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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Stanley Phillips ist ein amerikanischer Jedermann aus Minnesota. Er arbeitet im Baumarkt und kümmert sich liebevoll um seine beiden Töchter, zwölf und acht Jahre alt. Da bekommt er eine schreckliche Nachricht: Seine Frau, die als Soldatin im Irak stationiert war, ist gefallen. Er bringt es nicht über sich, seinen Kindern die schreckliche Wahrheit zu sagen und unternimmt mit ihnen stattdessen einen Ausflug in einen weit entfernten Freizeitpark in Florida. Im Laufe des Trips wird seine Trauer und Verzweiflung immer größer.

Kritik

Wehmut macht sich breit bei der Betrachtung von „Grace is Gone“, nicht wegen des Films an sich. Es liegt an seinem Star John Cusack („Being John Malkovich“), dessen Karriere in den letzten Jahren aus unerfindlichen Gründen einknickte und seit geraumer Zeit fast ausschließlich („Maps to the Stars“ ausgenommen) durch Fließband-DTV-Krücken wie „The Factory“, „Motel Room 13“ oder „Reclaim – Auf eigenes Risiko“ zur Schlachtbank geführt wird. Der einstige Teeniestar der 80er mauserte sich in den 90ern zu einem echten Charakterdarsteller, der sich bei seiner Rollenauswahl kaum nennenswerte Fehltritte erlaubt und gerne auch besser dotierte Angebote ablehnte, um in solchen wertvolleren Independent-Filmen wie hier mitzuwirken. Hoffentlich fängt er sich nochmal, es wäre einfach bedauerlich.

In dieser klitzekleinen Selfmade-Produktion von James C. Strouse („The Winning Season“) spielt Cusack Stanley Phillips. Leitender Angestellter in einem Baumarkt; braver, konservativer,  fahnentreuer Republikaner; Vater zweier Mädchen und aktuell Strohwitwer. Denn seine Frau Grace kämpft im Irak als Soldatin gegen die Bedrohung der heilen Vorstadtwelt. Ein – trotz inzwischen auch beim Dienst an der Waffe eingezogener Emanzipation – immer noch ungewohntes Modell. Die Frau leistet ihren Beitrag für Uncle Sam und die gute Sache an der Front, während der Gatte daheim Haus und Kinder hütet. So fühlt sich auch Stanley in seiner Rolle sichtlich deplatziert. Als Hahn im Korb einer Selbsthilfegruppe von Soldaten-Ehefrauen, die ganz unbefangen über die letzte Liebesnacht mit ihrem Liebsten vor dem Einsatz plaudern, während er sich unwohl in seinem Sitz verkriechen möchte. Erst später erfahren wir, dass dieses auf den ersten Blick hutzelige Männchen mit der Fernglasbrille und der verkrampften Körperhaltung selbst mal beim Militär war – aus reinem, unerschütterlichem Idealismus – und aufgrund seiner zunächst verheimlichten Sehschwäche aussortiert wurde.

Eigentlich wollte er die Rolle innehaben, die nun Grace ausfüllt. Stattdessen schwört er seine Kollegen auf einen weiteren, harten Tag im Laden ein und kümmert sich um die Alltagsnöte seiner Töchter. Was zunächst wirkt wie eine traurige Lethargie offenbart sich im weiteren Verlauf eher als Folge einer tief sitzenden Frustration. Fast wie eine Katration. Bis eine (DIE) Nachricht, ihn und sein bis dahin nicht erfüllendes, aber geregeltes Leben aus den Fugen reißt: Grace ist gefallen; Grace is Gone. Fassungslos wird ihm gewahr, dass er es irgendwie seinen Kindern beibringen muss. Doch, und genau das zeigte sich schon in den ersten Momenten dieses Films, über Gefühle wird im Hause Phillips nicht offen gesprochen. Der angedeutete Umgangston wird als zwar liebevoll, aber leicht distanziert, geordnet-kontrolliert, sogar einen Hauch hierarchisch dargestellt. Sicher auch belastet durch die vorher schon angespannte Situation ist es für den geschockten und heillos überforderten Stanley unmöglich, nun das wohl schwerste Gespräch zwischen Vater und Kindern führen zu können. In einer Kurzschlussreaktion zum Zeitgewinn packt er seine Töchter für einen spontanen Trip quer durchs Land zu einem Vergnügungspark ein, was zumindest der zwölfjährigen Heidi von Anfang an merkwürdig vorkommt.

Im Gegensatz zu ihrer kleinen Schwester Dawn, die sich über Daddy’s plötzlichen Hang zu Spontanität und Spiel-und-Spaß-Laune höchst erfreut zeigt, wittert Heidi – der durchaus klar ist, warum und wofür ihre Mutter gerade unterwegs ist – schon früh, dass das Ganze einen bitteren Beigeschmack hat. Aber getreu der anerzogenen Familienmottos „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ und wohl auch mit der Hoffnung, es möge sich nicht bewahrheiten, stellt sich zunächst nur zaghaft Fragen, die kaum über den Ausdruck leichter Verwunderung hinausgehen. Die Prämisse für einen Trip mit gewissem, aber gefürchteten Ausgang, den James C. Strouse als stilles, beinah relativ ereignisloses, dafür sehr intimes und rührendes Roadmovie inszeniert. Die titelgebende, omnipräsente Grace (eindeutig) und der als Hintergrund dienende Krieg gegen den Terror (fast) sind ein klassischer Macguffin. Von Grace sehen wir nur mal ein Foto im Hintergrund, hören ausschließlich eine vor der Abfahrt aufgenommene Ansage auf dem Anrufbeantworter. Die gleichzeitig während der Fahrt immer wieder als Kummerkasten für den trauernden Witwer dient, der so langsam einen Hauch von Abschied nehmen kann. Und sich wappnen für das, zu dem er sich eigentlich nicht in der Lage sieht. Aber wer könnte das schon?

Die tonnenschwere Reise mit dem vorgegaukelten Funfaktor löst in Stanley den Prozess des Umdenkens aus. Nur zweitrangig, aber nicht irrelevant, über seine bisherige Sichtweise zu einer unter fadenscheinigen Begründungen geführten Invasion im Irak und deren Notwendigkeit nachzudenken, sondern in erster Linie wie wichtig es ist, sich seinen Gefühlen zu stellen. Es geht um das Loslassen, das Ändern einer verkrusteten, betäubenden Betrachtung von Familie und den Umgang mit Emotionen. Wie man lernt, sie zu verarbeiten und über seine Gefühle sprechen zu können, was scheinbar nie zur Debatte stand. Und wie befreiend es ist, es endlich zu tun, auch wenn es schmerzt. Das gelingt „Grace is Gone“ mit seinem ruhigen, äußerst sensiblen und ohne überflüssigen Kitsch angereicherten Auftreten auf berührende Art und Weise. Und mit einem John Cusack, wie er immer hätte bleiben sollen.

Fazit

Was in Groß-Hollywood gerne knietief im Schmalz frittiert wird, ist in kleinen Independent-Produktionen in der Regel besser aufgehoben. „Grace is Gone“ ist ein feinfühliger Appell an den Wert der familiären Geborgenheit. In Guten, wie besonders in schlechten Zeiten. Und erzählt am Rande natürlich ebenso, wie ein überhasteter Krieg auch abseits des Schlachtfeldes für tiefe Wunden sorgt.

Kritik: Jacko Kunze

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