Inhalt
Von den technischen Ursprüngen bis zur Geburt der legendären Spielhallen-Automaten, von PONG über PAC MAN und SUPER MARIO bis hin zu LARA CROFT, DOOM und GRAND THEFT AUTO und natürlich allen weiteren Klassikern dazwischen - die beispiellose Geschichte einer schier unfassbar rasanten Entwicklung der Videospiele! Diese Dokumentation beinhaltet nie zuvor gesehene Interviews mit den Pionieren Nolan Bushnell, David Crane, Noah Falstein, John Romero, Todd Howard und vielen anderen sowie all die bahnbrechenden Kultspiele der vergangenen 40 Jahre. Erfahren Sie mehr über die Visionäre, die Hintergründe, die grandiosen wie auch katastrophalen unternehmerischen Entscheidungen, die dunklen Seiten, dubiosen Praktiken und Gerichtsprozesse in einer packenden aber durchaus auch amüsanten Dokumentation über eine Idee, die nach 1972 die Welt der Spiele für immer veränderte!
Kritik
Videospiele sind groß. Größer noch als die gesamte Hollywoodindustrie, das wird immer und immer wieder betont. Je weiter die technische Entwicklung in Grafik, Gameplay und Storytelling schreiten, desto größer fallen die Unterschiede zur vorigen Dekaden auf. „State of the Art“ ist eine häufig verwendete Bezeichnung, nur um kurze Zeit später auf der linken Spur vom nächsten Projekt überholt zu werden. Die Geschichte des Mediums „Videospiel“ umfassend und ansprechend in einem 90-minütigen Dokumentarfilm zu verpassen, das war die Aufgabe, der sich Filmemacher Richard Goldgewicht gestellt hat. Um zu sehen, ob dieses Unterfangen gelungen ist, bitte einen weiteren Credit einwerfen.
„Game Play – The Story of the Videogame Revolution“ heißt das Machwerk. Revolution also, per Definition ein (plötzlicher) Umbruch von bestehenden Strukturen. Und in der Tat, Videospiele sind inzwischen massentauglich und deswegen all gegenwärtig. Ob auf dem Smartphone oder dem hochgezüchteten Tower, Games jeder Art und Qualität gestalten einen Teil des Lebens vieler Menschen (34,2 Millionen sollen es in Deutschland sein). Da wurde es ja höchste Zeit, sich dem Thema in Retrospektive anzunehmen und einen Ausblick auf die Zukunft zu wagen.
Doch zunächst einen Fuß vor den anderen. Begonnen wird mit den Anfängen, eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung. Press Play to Start, von vereinzelten Spielen auf Universitäts-Großrechnern über Atari-Gründer Nolan Bushnell, der sich hier sogar zu Wort melden, und dessen erster Großerfolg "Pong", bis hin zu fotorealistischen Grafiken und Umsätze in Milliardenhöhe. 40+ Jahre kommerzielle Videospielgeschichte wollen erzählt werden. Wie bereits erwähnt: in 90 Minuten. Da liegt schon der Hase im Pfeffer, denn „Game Play“ ist an kaum einer Stelle ausführlich und wirft seine eigens auferlegten Anspruch, die Geschichte der Videospiele zu erzählen, schon in den ersten Minuten mit Schwung über Bord. Vielmehr findet sich im Film eine Aneinanderreihung längst bekannter Tatsachen und Fun Facts wieder, die den durchschnittlichen informierten Spieler wohl wenig überraschen dürften – der Lernaspekt dieser Dokumentation ist gering.Denn den einzelnen Bereichen, beispielsweise Heimcomputer, Arcade oder Rollenspielen, werden und wurden ganze Bücher oder Filme gewidmet. Zunehmend wird der Bereich Videospiel von allen möglichen Seiten beleuchtet, seien es Sozialforscher oder Mediziner, und das nicht erst seit gestern.
