5.5

MB-Kritik

Das blutige Schloss der lebenden Leichen 1970

5.5

Philippe Lemaire
Anny Duperey
Valérie Boisgel
Jean-Pierre Honoré
Gérard-Antoine Huart
Jacques Seiler
Michel Charrel
Howard Vernon
Véronique Verlhac

Inhalt

Um seiner entstellten Frau ihr hübsches Gesicht wiederzugeben, entführt ein Maler junge Frauen, an denen waghalsige Transplantationen durchgeführt werden.

Kritik

Das blutige Schloss der lebenden Leichen, oder auch Die geschändete Rose, La Rose Ecorchée, The Blood Rose, Tre Gocce Di Sangue Per Una Rosa, Devil’s Maniac oder unter welchem Titel auch immer (wieder) dieses „Meisterwerk des erotischen Horrorfilms“ versucht wurde an den (bevorzugt) Mann zu bringen, es scheint nicht wirklich funktioniert zu haben. Dabei hat der doch alles. Thrill, Sex, Mystery, Spannung das die Möpse wackeln und am Ende beinah ein gesellschafts-politische Statement, wenn sich das kleine, minderbemittelte Proletariat gegen die Herrenrasse erhebt. 

Zum besseren Verständnis: Ein Maler, der nicht nur begnadet den Pinsel schwingt, sondern gleichzeitig (?) auch ein biologisches Forschungsinstitut für die Kosmetikindustrie mitbetreibt (die u.a. bei Hautkontakt in einer Sekunde absolut tödliche Killerpflanzen züchten, was L’Oréal wohl damit vorhat…), ist im menschlichen Miteinander sicher nicht ganz so behände wie an der Leinwand. Da lässt er seine neue Geliebte spontan sitzen, weil er auf der Anprobe für deren Kostümparty die hübschere Freundin trifft und lieber mit der in die alte Familien-Grusel-Burg ziehen will. Dort hausen noch Igor und Olaf, die beiden zurückgebliebenen Kleinwüchsigen, die einst ganz humanitär aufgenommen wurden, um unbezahlt niedere Arbeit zu verrichten. 

Der zurückgekehrte Hausherr würde sie auch sofort „wegbringen lassen“, aber die neue Schlossherrin finden die Gnome – die auf dem Boden schlafen dürfen und ganz großzügig in Fell gekleidet werden – gar nicht so gruselig wie gedacht, außerdem hat der Zwergenfänger gerade Urlaub. Puh, Glück gehabt. Sie dürfen bleiben und haben auch bald alle Hände voll zu tun, denn nach einem SEHR tollpatschigen Unfall ist Madame nicht mehr ganz so hübsch und Prinz Charming muss in seiner Not schon die eingestellte Krankenschwester befumm…ähm, trösten, was die entstellte Dame des Hauses nicht ganz so witzig findet. Also müssen Igor und Olaf eine Grube ausheben (wozu hat man denn Sklaven?) und unser zwischenmenschlich leicht autistischer Rembrandt spinnt einen tollen Plan, wie er den Haussegen wieder gerade rücken kann.

Die Grundgeschichte erinnert stark an den meisterlichen Genre-Klassiker Les Yeux Sans Visage aus dem Jahr 1960, dessen Rohmasse mit mehr als einer Messerspitze puren Blödsinns und inszenatorischer Aussetzer am laufenden Band vermengt wird. Heraus kommt der (angeblich) erste „Sex-Horrorfilm“, der in beiden Kategorien rein gar nichts taugt. Gruselig ist nur die lächerliche Umsetzung und wer es erotische findet, dass sich Frauen von einem geisteskranken, stocksteifen Spinner angrabbeln lassen oder von zwei kleinwüchsigen Höhlenmenschen im Stroh fast vergewaltigt werden, der braucht sicher härteren Stoff als dieses lüsterne Schundfilmchen, damit der Zipfel salutiert. Der hinterletzte Schrott, aber stellenweise so ulkig. Der Empathie-Großmeister wirkt häufiger so als hätte er gerade einen Schlaganfall, stammelt wirres Zeug und bewegt sich mit dem Tempo einer Flasche Baldrian. Großartig ist der Moment, als er ein flüchtendes Weibchen mit dem Auto verfolgt. Immer brav im Schritttempo hinterher. Als sie zwei bis drei Mal hinfällt, müsste er theoretisch die Handbremse ziehen. Wenn sie dann – wer konnte das denn ahnen – den Waldrand erreicht und die gemütliche Spazierfahrt nicht mehr fortgeführt werden kann, muss der Herr plötzlich zu Fuß richtig Gas geben. Wunderbar und nicht die einzige Szene, in der sich tatsächlich Spaß haben lässt, wenn man jedwede Qualitätsanforderungen direkt aus dem Fenster wirft.

Fazit

Offenbar erstaunlich ernst gemeint und so dürftig durchdacht, dass die Storysprünge immer wieder durch eingeblendete Texttafeln erklärt werden müssen, klingt das nach einer echten Gute-Laune-Granate, doch selbst das wäre zu viel des Lobes. Eigentlich ist das ein verdammt lausiger Haufen Mist, der zwingend in Gesellschaft geschaut werden sollte. Sonst ist da nicht viel zu holen. Dann kann aber sogar so was noch das Minimum an Unterhaltungswert ziehen. Kalte Getränke mit Umdrehungen sind zur Vorführung zwingend zu reichen, damit das halbwegs perlt.

Autor: Jacko Kunze
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