„Ich kenne dieses Land. Ich gebe ihm, was es will. Opium und Fleisch. Opium für den Arm und Fleisch für den Bauch.“
Unglaublich, wie gering doch der Bekanntheitsgrat und die Reputation von PRIME CUT (der sagenhaft doof-uninteressante, deutsche Titel DIE PROFESSIONALS wird an dieser Stelle bewusst ignoriert, schrecklich) heutzutage ist. Dabei hat Regisseur Michael Ritchie (in vielen Genres unterwegs: Von familientauglichen Komödien wie DIE BÄREN SIND LOS, Slapstick wie die FLETCH-Filme oder Exploitation-Unfug wie das absurde Seemannsgarn FREIBEUTER DES TODES) hier eine wahres Feuerwerk abgebrannt, das selbst für die wilden 70er noch eine echte Hausnummer darstellt. Ähnlich wie schon bei FREIBEUTER DES TODES reibt man sich zum Teil verwundert die Augen, wie ein derartiger Film – den man eigentlich nur dem Output eines Roger Corman (HERRSCHER DER STRAßE - FRANKENSTEINS TODESRENNEN) zuordnen würde – so verhältnismäßig hochwertig produziert werden konnte und sich somit völlig überraschend als extrem rüder, hemmungsloser und vogelwilder Reißer entpuppt. Im Gegensatz zu der schrägen Piraten-Sause acht Jahre später sogar ein echter Hit, der rotzt, wütet und bei dem man sich trotz einiger (bewusster) Lacher nicht vorkommt wie im falschen Film.
In beschaulich-ländlichen Kansas wird noch feine Wurst gemacht, nicht immer nur aus Zuchtvieh. Wer dem Schlachthaus-Paten Mary Ann (!) (Gene Hackman, ERBARMUNGSLOS) in die Suppe spucken will oder überflüssig wird, erreicht eine neue Daseinsebene als saftiger Knacker vom Fließband. Da er seine illegalen Geschäftspartner nicht immer gerne ausbezahlt, wird der knüppelharte Mobster-Brummbär Devlin (Lee Marvin, POINT BLANK, wer sonst?) aus der Gangster-Metropole Chicago in die Provinz geschickt, um den selbstgerechten Metzger gehörig auf die Finger zu klopfen. Dabei stellt er (nicht sonderlich überrascht) fest, dass Fleischhandel nur das offizielle, geringfügig relevante Standbein von Mary Ann (nochmal, weil zu geil:!!!) ist, mit zugedröhnter Fick-Ware für rollige, alte Bonzen lässt sich der richtige Schotter machen. Die rekeln sich unfreiwillig nackt im Heu, Viehhandel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Unser Devlin rettet die schöne Poppy (Sissy Spacek, CARRIE – DES SATANS JÜNGSTE TOCHTER) aus der menschenunwürdigen Situation, die damit im ersten Moment kaum umgehen kann („Bin ich ein Geschenk für dich?“), was in der eh angespannten Lage noch den letzten Funken entfacht, damit die Kacke nicht nur am Dampfen ist, sondern förmlich explodiert.
Zwangsprostitution („Ich sollte jeden ranlassen, der 5 Cent dafür bezahlt!“), Menschenhandel- und Schlachtungen, dazu ein angedeutetes, inzestuöses, homosexuelles Verhältnis zwischen Brüdern, PRIME CUT packt ganz heiße Eisen an und findet dabei erstaunlich abgeklärt die goldene Mitte aus grober Härte, pechschwarzem Zynismus und deftiger Ironie, die erstklassiges Exploitation-Kino im Idealfall auszeichnen. Thematisch eigentlich echt übler Tobak, der trotzdem nie wirklich ernst erscheint und dennoch knallt als gäbe es kein Morgen. Und das sieht auch noch so verschwenderisch gut aus, ist hochkarätig besetzt. Gene Hackman hatte direkt zuvor den hochverdienten Oscar eingestrichen und gibt nun diesen überzeichneten Bad-Ass, als wäre es das selbstverständlichste von der Welt. Angefeuert durch irrsinnigen Dialogwitz (-„Na, wie geht es dir?“ –„Okay.“ –„Das war vielleicht ein beschissener Jahrmarkt!“) gepaart mit skrupellosen Actionszenen und einer womöglich einzigartiger Mähdrescher-Verfolgungsjagd.
Wenn es am Ende zum logischen Showdown kommt, ein Unwetter nicht nur am Himmel sondern auch auf dem Boden aufzieht und Lee Marvin das macht, was er am besten kann - einfach aufräumen – ist PRIME CUT nicht nur wüst-unterhaltsam, er ist ganz großes Genre-Kino. Was für ein Mega-Heuler, als wenn Sam Peckinpah (BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA), William Friedkin (FRENCH CONNECTION – BRENNPUNKT BROOKLYN) und schon besagter Roger Corman sich ordentlich besoffen, ungeschützt Verkehr gehabt hätten und als Resultat kommt so was wie PRIME CUT dabei raus. Wer jetzt noch nicht selbst angespitzt ist, der kann es auch lassen, dem Rest sei das hier mit Nachdruck empfohlen.