Die Zurückhaltung, die bei dieser Thematik allzu oft aufkommt, ist im Angesicht des Dokumentarfilms von Rubén Abruña mit dem Titel Holy Shit fehl am Platz. Lassen Sie uns daher jegliche Befangenheit beiseitelegen und uns unverhohlen dieser Angelegenheit widmen: Der Film beschäftigt sich mit der alltäglichen Notwendigkeit der menschlichen Ausscheidungen, sei es das "Kacken", "Koten", "Scheißen", das Entleeren des Darms, das Hinterlassen von "Würstchen", das Abseilen von "Schokolade" - kurz gesagt, es handelt sich um den Akt des "großen Geschäfts", dem sich die meisten Menschen mindestens einmal täglich hingeben. Dieses als Tabu-Thema geltende Gebiet wird hier mit einer gewissen, fast schalkhaften Gelassenheit behandelt.
Bereits zu Beginn des Films wird die Herkunft dieser als Tabu empfundenen Abneigung gegenüber der Thematik infrage gestellt. Ist sie natürlicher Natur? Oder handelt es sich um eine erlernte Reaktion? Vielleicht ist es eine Kondition, die entweder abgelegt oder abgeschwächt werden kann. Diese Fragen mögen zwar nicht im Mittelpunkt des Films stehen, jedoch wird schon in den ersten Minuten deutlich, dass Rubén Abruña wünscht, dass wir unsere Ausscheidungen nicht länger als bloße Abfälle betrachten, sondern vielmehr als eine potenzielle Ressource für ein besseres Leben - sowohl für uns als auch für unsere Umwelt.
Die Art und Weise, wie der Film dieses Konzept allmählich vermittelt, ist faszinierend. Alles wird klar und verständlich erklärt, durch konkrete Beispiele veranschaulicht und gelegentlich mit überraschenden Erkenntnissen garniert. Dies geschieht beispielsweise, wenn das herkömmliche Abwassersystem infrage gestellt und seine Mängel beleuchtet werden, oder wenn die Vorteile von Trockentoiletten hervorgehoben werden. Rubén Abruña vermittelt all dies auf eine ungezwungene und didaktische Art und Weise, doch versäumt er hier und da, weiterführende thematische Dimensionen zu erkunden. Irgendwann erscheint die Dokumentation lediglich als Aneinanderreihung positiver Beispiele aus der ganzen Welt, ohne den Mut zu haben, sich tiefergehenden Fragen zu stellen. Ob es nun Uganda, die Schweiz, Deutschland, England, die USA oder Südkorea betrifft - überall gibt es Erfolgsbeispiele, die dazu dienen sollen, uns den dringenden Bedarf an Veränderungen bewusst zu machen. Das ist zweifellos lobenswert, doch dabei bleiben viele Aspekte unberücksichtigt. Insbesondere politische Fragen werden nur skizzenhaft behandelt, und Fragen zu den Kosten und zur Umsetzbarkeit kommen zwar gelegentlich zur Sprache, jedoch nicht in dem erforderlichen Maße, um zumindest den Eindruck eines umfassenden Überblicks zu vermitteln.
Spätestens nach einer Stunde verkommt der Großteil dessen, was uns hier präsentiert wird, zur Wiederholung. Dank der deutschen Erzählstimme von Christoph Mara Herbst wird dieser Umstand etwas abgemildert, dennoch fehlt es dem Film inhaltlich an Abwechslung, da er scheinbar von den alternativen Lösungen zum herkömmlichen Toilettengang zu sehr fasziniert ist und somit den notwendigen Abstand verliert. Die Vorstellung einer südkoreanischen Kryptowährung, die an die eigenen Ausscheidungen gekoppelt ist, mag durchaus interessant sein und einen Hauch von Humor besitzen. Doch letztendlich lenkt dies von der Tatsache ab, dass Holy Shit viele Probleme und Lösungsansätze aufzeigt, ohne sich wirklich darauf einzulassen, wie eine bessere Zukunft im Detail erreicht werden kann. Selbst wenn gelegentlich die richtigen Fragen gestreift werden, bleibt die Antwort meist vage und oberflächlich, sodass der Eindruck entsteht, als wäre dies zu wenig. Genauso verhält es sich mit der ästhetischen Qualität des Films, der trotz seiner Kinoveröffentlichung eher an Fernsehproduktionen erinnert. Schöne Scheiße? Nein. Weder das eine, noch das andere.