ins filmhistorische Gedächtnis eingebrannt und zählt wohl als die bekannteste Adaption der Romanfigur von Raymond Chandler. Dass es sich bei Robert Altmans (Gosford Park) Abgesang Der Tod kennt keine Wiederkehr um den gleichen Mann handeln soll, ist abgesehen vom Namen nicht zu erfassen. Elliott Gould (Nashville) ist ein dauerqualmender und lakonischer Mann, der zwar die Profession mit seinem Namensvetter teilt, dessen Stilsicherheit jedoch mit fahlem Rasierwasser weich gewaschen wurde. Fatalistisch akzeptiert er sein Schicksal, er ist ein Verlierer, aber hat darin eine gewisse Lässigkeit gefunden, die ihn unbekümmert durchs Leben trägt.
Zu Beginn des Films verbringt Marlowe geschlagene zehn Minuten mit dem Versuch seine Katze zu füttern. Es bleibt dabei, denn es gelingt ihm nicht ihr eine falsche Marke unterzujubeln. Nicht einmal seine eigene Katze kann er täuschen, ein Mann, welcher selbst bei der Tierfütterung versagt und ein Auftakt, der nicht besser auf seine Figur und die folgende Kriminalgeschichte einstimmen könnte. Die Coen-Brüder dürften diesen Film oft gesehen haben, zu treffend scheinen die Überschneidungen zwischen Figuren, Grundatmosphäre und gewitzter Dialogflut. Beginnt erst einmal die Kriminalhandlung, verkommt der Film zu einer seltsamen Mischung aus Parodie und eigensinniger Detektivgeschichte. Die Handlung selbst rückt dabei merklich in den Hintergrund, Wendungen und Auflösung entgleiten immer wieder dem Fokus, während sich der Film seinen Eigenheiten und der seltsam angespannten Atmosphäre hingibt.
Das Spiel mit den Schatten verlagert Altman dabei in den helllichten Tag, gibt Coolness, gebrochenes Heldentum und Abgebrühtheit der Lächerlichkeit preis. Und dennoch vermag es Der Tod kennt keine Wiederkehr auch abseits seiner Existenz als Abgesang als eigenständiges Werk zu funktionieren. So liegt von Beginn an ein gewisser Sog in den Bildern, sowohl in der aufrichtigen Gleichgültigkeit der Hauptfigur als auch im spürbar verwinkelten Narrativ, welches auf charmante Weiße immer wieder auf der Stelle tritt. Unbekümmert springt das Werk mit Konventionen um, weiß bis heute durch seine Eigenständigkeit zu begeistern und fesselt trotz seiner behäbigen Struktur. Ein Film, für den man den ohnehin umstrittenen Präfix Neo durch ein Anti ersetzen müsste, denn im Grunde ist Altmans Abrechnung genau das, ein Anti-Noir.
Fazit
„Der Tod kennt keine Wiederkehr“ ist sowohl Hommage, Abgesang und Verhöhnung des Film Noirs. In Robert Altmans Film erinnert vieles an die Schwarze Serie, doch die Kamera gleicht einem Zerrspiegel und variiert bekannte Motive so lange, dass es beinahe einer Farce gleicht. Die Neuinterpretation des bekannten Noir-Helden Philip Marlowe beschränkt sich jedoch nicht auf sein Dasein als wehmütige Abrechnung, sondern bildet darüber hinaus eine merklich seltsame und wunderbar eigensinnige Kriminalgeschichte ab.
Autor: Dominic Hochholzer