Inhalt
Elsie, ein musikalisch begabtes Dienstmädchen, sehnt sich nach einer Karriere als Musikerin, wird jedoch zur Heirat mit Jakob, einem jungen Landarbeiter, gezwungen, der von einem eigenen Pferd träumt. Beide müssen lernen, dass sie nur gemeinsam ihrer Chancenlosigkeit entkommen können.
Kritik
Mit seinem volkstümlichen Liedgut, bitteren Realismus und einer düsteren Perspektive in markantem Kontrast zu den malerischen Landschaftsaufnahmen wirkt Katalin Gödrös eindrucksvolle Adaption Silvia Tschuis gleichnamigen Romans wie eine wirklichkeitsnahe Gegenperspektive zu Margherita Vicarios Historien-Singspiel Gloria! Beide Filme sind von Regisseurinnen inszenierte Schweizer Co-Produktionen über das Schicksal musikalisch begabter junger Frauen im 18. und 19. Jahrhundert, mit einer Festival-Premiere. Doch die künstlerische Freiheit, die Vicarios Protagonistinnen zufällt, ist für die tragische Heldin Gödrös Bauerndramas buchstäblich Zukunftsmusik.
Jene ist der einzige Trost der von einer stimmlich und schauspielerisch gleichermaßen starken Luna Wedler verkörperten Hausangestellten Elsie. Deren von der progressiven Tochter ihres Hausherren Direktor Burgener (Luc Feit) befeuerten Träume von einem Musik-Studium in Florenz zerbrechen mit der Abreise ihrer Förderin. Um Elsie nach sexuellem Missbrauch loszuwerden, zwingt der Direktor sie zur Ehe mit Rossknecht Jakob (Valentin Postlmayr), der seinerseits von einem eigenen Pferd träumt. Doch beider Ziele bremst Jakobs Beharren auf patriarchalische Privilegien.
Der Titel impliziert den Vorrang von Jakobs Interessen, nicht nur vor den Wünschen, sondern Gesundheit und Leben seiner Frau. Deren Liebe zum Jenischen Wandermusiker Rico (Max Hubacher) sowie die Nebenfigur eines von Jakob angekauften Verdingkindes differenzieren die schnörkellose Skizze historischer Hierarchien. Auch wenn die Motive ethnischer Stigmatisierung und sozioökonomischen Entrechtung nur am Rand des persönlichen Dramas Platz finden, untermauern sie die authentische Atmosphäre eines harschen Sittenbilds um die Unmöglichkeit gesellschaftlicher Ebenbürtigkeit ohne eine rechtliche Gleichstellung.
Fazit
Getragen von der eindringlichen Darstellung Luna Wedlers, die ihrer unbeugsamen Heldin auch gesanglich eine starke Stimme verleiht, entwirft Katalin Gödrös ein sowohl szenisch als auch soziologisch fesselndes Panorama der ländlichen Schweiz des 19. Jahrhunderts. Konzentriert auf die ambivalente Beziehung des zentralen Figurenpaars, zeigt der harsche Plot die soziale und künstlerische Aussichtslosigkeit in einer von rigiden Machtstrukturen geprägten Gesellschaft. Trotz des im Vergleich zur brutalen Buchvorlage bereits reduzierten Pessimismus lassen die stimmungsvollen Szenarien Raum für Hoffnung.
Autor: Lida Bach