Inhalt
Mit "Findet Dorie" kehrt Publikumsliebling Dorie auf die Leinwand zurück. Die blaue Paletten-Doktorfisch-Dame ohne Kurzzeitgedächtnis lebt inzwischen glücklich und zufrieden mit Nemo und Marlin im Korallenriff, als sie einen Geistesblitz hat: Irgendwo da draußen müsste doch ihre Familie sein, die vielleicht längst nach ihr sucht. Und so startet Dorie mit Marlin und Nemo in das größte Abenteuer ihres Lebens, das sie durch den Ozean bis zum berühmten Meeresbiologischen Institut in Kalifornien mit seinem Aquarium und seiner Rettungsstation für Meerestiere führt. Bei der Suche nach ihren Eltern bekommt Dorie Unterstützung von den schillerndsten Persönlichkeiten des Instituts: Da ist der mürrische Oktopus Hank, der nur noch sieben Tentakel hat, den Wärtern aber dennoch regelmäßig durchs Netz geht. Beluga Bailey glaubt, dass sein Echolot kaputt ist und Walhai Destiny ist extrem kurzsichtig.Trotz gewisser Handicaps wachsen Dorie und ihre Freunde bei ihren geschickten Manövern durch das komplizierte Innenleben des Instituts über sich hinaus und entdecken die magische Kraft von Freundschaft und Familie.
Kritik
Noch vor einigen Jahren meinte Findet Nemo-Regisseur Andrew Stanton, dass es definitiv kein Sequel zu Pixars Unterwasser-Hit geben wird. Doch nachdem er mit seinem Regieprojekt John Carter - Zwischen zwei Welten einen der größten Flops der Disney-Historie inszenierte und Pixar die Attraktivität von Sequels erkannte- vor allem wie Toy Story 3 nicht nur kommerziell sondern auch künstlerisch überzeugen konnte -, wurde ein zweiter Teil doch noch in Angriff genommen. Nun allerdings schwärmt Stanton davon, dass der erste Teil ja ach so viel Potenzial für eine Fortführung beinhalten würde. Tja, wenn der Rubel rollt werden vergangene Überzeugungen auch gerne mal unter den Teppich gekehrt.
Das Potenzial sah Pixar in Dorie, dem vergesslichen Paletten-Doktorfisch, der im ersten Teil dafür sorgte, dass Clownfischvater Malin bei der Suche nach seinem einzigen Sohn Nemo nicht alleine unterwegs war. Die Fischdame ist jetzt im Sequel die Hauptfigur, während Nemo und Malin nun als Sidekicks herhalten müssen, die meistens von Dorie getrennt agieren und somit quasi ein separates Abenteuer erleben. Findet Dorie springt also immer wieder zwischen den beliebten wie bekannten Fischen umher. Einen harmonischen, narrativen Flow bekommt das Sequel dadurch aber nicht wirklich hin, weil beide parallel verlaufenden Abenteuer nach dem selben, schlichten Schema gestrickt sind: Die Heldenflosser geraten in eine neue Umgebung, lernen neue Charaktere kennen und können meist mit deren Hilfe wenig später in eine neue Umgebung weiterziehen.
Das ist effektiv und einfach, aber auch unglaublich repetitiv und auf Dauer sehr eintönig. Denn die neuen Figuren sorgen zwar – wie im Vorgänger auch – für komische Ent- und Verwicklungen, letztlich bleiben es aber Stichwortgeber. Ambitioniertes Storytelling geht gewiss anders. Darüber hinaus ist den Machern nur wenig Neues eingefallen. Das quetschen sie aber immerhin ins pixar’sche, süßliche Knuddelkorsett. Das ist an sich auch nicht verwerflich, nur fehlt Findet Dorie einfach der Drang zur Weiterentwicklung, eben den, der aus Toy Story 3 mehr machte, als eine profane Fortsetzung. Anders ausgedrückt: Das Sequel unterliegt der Formel und der Systematik der Kommerzialisierung. Die neuen Figuren sind nicht existent, um wirklich etwas zu erzählen, sondern nur um niedlich und amüsant zu sein, damit die Kassen auch dann klingeln, wenn der Film aus den Kino raus ist.
Einzig Oktopus, pardon, Septopus Hank (im Original wunderbar gesprochen von Eine schrecklich nette Familie-Legende Ed O'Neill) ist interessant genug charakterisiert und bietet durch seinen Fatalismus einen guten wie wohligen Konterpart zu Dories optimistischer Keep swimming-Attitüde. Allerdings ist auch diese Gegensätzlichkeit nicht wirklich etwas Neues. Im Prinzip ersetzt Hank nur Clownfisch Malin, der mit Sohnemann Nemo im Sequel ja quasi sein eigenes Abenteuer erlebt.
Während Findet Dorie im narrativen wie charakterlichen Bereich keine Weiterentwicklung bietet, ist der technische Aspekt des Sequel hingegen überragend. Die Unterwasserwelten erreichen zwar nicht ganz den Photorealismus von Arlo & Spot, dennoch sind die Bilder, vor allem in Kombination mit den eher comichaften Figuren, wirklich atemberaubend – auch wenn, typisch Pixar, die 3D-Version so brauchbar ist, wie ein Kühlschrank am Nordpol. Da ist es natürlich umso bedauerlicher, dass die Fortsetzung aus ihren wunderschönen Impressionen nicht mehr herausholt als das Aufwärmen des ersten Teils.
Es sollte aber keinesfalls hier verschwiegen werden, dass Findet Dorie durchaus seine starken Momente hat. Nach einem sehr gemächlichen Start nimmt die Handlung ein angenehmes Tempo auf und auch wenn die (neuen) Figuren nicht mehr sind als Werbeträger für den späteren Plüschtierkauf, gibt es doch immer wieder (irr)witzige Situationen, die kurzzeitig für Stimmung sorgen, auch wenn es keine Szenen gibt, die wirklich in den Erinnerungen haften bleiben. Da bot der Erstling mit der Hatz durchs Quallen-Minenfeld oder das Treffen der vegetarischen Haie deutlich mehr.
Die große Frage, die sich hier stellt, ist natürlich, was man als Zuschauer von Findet Dorie erwartet? Will man nur die bekannten Fische wiedersehen und ein paar Neuzugänge, die kurzzeitig für Amüsement sorgen? Wenn die Antwort ja lautet, sollte man zufrieden aus dem Kino kommen. Wünscht man sich von einem Pixar-Film allerdings ein Vielzahl von teils cleveren Ideen, die mit Substanz und Subtext versehen sind und dadurch eine wohlige Art der Unvergesslichkeit erschaffen, wird das Findet Nemo-Sequel wohl eher für ein emotionsloses Schulterzucken sorgen. An die großen Meisterwerke wie Wall-E - Der Letzte räumt die Erde auf, Oben und vor allem Alles steht Kopf reicht Findet Dorie einfach nicht heran und auch die hauseigene Konkurrenz von Disney Animation haben dieses Jahr mit Zoomania bewiesen, wie familiengerechte Unterhaltung mit einer intelligenten Story kombiniert werden kann.
Fazit
Pixar vollführt bei Findet Dorie akkuraten, zielgruppenorientierten Dienst nach Vorschrift. An die kreativen Highlights des Milliardenkonzerns reicht das Sequel aber bei weitem nicht heran. Alleine die Handlung sowie die meisten neuen Figuren wirken unambitioniert zweckmäßig und auf Vermarktbarkeit zugeschnitten. Pixar hat hier eindeutig zu wenig gewagt, vielleicht weil die Fortsetzung zum Mega-Hit ein waschechter Selbstläufer ist.
Autor: Sebastian Groß