Enid Blyton (Hanni & Nanni) war eine weltbekannte britische Kinderbuchautorin. Sie schrieb mehr als 750 Bücher und verkaufte 600 Millionen Ausgaben weltweit. Noch heute erfreuen sich ihre Bücher großer Beliebtheit, wobei Verkaufszahlen von acht Millionen Exemplaren pro Jahr erreicht werden. Enid Blyton war eine Schriftstellerin, die unbestritten alles in ihrem Leben erreichte, was sie erreichen wollte und es war nur logisch, dass eines Tages jemand ihr Leben verfilmen würde. Während die meisten Biopics eher dazu neigen, die berühmten Persönlichkeiten bis ins Unermessliche zu loben, zerstört Enid alle Illusionen, die man eventuell von der Schriftstellerin Enid Blyton hatte, denn diese Biografie rechnet gnadenlos mit ihr ab. Sie wird durch den ganzen Film hinweg, als eine fiese, kaltherzige Hexe und notorische Lügnerin dargestellt. Diese Darstellung verdankt man ihrer jüngeren Tochter Imogen Mary Smallwood, die ihre Mutter offensichtlich hasste und nur die schlimmsten ihrer Eigenarten der Nachwelt offenbarte. Sie beriet Helena Bonham Carter (Fight Club), die die Rolle der Enid Blyton verkörpert, bereitwillig im Rahmen der Vorbereitung auf den Film.
Unabhängig davon, ob das alles stimmt oder nicht, steht fest, dass kein Mensch nur gut oder nur böse ist und auch wenn man Enid Blyton nicht mehr dazu befragen kann, ist es vermessen sie als ein herzloses Monster darzustellen. Vor allem, weil ihre ältere Tochter Gillian Baverstock sie als liebevolle Mutter beschrieb. Trotzdem stützt sich der Film nur auf die Äußerungen der jüngeren Tochter, weil man von Sensationslust getrieben nur ein einseitiges, undifferenziertes Bild der Autorin zeigen möchte, weil das Böse sich wesentlich besser verkauft als das Gute und den Machern des Films ist es vollkommen egal, ob sie das Andenken eines Menschen zerstören oder nicht. Es geht ihnen nur darum, mit dem Film um jeden Preis Erfolg zu haben. Man kann die Abneigung gegen Enid, die dem Film innewohnt, förmlich spüren und man bemüht sich an keiner Stelle um Neutralität bei der Darstellung.
Dabei lassen sich die Vorwürfe der jüngeren Tochter, die sie ihrer Mutter gegenüber erhebt, sogar dann entkräften, wenn man diesen Anti-Enid-Film anschaut, weil Enids erster Ehemann nahezu als Held glorifiziert wird, obwohl er nur ein paar Minuten mit den Mädchen verbringt, während Enid als böse Hexe dargestellt wird, nur, weil sie sich nicht selbst, um die Kinder kümmert, sondern die Nannys herumkommandiert. Es stellt sich auch nie die Frage, warum sich der Vater nie um seine Kinder kümmert, weil er es ja als Vater natürlich nicht machen muss. Er wird von seinen Kindern bedingungslos geliebt und vergöttert. Aber wehe, Enid schickt, die Kinder weg, weil sie an ihren Büchern arbeiten muss. Was für eine herzlose Mutter sie doch war, die die ganze Zeit Geld verdiente, statt sich mit ihren schreienden und nervtötenden Kindern abzugeben. Der Film zeigt bestens, wie Blaming von erfolgreichen Frauen funktioniert und bemüht sich nie darum, Verständnis für Enid zu zeigen, sondern sie auseinanderzupflücken bis kein gutes Haar an ihr übrig bleibt. Egal, wie gut sie als Schriftstellerin auch war, das einzige, was man mit dieser Biografie bezweckt, ist jedem mitzuteilen, dass sie als Mutter versagt hat.
Wenn man vergisst, dass es ein Biopic sein soll, dann ist die Darstellung von Bonham Carter wirklich lobenswert. Sie spielt exzellent, die Rolle der kaltherzigen, gemeinen, ihre eigenen Kinder verachtenden Frau, die sich für nichts außer ihre Bücher interessiert. Für Fans von Enid Blyton ist der Film allerdings völlig ungeeignet, weil er die ganze Magie zerstört und ihrem Talent überhaupt nicht gerecht wird. Wäre Enid ein Mann gewesen, hätte man ein historisches Biopic über einen talentierten Schriftsteller und einen liebevollen Vater gedreht, der den Kindern alle paar Tage Gute Nacht sagt, was voll und ganz ausgereicht hätte, um ihm den Titel „Vater des Jahres“ anzudichten. Enid hatte Pech als Frau auf die Welt gekommen zu sein, deswegen bekommt sie ein ziemlich jämmerliches Biopic, in dem der Fokus auf ihre Bücher nur dann gelegt wird, wenn man die Plagiatsvorwürfe problematisieren will, gegen die sich die Schriftstellerin öfter verteidigen musste.