In Anspruch und Umfang sollte sich der Film also zwingend hohen Standards unterlegen, die er leider kaum zu erreichen vermag. Denn eine Handvoll Klassiker als Essenz der bewegten Pixel hinzustellen, klammert die vielen Hersteller und Strömungen aus, die die Geschichte der geliebten Games so wechselhaft und interessant macht, aus. Kurioserweise werden einzelne Bereiche, wie der Werdegang Ataris und die Frühphase der Heimkonsolen (Atari VCS/2600) durchaus ansprechend und umfangreich mit TV-Schnipseln und soliden Faktenwissen, Zeitzeugen und Animationen, präsentiert. Doch mit der umfangreichender werdenden Materie, seit den späten 70er Jahren betraten und gingen viele Hersteller, verbunden mit popkulturellen Strömungen und Phänomenen, verliert der Film seinen roten Faden und fängt an, äußerst sprunghaft zu werden. Ein bisschen entspricht dies der Geschichte des Mediums, über das hier zu berichten versucht wird, denn gerade in den 80er Jahren folgte eine Innovation auf die nächste, doch der Struktur der Dokumentation ist der Stil alles andere als dienlich.
Ist man im einen Moment noch bei Adventures, nennt ein Spiel von hunderten exemplarisch als Beispiel (ohne die Existenz anderer Spiele jemals zu erwähnen), springt man im nächsten Moment halb über das Genre der Rollenspiele, um in der Gegenwart zu landen und Steve Jobs während der Präsentation des iPads zu zeigen. Im nächsten Moment geht es zurück zum Videospielcrash der mittleren 80er Jahre, zu Nintendos Arcade Überhit „Donkey Kong“ und deren gewaltigen späteren Erfolg auf dem Heimkonsolenmarkt. Dass dabei zwischen NES (Nintendo Entertainment System) und dem angesprochen „Donkey Kong“ Arcade Cabinet ganze vier Jahre Erscheinungszeit (in den hier ausschließlich beleuchtenden Vereinigten Staaten) lagen, wird natürlich verschwiegen. Ebenfalls unerwähnt bleibt Sega, jahrelang im erbitterten Kampf mit Nintendo um die Krone des erfolgreichsten Konsolenherstellers, sowie das Gros der anderen Hersteller von Hard- und Software und deren Einfluss auf die Industrie und die Spielerschaft. Dafür wird Kritik am Medium, wie übermäßige physische oder sexuelle Gewaltdarstellung, pietätlose Spiele über reale Amokläufe und Attentate, zweifelhafte Onlinegeschäftsmodelle, sowie Computerspielsucht vom pseudo-empathischen Off-Sprechern betont dramatisch heruntergehaspelt. Viel lieber lässt man das notwendige Übel der Schattenseiten hinter sich und zeigt Rentner, die dem tristen Alltag mit dem Spielen an Nintendos Wii zu entkommen versuchen. Beendet wird der Spaß dann mit gehaltlosen Zahlen über Umsätze. Denn wie so oft betont wird, hat die Videospielindustrie höhere Umsätze als die globale Film- und Musikwirtschaft zusammen. Sieht man nur diesen Film und hat sonst nichts mit Spielen und deren Essenz am Hut, muss man sich ehrlich fragen, warum das so ist.
Fazit
Stellenweise fadenscheinige Dokumentation, die viele bereits allgemein bekannte Elemente zu einem halbgaren Ganzen vermengt. Die durchaus vorhandenen lichten Momente werden schnell von journalistisch schlecht aufbereiteten Passagen verdunkelt. Am Ende macht sich das Gefühl breit, einer Mogelpackung auf den Leim gegangen zu sein. „The Story of Videogame Revolution“? Die DVD muss beim Transport beschädigt worden sein, denn so viele fehlende essenzielle Bereiche der langen Geschichte des interaktiven Unterhaltungsmediums „Videospiel“ kann man doch gar nicht auslassen, oder? Oder?!