Ein Gesandter im Auftrag des französischen Königs kommt auf der Reise durch die abgelegenen Wälder Russlands zum Haus des alten Gorcha. Der Patriarch ist seit Tagen in den Kampf gegen die Türken gezogen und hat seine drei erwachsenen Kindern gewarnt, dass, wenn er später als nach sechs Tagen zurückkehrt, ein schrecklicher Fluch auf ihm lastet.
Kritik
Hölzerne Darsteller gibt viele auf der diesjährigen Biennale. Doch keiner davon ist so unheimlich unterhaltsam wie die morbide Marionette Adrien Beaus schwarzromantischen Schauerspiels. Deren gleichnamige literarische Vorlage vom unbekannteren der Tolstoys (Aleksey Konstantinovich) ist ein vor stilbildenden Werken wieCarmillaundDraculaentstandener Ableger des frühen Vampir-Genres, verwurzelt in slawischen Sagen. Deren Motive von fatalen Familienbeziehungen, verderblicher Zuneigung und dem physischen Wiedererstehen begrabener Konflikte durchziehen das stimmungsvolle Spielfilmdebüt, dessen makaberer Witz umso genüssliches Grauen garantiert.
Schon auf dem Weg zum verborgen in den russischen Wäldern liegenden Haus des alten Gorcha signalisieren dem frisch von Banditen ausgeraubten Diplomaten Jacques Antoine Saturnin d'Urfé (Kacey Mottet-Klein) und dem Publikum bizarre Begegnungen mit dessen zweiter Tochter Sdenka (Ariane Labed, Olla) und Sohn Piotr (Vassili Schneider, Forever Young) die seltsame Disposition dieser Familie. Diese ist zweigeteilt in die stigmatisierten beiden jüngeren Geschwister und die herrschende heteronormative Formation des Erbsohns Igor (Grégoire Colin, Der Duft des Goldes) und seiner Gattin Anja (Claire Duburcq, Das Nonnenrennen).
Die Rückkehr des totgeglaubten Familienoberhaupts als skelettale Puppe (gesprochen vom Regisseur), das seine Kinder vor seinem Erscheinen als verfluchter Vourdalak warnte, und die daraus folgenden blutigen Ereignisse stehen für die gewaltvollen Einflüsse eines Patriarchats, das wortwörtlich nicht totzukriegen ist. Igor und Anja weigern sich zu akzeptieren, dass sich die alte Ordnung überlebt hat, selbst als ihr kleiner Sohn Gorchas Opfer wird. "Love itself is a curse", kommentiert Piotr die übersinnliche Interpretation einer toxischen Familienkonstellation.
Fazit
Das altmodische Super-16-Format der schaurig-schönen Szenen, deren mit morbiden Details gefüllten Arrangements an tableaux vivants erinnern, unterstreicht das sich durch Adrien Beaus gespenstische Fabel ziehende Motiv der Wiederkehr überlebter Topoi. Folkloristische Kostüme, mystische Naturaufnahmen und die von Ikonenmalerei inspirierte Maske schaffen einen zugleich organischen und bühnenhaften Rahmen. Darin wird die Interaktion der expressiven Darstellenden mit einer lebensgroßen Marionette - eine Inkarnation geistloser Unveränderlichkeit - zum schwarzhumorigen Ausdruck einer anerzogenen Abhängigkeit von totem und tödlichem Traditionalismus.
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