Ungarn Anfang der 90er: Reisen ins Ausland sind de facto wieder möglich, aber für Normalsterbliche unerschwinglich. Doch drei junge Männer haben sich in den Kopf gesetzt, dass zu ändern. Mit gefälschten Fahrscheinen verhelfen sie einer ganzen Generation dazu, die Welt jenseits des Eisernen Vorhangs zu erkunden.
„Those who can will leave the country that forbids them to leave“, mahnt ein Zitat des ungarischen Schriftstellers Mihály Dés zu Beginn László Csákis anarchischer Animations-Doku. Deren wilder Mix aus cartooneskem Trickfilm, Schauspielszenen und Archiv-Aufnahmen wird zum stilistischen Spiegel der erfindungsreichen Energie des Figuren-Trios. Das eröffnet im post-kommunistischen Ungarn Anfang der 90er zuerst sich selbst und bald einem stetig wachsenden Klientel Bekannter und Befreundeter die weite westliche Welt mit gefälschten Zugtickets.
Zugleich zieht die dynamische Optik eine provokante Parallele zwischen künstlerischer und krimineller Kreativität, an denen es Ákos, Laci und besonders Petya nicht mangelt. Der erste Trip der Drei nach Berlin, wo die Überreste der Mauer die Umbruch-Stimmung zwischen Ideologie und Idealismus heraufbeschwören, ist noch brav bezahlt. Doch die schlichte Ausführung und der hohe Preis der Fahrscheine motiviert die Freunde, sich ihre eigenen Tickets auszustellen. Die Fälscher-Ausrüstung dafür liefert der Baumarkt.
Der Erfolg des Unterfangens beweist, was die informative Unterhaltsamkeit des gewitzten Zeichentrick-Zeitbilds bestätigt: Clever angewandt und sorgsam ausgeführt bringen schlichte Mittel fabelhafte Resultate. Seien es erschwingliche Reisen für alle oder Csákis humorvolle Hommage an eine aberwitzige Betrugsmasche, über die nichtmal die Polizei, die Petya schließlich auf die Schliche kommt, richtig böse sein kann. Schließlich ist das Kriminalität mit Kollektivgeist, bei der niemandem geschadet wird und der Profit auch ein zwischenmenschlicher ist.
Fazit
Die wahren Begebenheiten, die László Csáki in einer charmanten Collage aus Animation, Archivaufnahmen, nachgestellten Szenen und Original-Interviews rekonstruiert, sind einer jener Schlemen-Streiche, deren eigentlichen Reiz der Triumph von Anti-Autorität und Altruismus ausmachen. Vollgepackt mit visuellen und stilistischen Retro-Referenzen, ist das pikareske Prisma auch eine filmische Zeitreise. Die balanciert Nonkonformismus und Nostalgie ebenso gekonnt wie Komik und Kontemplation: “Stealing from another man is a crime, but stealing from the state is glorious,”
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